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Abholzung am LandwehrkanalWenn der Baum fällt

Am Landwehrkanal sollen Bäume beschnitten und gefällt werden. Die AnwohnerInnen sind aufgebracht.

Abholzung am Amazonas – ganz so schlimm ist es in Berlin noch nicht. Bild: dpa

Gegen Pläne der Bezirke, am Landwehrkanal in Kreuzberg 47 Bäume zu beschneiden und sieben weitere am Treptower Lohmühlenufer zu fällen, regt sich Widerstand von Anwohnern und Bürgerinitiativen. „Diese Maßnahmen sind eine Gefahr für die Vögel, die in den Bäumen leben und nisten“, sagt Anuschka Guttzeit von der Bürgerinitiative „Bäume am Landwehrkanal“.

Auch verstießen die Maßnahmen gegen das Bundesnaturschutzgesetz. Dieses verbietet das Beschneiden von Bäumen außerhalb eines Walds zwischen dem 1. März und dem 30. September eines Jahres. Erlaubt sind allerdings „schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen“.

Insgesamt stehen 98 Bäume auf der Fällliste von Friedrichshain-Kreuzberg. „Wir wissen nicht, wann und warum sie gefällt werden sollen, und wie viele Bäume von dieser Liste am Landwehrkanal stehen“, beklagt Guttzeit. Von den im Bezirk geplanten Beschneidungen wisse sie nur, dass diese bis zum 31. März durchgeführt werden sollen. Guttzeit ist besonders von den Grünen enttäuscht. „Von dieser Partei erwartet man doch eigentlich einen anderen Umgang mit der Umwelt und den Bürgern.“

Der Streit um die Bäume am Landwehrkanal hat eine lange Vorgeschichte: Seit 2007 läuft ein Mediationsverfahren zwischen 25 Interessengruppen – unter ihnen das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA), fünf Berliner Bezirke sowie die Bürgerinitiative. In diesem Verfahren wurde vereinbart, dass Vertreter der aller Gruppen vor jeder geplanten Fällung informiert werden.

„Dann können wir innerhalb von 24 Stunden ein Veto einlegen und einen Gutachter schicken“, erläutert Guttzeit. Der prüfe dann für jeden einzelnen Baum, ob die Fällung tatsächlich notwendig sei. „Diese Möglichkeit ist uns genommen, wenn wir nicht wissen, um welche Bäume es geht – wie jetzt.“ Von der Fällung der Bäume am Lohmühlenufer habe die Initiative nur durch einen WSA-Newsletter erfahren.

Von den Bezirksämtern Friedrichshain-Kreuzberg und Treptow-Köpenick war am Freitag keine Stellungnahme zu erhalten.

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12 Kommentare

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  • N
    NETZWERK

    Niemand übernimmt die Verantwortung für eine ökologische Sanierung des Berliner Landwehrkanals!

     

    http://buerger-fuer-baeume.com/5vor12.aspx

     

    http://baumschutz.wordpress.com/2012/03/16/bundesregierung-zukunft-lwk/

     

     

     

    Das Schlimme ist, dass von der Bundesregierung bis zum Berliner Senat, bis zu den 5 Bezirksregierungen durch die der Landwehrkanal fliesst, niemand konsequent für eine ökologische Sanierung des Landwehrkanals eintritt.

     

    Keine der 3 politischen Ebenen und keine der jeweils (mit)regierenden Parteien, ist glaubwürdig, seit das größte Mediationsverfahren Deutschlands, das 2007 initiiert wurde, läuft.

     

    Die ökologisch und nachhaltig engagierten BürgerInnen beißen sich an den letztlich alles bestimmenden PolitikerInnen und den ihnen untergeordneten Ämtern, die eine Politik von vorgestern machen, die Zähne aus. - Und das, wo Klimaschutz, Ökologie und Nachhaltigkeit permanente Schlagworte von PolitikerInnen aller Parteien sind, mit denen sogar Wahlen gewonnen werden.

  • E
    EnzoAduro

    @Naturschützer

     

    korrekter Link

    http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/extra_3/videos/extra3923.html

     

    mit html am ende

  • E
    EnzoAduro

    @Naturschützer

     

    Ja, darum geht es mir ja. Ich finde es unmöglich dass das Argument von Nistplätzen für Vögel oder irgendwelche Käfer mehr zählen, als das des Naherholungsgebietes für Menschen. In diesem Fall mag das passen. Aber manchmal ist es genau andersrum.* Und Manchmal werden da unverhältnismäßig Teure Maßnahmen ergriffen, während die Schulen für den Homo Sapiens kaputtgehen.

     

    *http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/extra_3/videos/extra3923.html

  • E
    EnzoAduro

    @Verboten

     

    Naja, einen § muss man zu ende lesen :-) Da kommen manchmal noch Ausnahmetatbestände.

