piwik no script img

KOMMENTARAb nach Kassel!

■ Skandalöse Empfehlung vom Arbeitsgericht

Da hätte wohl Ludwig Erhard seelig feuchte Augen bekommen, und seinem Namensvetter Heinz wäre noch'n Gedicht im Hals steckengeblieben: 3,78 Mark Stundenlohn brutto, bestätigt von einem ordentlichen Gericht, das sich um das Wohl der „freien Verhandlungen der Partner“ sorgt: Mit der Empfehlung an vier Frauen, ihre Klage wegen sittenwidriger Arbeitsverträge und Wucher wieder zurückzuziehen, hat das Bremer Arbeitsgericht den Weg zurück in die Lohnskala der 60er Jahre freigemacht. Besonders zynisch wirkt dabei die Begründung der Richter, die Frauen hätten mit dem Halsabschneider Reinhold über höhere Löhne verhandeln können.

Auch der argumentative Rückzug der Richter auf die höhere Instanz rechtfertigt die Legalisierung des Hungerlohnes nicht. Die DAG, die den vier Frauen Rechtsschutz gewährt, sollte die drohende Niederlage in Kauf nehmen und sich bis vor das Landesarbeitsgericht prozessieren. Bestätigt das LAG sein Urteil aus dem Jahr 1987 (was zu erwarten ist), hilft nur noch eine Berufungsverhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht in Kassel.

Also; Auf nach Kassel!

Markus Daschner

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen