Abgeordnetenhaus soll ermitteln: „Grisham hätte seinen Spaß daran“
CDU und FDP drängen auf einen Untersuchungsausschuss zur Diese eG und Grünen-Stadtrat Schmidt. Im Fokus sehen sie zudem gleich vier Senatsmitglieder.
Ein Untersuchungsausschuss zu den Vorgängen um die Diese eG und Vorkaufsrechte – und das, nachdem die Staatsanwaltschaft Montag klarmachte, dass sie in dieser Angelegenheit nicht länger gegen Florian Schmidt ermittelt, den dafür zuständigen grünen Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg? Für die CDU-Fraktion, die den Ausschuss mit der FDP im Abgeordnetenhaus durchsetzen will, ist das kein Widerspruch. „Mir geht es nicht um das Strafrecht, hier geht es um politische Verantwortlichkeit“, sagte der CDU-Abgeordnete und Generalsekretär Stefan Evers. Zudem seien seine bisherigen Erkenntnisse „umfassender als die der Staatsanwaltschaft“.
Hintergrund ist der Kauf von mehreren Häusern durch den Bezirk zugunsten der Diese eG im Jahr 2019. Als die Genossenschaft nicht zahlen konnte, sprang das Land auf eine umstrittene Weise mittels seiner Investitionsbank IBB ein. Der Rechnungshof hat dieses Vorgehen hart kritisiert.
CDU-Politiker Evers äußerte sich in einem digitalen Pressegespräch am Donnerstagmorgen. Er hat sich seit Monaten durch die Akten gearbeitet, die den Vorgang um die Diese eG begleiten. In der Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg hatte es über diese Akten schon zu Jahresbeginn Streit gegeben – auch die SPD warf Schmidt dabei Manipulation vor. Wie ein Krimi würden sich diese Akten lesen, sagte CDU-Mann Evers der taz, „Grisham (US-Krimiautor, d. taz) hätte seinen Spaß daran.“
Das Abgeordnetenhaus muss einem Antrag auf einen Untersuchungsausschuss nachkommen, sobald ihn ein Viertel der Parlamentsmitglieder unterstützt, also 40 von 160. CDU und FDP haben zusammen 42 Abgeordnete. Nicht vorgeschrieben ist, wie schnell das geschehen muss – Evers setzt darauf, dass der Ausschuss schon Mitte Januar starten kann. Zuvor berät noch der Rechtsausschuss darüber.
CDU hofft auf Start im Januar
Im Fokus der Ermittlungen stehen aus CDU-Sicht neben dem Bezirk gleich vier der elf Senatsmitglieder: Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne), weil sie die Förderung der Diese eG gegen den Rat der IBB ermöglicht habe, Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linkspartei), weil die entscheidenden Unterlagen seine Unterschrift trügen (damals noch als Staatssekretär seiner Vorgängerin Katrin Lompscher), Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), weil er „diesem haushaltspolitischen Irrsinn“ keinen Riegel vorgeschoben habe, und zuletzt Innensenator Andreas Geisel (SPD): Er hätte aus CDU-Sicht einschreiten müssen, weil er für die Aufsicht über die Bezirke zuständig ist.
Den Vorwurf, den Ausschuss als Instrument für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen, wiesen Evers und CDU-Fraktionschef Burkard Dregger zurück: Es sei vor einer Wahl Aufgabe der Opposition, für Durchblick zu sorgen. Die Wähler könnten im Herbst 2021 selbst entscheiden, ob sie die Untersuchungsergebnisse dem rot-rot-grünen Senat verübelten oder ihn wieder wählten, sagte Dregger sinngemäß.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich