piwik no script img

AUSLÄNDERBEHÖRDE"Team 5" wird aufgelöst

Weil es immer wieder gegen die Rechte von Ausländern verstoßen hatte, will die neue Stadtamtsleiterin das für Abschiebungen zuständige "Team 5" auflösen

Flüchtlinge bekamen oft auch dann nur kurze Duldungen, wenn mit gutem Willen mehr drin gewesen wäre. Bild: dpa

Der Vortragsraum der Villa Ichon fasste nicht einmal die Hälfte der ZuhörerInnen, die am Mittwochabend gekommen waren. "Abschiebung um jeden Preis? - Anspruch und Wirklichkeit in der Bremer Ausländerbehörde"; zu einer so betitelten Podiumsdiskussion hatten antirassistische Initiativen Rechtsanwälte, Flüchtlinge, Abgeordnete und die neue Leiterin des Stadtamtes, Marita Wessel-Niepel, geladen.

Und die überraschte die Anwesenden mit der Ankündigung, das für Rückführung und Duldung zuständige "Team 5" der Ausländerbehörde aufzulösen. "Das wird es künftig in dieser Form nicht mehr geben."

In den letzten Monaten war mehrfach bekannt geworden, dass das Team 5 mit teils rechtswidrigen Methoden versucht hatte, Ausländer aus Bremen abzuschieben. Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) versetzte deshalb den Leiter Sven W. und leitete ein Disziplinarverfahren gegen ihn ein.

Den Organisatoren der Podiumsdiskussion reichte dies nicht. Sie glauben, dass die Ursache für die jüngsten Skandale eher politischer Natur, denn auf persönliches Fehlverhalten einzelner Sachbearbeiter zurückzuführen sind. "Angesichts seines Auftrags bemaß sich der Erfolg des Teams 5 an der Zahl der durchgesetzten Abschiebungen", sagte Gundula Oerter von der Flüchtlingsinitiative. Markus Saxinger von der Flüchtlingsgruppe Karawane sah dies ähnlich: "Auf der Ausländerbehörde wird Flüchtlingen Panik gemacht."

In einem Hearing kamen zu Beginn der Diskussion Anwälte, ein Arzt und ein kettengeduldeter algerischer Flüchtling zu Wort. Der psychisch erkrankte Mann berichtete, dass die Behörde sich seit fast zwei Jahren weigert, ihn zur Begutachtung ans Gesundheitsamt zu schicken - dann dürfte er statt einer Duldung Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Der Rechtsanwalt Jan Sürig schilderte den Fall eines Mandanten, der trotz Krankheit nach Istanbul abgeschoben wurde und nun größte Schwierigkeiten hat, zur bevor stehenden Geburt seines Kindes wieder nach Bremen zu reisen. Ein Internist erinnerte an den Fall eines jungen Inders, der sechs Monate in Abschiebehaft blieb, obwohl die Ausländerbehörde wusste, dass er dringend eine Herzoperation brauchte.

Die Schilderungen beeindruckten auch den SPD-Abgeordneten Sükrü Senkal. "So eine Praxis ist in keinster Weise mit unserem Koalitionsvertrag zu vereinbaren. Darüber brauchen wir gar nicht zu reden."

"Wir haben kein Vorgabenproblem, sondern ein Umsetzungsproblem", entgegnete Marita Wessel-Niepel, seit vielen Jahren Senatsrätin in der Innenbehörde und dort zuständig für Ausländerrecht. Seit Kurzem leitet sie kommissarisch das Stadtamt - und ist somit auch Chefin der Ausländerbehörde. "Die Vorgaben sind eindeutig: Wir wollen weg von Kettenduldungen, medizinische Abschiebehindernisse sind der Behördenleitung vorzulegen." Doch habe man "mehrfach feststellen müssen", dass diese Vorgaben nicht von allen Mitarbeitern eingehalten worden seien. "Wir werden jetzt die Strukturen und Arbeitsabläufe in der Behörde ändern", sagte Wessel-Niepel.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • D
    Denzel1978

    Frage mich bei der Sache nur eins, hat die senatorische Dienststelle nicht eine gewisse Aufsichtspflicht. Haben die denn die ganze Zeit geschlafen. Frau Wesel-Niepel hätte doch merken müssen was da los ist, sie scheint sich ja schon länger mit dem Ausländergesetz zu befassen.