Abbruch der Atomgespräche: Nordkorea gibt den "Schurkenstaat"
Nordkorea findet weitere Gespräche über sein Atomprogramm unnötig. Verärgert über die Verurteilung des jüngsten Rakentenstarts, setzt das Regime erneut auf die Plutoniumproduktion.
Wenn schon Irak und Iran keine Schurkenstaaten mehr sind, was wird dann aus Nordkorea? Könnte man das kleine Land in Washington gar übersehen? Offensichtlich macht sich der nordkoreanische Diktator Kim Jong-il große Sorgen. Umso mehr kämpft er um Aufmerksamkeit.
Bereits zu Monatsbeginn liess er den erfolgreichsten Langstrecken-Raketentest seines Landes durchführen. Nun zog er seine Delegation aus den Sechser-Gesprächen mit den USA, China, Japan, Russland und Südkorea zurück. "Nie wieder" werde Nordkorea an den Sechser-Gesprächen teilnehmen und sich an keine Vereinbarung der Sechser-Runde gebunden fühlen, teilte das Außenministerium in Pjöngjang am Dienstag mit. Die Gespräche seien nur noch ein Mittel, um Nordkorea zur Abrüstung zu zwingen, begründete Pjöngjang seine Entscheidung. Zudem kündigte die Regierung an, den Betrieb bereits stillgelegter Atomanlagen für die Plutoniumproduktion wieder aufzunehmen.
Das klang wie die Aufkündigung von knapp sechs Jahren relativ erfolgreicher Nordkorea-Diplomatie. Im August 2003 hatten die Sechser-Gespräche unter Leitung Chinas begonnen. Seither haben sie militärische Konfrontationen auf der koreanischen Halbinsel unterbunden. Zugleich sicherten sie Kims Regime eine Rolle auf der Weltbühne und das Überleben.
Offiziell reagierte das nordkoreanischen Außenministerium auf eine Erklärung des UN-Sicherheitsrats vom Vortag, die Nordkorea wegen seines Raketentests verurteilte. Die nicht bindene Erklärung war einstimmig verabschiedet worden, nachdem China und Russland eine bindene Resolutionsvorlage der USA und Japans entschärft hatten. Der Raketentest Anfang April verstieß gegen die Sicherheitsrats-Resolution 1718 von 2006. Damals hatte Nordkorea seine ersten halbwegs erfolgreichen Atombombentest durchgeführt und damit den Protest des Sicherheitsrates ausgelöst. Jetzt sind wieder Schlagzeilen in aller Welt garantiert. Aber will Pjöngjang wirklich atomar aufrüsten, wie die Ankündigung, wieder Plutonium herstellen zu wollen, suggeriert?
"Selbst wenn Nordkorea einen Plutoniumreaktor alleine bauen will, fehlen dem Land Technologie und wichtige Teile", meint Koh-Yu Hwan, Professor an der Dongguk-Universität in Südkorea. Hwan glaubt, dass Nordkoreas Ankündigungen nicht wörtlich zu nehmen seien, sondern nur Druck auf die Verhandlungspartner ausüben sollen. "Nordkoreas neue Spielkarte heißt: Rückkehr zu den Sechser-Gesprächen", sagt Hwan.
Mit der neuen Spielkarte will Diktator Kim die neue Regierung in Washington testen. George W. Bush hatte Kim "verabscheut" und zur "Achse des Bösen" gezählt. Aber dann hatte er doch verhandeln lassen und neue Hilfen für Nordkorea gewährt, als Kim von weiteren Atombombentests ablies. Jetzt muss Barack Obama ran. Viele amerikanische Kritiker behaupten, dass sich beide seine Vorgänger, Bill Clinton und Bush, Kims atomarer Erpressung schlußendlich gefügt haben. Umso mehr wird Obama versucht sein, Kim die Stirn zu bieten. Aber der kann noch mehr: Er kann auch einen zweiten Atombombentest verfügen. Dann ginge das Schurkendrama, das Obama im Mittleren Osten vermeiden will, in Ostasien von neuem los.
Kim aber braucht Hilfe für sein ausgehungertes und heruntergewirtschaftetes Land. Umso mehr, da die Wirtschaftskrise seinen größten Spender Südkorea stark plagt. Die USA und Japan werden also zahlen müssen. Militärische Mittel gibt es gegen Kim ohnehin nicht. Es kommt darauf an, es nicht so aussehen zu lassen, als gäbe Obama nach.
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