: Ab Sommer gibt es keine Sozialhilfe mehr
■ Minderjährige Flüchtlinge, die zur Schule gehen, bald wieder ohne Geld
Minderjährige unbegleitete Flüchtlinge, die Berufsvorbereitungsklassen (BVK) besuchen, sollen ab Juli keine Sozialhilfe mehr bekommen. Aus „rechtssystematischen Gründen“, so ließ Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel die Schulbehörde wissen, sei eine Fortsetzung der erst im Januar gefundenen Ausnahmeregelung (taz berichtete) nicht möglich.
Der Streit ist mittlerweile sechs Monate alt und erinnert an den Hauptmann von Köpenick. Weil die Ausbildung in BVKs „prinzipiell bafögförderungsfähig“ ist, wurde in mindestens zwölf Fällen Schülern die Sozialhilfe gestrichen. Paradox: Asylbewerber sind vom Bafög ausgeschlossen. Das Problem schien gelöst, als die Senatorin Ende Januar die Sozialämter anwies, den Paragraph 11 des Sozialhilfegesetzes anzuwenden, der allen Bedürftigen Sozialhilfe gewährt, sofern sie dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.
Doch inzwischen hat die SPD-Politikerin offenbar kalte Füße bekommen. Die Regelung sei von Anfang an „keine Dauerlösung“ gewesen, betont Sozialbehördensprecherin Christina Baumeister. Deshalb solle nun die Schulbehörde prüfen, ob nicht das Kinder- und Jugend-Hilfegesetz (KJHG) einspringen könne. Keinesfalls, konterte die Schulbehörde. Das KJHG greife nicht, weil es nicht um „erzieherische Maßnahmen“, sondern um Unterhaltsleistungen geht, für die rechtlich die Sozialämter zuständig seien, sagt Schulbehördensprecher Ulrich Vieluf.
Was also tun? Da es nicht das Ziel sein könne, junge Asylbewerber aus „rechtssystematischen Erwägungen“ vor die Schultore zu setzen, schlägt die Schulbehörde ihrer Nachbarbehörde jetzt vor, einen eigenständigen Haushaltstitel einzurichten, der die „gesetzlichen Klippen zu überwinden“ hilft.
„Wir werden den Vorschlag prüfen“, verspricht Baumeister. Dies müßte schnell gehen. Denn wenn der Fonds im Sommer die Schüler ernähren soll, muß die Sache sofort in die Haushaltsberatungen eingebracht werden. kaj
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen