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Abrüsten

■ Zum Bürgerwehr-Vorwurf gegen den Kiosk am Lause-Platz

K O M M E N T A R Abrüsten

Zum Bürgerwehr-Vorwurf gegen den Kiosk am Lause-Platz

Wenn die Staatsmacht „Knüppel frei“ gegen friedliche Besucher des Lause-Platzfestes gibt, dann glaubt mancher Bürger ebenfalls freie Hand zu haben. Ein paar Bierchen tun das ihre, und ruck-zuck werden Alltagsfrust und angesammelter Ärger über die „anderen“ Lebensformen freigesetzt. Da wird zugeschlagen - oder auch geplündert wie zum Erstaunen des Senats am 1. Mai vergangenen Jahres. Von dumpfem Fachismus der Bevölkerung zu sprechen, wäre damals aus der Scene keinem eingefallen, vielmehr wurde über das revolutionäre Potential fabuliert. An diesem 1. Mai sind Leute verprügelt worden vor jenem Tabak-Laden; nun von Bürgerwehr zu sprechen aber wäre falsch und so vorschnell geurteilt, wie es die Linke - auch in dieser Zeitung - oft tut.

Die Probleme liegen tiefer. Wenn in der politischen Auseinandersetzung auch innerhalb der Scene die Trennungslinien immer schärfer, der Kreis der „Genossen“ immer kleiner, die Menge der Schweine immer größer werden, dann wächst die Bereitschaft, Probleme auf eigene Faust zu lösen, ebenso wie der Wille zur Verständigung abnimmt.

Die Vorgänge sollen nicht entschuldigt werden. Doch einen alternativen Staatsanwalt zu installieren, der wasserdichte Beweise vorlegt, kann nicht unsere Aufgabe sein. Und zwischen einer Vertreibung aus dem Kiez und dem Einsatz des Staatsschutzes, der jene Schläger zur Rechenschaft zieht, muß es noch einen anderen Weg geben. Einer ist: abrüsten; mit den Leuten reden; klarmachen, daß man gemeinsame Probleme hat und gemeinsam in Kreuzberg leben will. Erst wenn sich jemand unverbesserlich zeigt, stellt sich die Frage neu. Bis dahin gilt: Das Leben in Kreuzberg ist schon hart genug, um sich die Rübe vorschnell einzuschlagen.Die Lokalredaktion

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