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■ AUS DEN RATHÄUSERNFeind, Todfeind, Parteifreund

Feind, Todfeind, Parteifreund

Anfang voriger Woche, die Koalitionskrise zwischen CDU und SPD war noch in vollem Gange, machte Senatssprecher Eduard Heußen eine merkwürdige Entdeckung. Die Uhr am Turm des Roten Rathauses war stehengeblieben und zwar — ganz schicksalsschwanger — bei fünf vor zwölf. Dieser Tage bewegten sich die Zeiger wieder, jedoch mit überhöhter Geschwindigkeit.

Offensichtlich, so läßt sich folgern, gehen die Uhren im Rathaus anders als in der übrigen Stadt. Physiker sagen solche Erscheinungen eigentlich nur für Raumschiffe voraus, die von der Erde völlig losgelöst und mit nahezu Lichtgeschwindigkeit durch das Weltall rasen. Schwebt Eberhard Diepgen längst irgendwo jenseits der Milchstraße, neuerdings mit spitzen Ohren? Leider nicht. Die Wahrheit ist banaler. Seit Anfang letzter Woche machen sich Arbeiter an dem Uhrwerk zu schaffen, um einige verrottete Elektrokabel zu erneuern. Nächste Woche soll die Reparatur abgeschlossen sein.

Die Verantwortung für die falsche Uhrzeit trägt ein Mann, der zur Zeit ohnehin in der Schußlinie steht: Volker Kähne, der Chef der Senatskanzlei. Gesundheitsstaatssekretär Detlef Orwat, so wird im Rathaus erzählt, blase zur Schlußattacke auf den parteilosen Kähne. Demnächst, so habe Orwat Gesprächspartnern anvertraut, werde er Kähne ablösen. Wenn Diepgen diese überfällige Entscheidung nicht treffe, dann werde die CDU-Fraktion für Kähnes Sturz schon sorgen. Tut sie das? »Überhaupt kein Thema«, sagt CDU-Fraktionsgeschäftsführer Volker Liepelt. Jeder, so seine Mahnung an Orwat, möge »die Aufgaben erfüllen, für die er ernannt wurde«. Vom Staatssekretär selbst kommt nur ein flaues Dementi. Die Gerüchte seien »absolute Spinnerei«. Kähnes Ablösung, so Orwats verräterische Formulierung, sei »reine Utopie«.

Um Personalien geht es auch am nächsten Donnerstag vor dem Arbeitsgericht. Dort klagt Ida Schillen, die ehemalige Referentin der ehemaligen Senatorin für Frauen, Jugend und Familie, Anne Klein, gegen eine Gehaltskürzung, die ihr der heutige Jugendsenator Thomas Krüger auferlegen will. SPD-Senator Krüger muß sich dabei vor einem Parteifreund verantworten: dem Arbeitsrichter und Kreuzberger SPD- Chef Peter Strieder. Fast hätte es auf Klägerinnenseite einen weiteren Sozi gegeben. Ursprünglich ließ sich nämlich die AL-Frau Schillen von dem ÖTV-Juristen Burkhard Exner vertreten. Exner, der seinen Gewerkschaftsjob inzwischen quittiert hat, war Mitte der 80er Jahre Chef der Berliner Jusos. Wie ging sie noch, die gute alte Steigerungsformel? Feind, Todfeind, Parteifreund! Hans-Martin Tillack

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