  • V
    Verboten

    In der Zeit vom 1. März bis 30. September dürfen gemäß § 39 Absatz 5 Nr. 2 Bundesnaturschutzgesetz keine Bäume gefällt werden.

     

     

    Quelle Webseite Bezirksamt Neukölln:

    https://www.berlin.de/ba-neukoelln/org/nga/baumfaellgenehmigung.html

  • X
    xonra

    Der Landwehrkanal, die Gesundheit der Berliner und seiner Bäume im allgemeinen, sind dem Senat und den Bezirksämtern völlig gleichgültig. Die unendliche Geschichte Landwehrkanal wird erst wieder für die Medien interessant, wenn eines der höheren Ufer abrutscht und ein vollbesetztes .... (dann waren es die Bäume). Na lieber nicht den Teufel an die Kanaluferwand malen. Die geregelte Verantwortungslosigkeit hat System und dauert 5 Jahre. Fluchhäfen, alte und neue Luftschlösser, sowie viele, viele bunte Kunstevents ala Gurgelheim/LAB, sind dem feierenden Bürgemeister und seiner Crew halt wichtiger.

  • J
    Johanna

    Liebe taz,

     

    was soll dieses unpassende Foto vom Amazonas-Gebiet?

    Und die Bildunterzeile?

     

    Soll das Ironie sein?

     

    Habt ihr keine Fotos vom Berliner Landwehrkanal oder ein anderes passendes (!) Foto?

  • N
    Naturschützer

    Bundesnaturschutzgesetz

     

    Der juristisch wirkungsvollste Hebel ist der Artenschutz:

     

    Ist ein Nest im Baum/Niststätte, Vogel, Fledermaus etc.). Dann kann man wirkungsvoll Anzeige bei der Polizei erstatten wegen Verstoßes gegen das Bundesnaturschutzgesetz!

     

     

    Die Senatsverwaltung hatte vor einiger Zeit die Bürger sogar dazu aufgerufen bei Verstößen gegen das Bundesnaturschutzgesetz Anzeige zu erstatten.

     

    Jeder kann auch Akteneinsicht beim Grünflächenamt des Bezirks beantragen (nach dem Informationsfreiheitsgesetz). Da gibt es Baumkataster. Man kann da nach einem Gutachten/der Begründung für die Fällung bestimmter Bäume suchen. Gibt es überhaupt Begründungen? Sind sie hieb- und stichfest?

     

    Ein Trauerspiel, dass die zuständigen Grünflächenämter die Gesetze so oft nicht einhalten. Die Bäume (CO2-reduktion) und die Arten zu erhalten müsste doch in Zeiten des Artensterbens, in der Politiker von notwendigen Biodiversitätsstrategien reden, an oberster Stelle stehen!

     

     

    . Und das, wo die Politiker (besonders DIE GRÜNEN!) dauernd von Umweltschutz, Ökologie, Artenschutz, von der Notwendigkeit des Erhalts der Natur, von der Wichtigkeit des Stadtgrüns als CO2-Aufnehmer usw. sprechen.

  • B
    Baumfreund

    Aus gültiger NABU - BROSCHÜRE (Naturschutzbund):

     

     

    "Baumschutz in Berlin"

     

    Seite 15

    "Nach dem Bundesnaturschutzgesetz ist es verboten, Nist-,Brut- und Zufluchtsstätten geschützter Tierarten (z.B. Vögel, Käfer und Fledermäuse) zu zerstören. Vor Fällung muss der Baum daraufhin untersucht werden (Nester, Höhlen). Sind besetzte Nester vorhanden, ist für die Fällung eine Befreiung für die Senatsverwaltung erforderlich - ist diese nicht vorhanden, darf auch nicht gefällt werden. Innerhalb der Vegetationsperiode muss eine Fällung begründet und ggf. eine Ausnahmegenehmigung beantragt werden."

  • E
    EnzoAduro

    Naja mir geht es ja um die Gewichtung der Argumente. Und Innenstadt ist nunmal Innenstadt. Da sollte der Mensch "Vorfahrt" haben. Sollte er generell öfter, aber hier besonders.

     

    "Der Vogelschutz ist allerdings auch sehr wichtig. Und im Rahmen des Bundesnaturschutzgesetzes ist der Tier- und Artenschutz meist letztlich der einzige Aspekt, der bei rechtlichen Auseinandersetzungen Gewicht hat."

    Naja, und, wäre es so schlimm wenn die Vögel ein paar Bäume weniger haben? Ich denke nicht.

     

     

    "- Bäume nehmen das klimaschädliche CO2 auf und wandeln dieses in wertvollen Sauerstoff um."

    Das ist kein Argument. Bäume Binden es erstens nur, und bauen es nicht ab. Und andererseits spielt das in der Stadt keine Rolle. CO2 ist Global, jetzt mit dem Argument kommen das man es in der Innenstadt abbauen soll wird ziemlich lächerlich wenn man mal einen Taschenrechner anfasst. Das Argument klingt nur schon.

     

    "- Bäume filtern gesundheitsgefährdenden Feinstaub aus der Luft." Das ist wichtig

     

    "- Bäume kühlen in Zeiten der Klimaerwärmung die Umgebung." Das ist auch wichtig. Hier möchte ich noch anmerken das man generell Grünflächen besser bewässern sollte. Auch gerne mit Wassersprengern. Denn es geht ja um die Wasserverdunstung. Das hilft dem Mikroklima. Der Wasserverbrauch ist egal. Die Kosten sind beim Wasser Fixkosten. Und in Brandenburg (sind wir in Berlin ja Landschaftlich gesehen) gibt es genug Wasser. Erst recht für Innenstädte.

     

    - Die Bäume machen den Landwehrkanal für ein wichtiges Naherholungsgebiet für über 400.000 AnwohnerInnen.

    "Über die Zahl mag man streiten können, und auch ob ein paar Bäume das verhindern. Aber letztendlich ist es DAS Argument. Es ist wichtiger als das bisschen CO2, es ist wichtiger als das Federvieh"

     

    - Die Bäume am LWK bilden als Grünzüge am Kanal eine Kaltluftschneise in dem sich durch die Klimaerwärmung künftig weiter aufheizenden Stadtklima "Hab da ja oben schon was gesagt. Wir müssen im Sommer mehr Wasser in die Luft blasen"

     

    - Bäume sind in der Brut- und Vegetationsphase wichtige Nistplätze für Vögel. Manchmal sind sie auch wertvolle Wohnstätte von Fledermäusen.

    "Ganz ehrlich: Die Viecher sind mir recht Gleichgültig. Die können sich auch im Grunewald niederlassen oder in Großburgwedel"

  • A
    Anwohnerin

    @ EnzoAduro:

     

    Ja, richtig:

    Die AnwohnerInnen mögen das Grün der Bäume und brauchen den Landwehrkanal mit seinen Grünzügen in der stinkigen Stadt dringend als Naherholungsgebiet. Leider haben das die diversen in den Sanierungsprozess des maroden Landwehrkanals involvierten Ämter auch nach viereinhalb Jahren Mediationsverfahren das immer noch nicht wirklich anerkannt.

     

    Es stimmt auch, dass die Gesetze Naherholungsgebiete und Stadtgrün viel besser schützen sollten, als dies der Fall ist.

     

    Der Vogelschutz ist allerdings auch sehr wichtig. Und im Rahmen des Bundesnaturschutzgesetzes ist der Tier- und Artenschutz meist letztlich der einzige Aspekt, der bei rechtlichen Auseinandersetzungen Gewicht hat.

     

    Die BI "Bäume am Landwehrkanal" ist aus vielen verschiedenen Gründen seit 2007 für den Erhalt der über 4.500 Bäume am Landwehrkanal. Nicht alle diese Gründe können in jedem Zeitungsartikel Platz finden, das ist klar. Hier die wichtigsten Gründe:

     

    - Bäume nehmen das klimaschädliche CO2 auf und wandeln dieses in wertvollen Sauerstoff um.

     

    - Bäume filtern gesundheitsgefährdenden Feinstaub aus der Luft.

     

    - Bäume kühlen in Zeiten der Klimaerwärmung die Umgebung.

     

    - Die Bäume machen den Landwehrkanal für ein wichtiges Naherholungsgebiet für über 400.000 AnwohnerInnen.

     

    - Die Bäume am LWK bilden als Grünzüge am Kanal eine Kaltluftschneise in dem sich durch die Klimaerwärmung künftig weiter aufheizenden Stadtklima

     

    - Bäume sind in der Brut- und Vegetationsphase wichtige Nistplätze für Vögel. Manchmal sind sie auch wertvolle Wohnstätte von Fledermäusen.

  • E
    EnzoAduro

    Da sieht man wie wenig Bürgerrechte gegenüber Tierrechten gelten.

     

    Warum muss man überhaupt mit Vögeln argumentieren? Ist doch relativ egal ob das Federviech bei ein paar weniger Bäumen weniger Nistplätze findet.

     

    Viel wichtiger wäre doch das wahre Argument: Das die Anwohner das Grün der Bäume mögen!

     

    Aber das Argument wiegt in dieser Tierschutzverrückten Welt nicht mehr wirklich schwer. Deshalb muss man die Vögel als Behauptung vorschieben. Und Borkenkäfer in Stuttgart.