Abiturienten schnorren am Alexanderplatz: Doch nicht in der Aula!
Geprellte Abiturienten schnorren auf dem Alexanderplatz - zur Finanzierung ihrer Abi-Fahrten und -Bälle. Abi-Ball muss sein, klar. Was spricht nochmal gegen die Aula?
Betrunkene Punks, Tierschützer, Roma, Obdachlose - es ist ein illustrer Kreis von Bedürftigen, die auf dem Berliner Alexanderplatz schnorren. In der vergangenen Woche ist noch eine neue Gruppe hinzugekommen: notleidende Abiturienten, die für ihre bedrohten Abschlussfeiern und -fahrten sammeln.
Die gelangten auf die Rote Liste der Feierlichkeiten, nachdem der Betrugsfall um die Eventagentur "Easy Abi" bekannt geworden war. Diese Firma hatte von Gymnasialabgängern in Berlin und Brandenburg insgesamt 360.000 Euro für die Organisation großer Abschluss-Sausen kassiert - dann aber das Geld einfach unterschlagen, also weder Feten noch Reiseveranstalter noch Hotels bezahlt. Ärgerlich. Und: Gemein, gemein, gemein.
So wurden die Abiturienten der Melanchton-Schule aus dem Bezirk Hellersdorf um 42.126 Euro geprellt - und ihre rauschende Abschlusssause im Maritim-Hotel steht auf der Kippe. Die Zehlendorfer Waldorfschule verlor 7.619 Euro - und müsse, wie eine Abiturientin der Berliner Morgenpost enttäuscht klagte, nun ein schlichtes Fest in einer Tanzschule feiern. Abiturienten eines Hohenschönhausener Gymnasiums sahen sich gar genötigt, auf Berlins zugigem Alexanderplatz Küsse und Umarmungen zum Preis von einem Euro zu verkaufen. Und Mitabiturienten aus dem Stadtteil Friedrichshain rappelten mit Spendenbüchsen über den Platz - verkleidet in römischen weiße Togen.
Luxuslocation mit exquisitem Fingerfoodbuffet
Dass die Bildungsmittelschicht und ihre Kinder lärmend für ihre Befindlichkeiten auf die Straßen strömen, um an dem Verkehrsneubau in ihrer direkten Nachbarschaft die Misere unser aller Demokratie festzuwutbürgern, liegt ja derzeit voll im Trend. Da ist es nur logisch, dass Bürgersprösslinge es sich auch nicht bieten lassen, dass irgend so eine dahergelaufene Internetklitsche ihnen ihre pompöse Abschlussparty in der Luxuslocation mit exquisitem Fingerfoodbuffet und Hussenbestuhlung abspenstig macht.
"Abiball ist ein Muss" stand auf dem Pappschild eines Geldsammlers auf dem Berliner Alexanderplatz. Schon klar. Aber warum reicht dafür eigentlich nicht mehr die Schulaula?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen