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■ AUS DEN RATHÄUSERNFaxen mit Faxen

Faxen mit Faxen

Allmählich müßten auch den Bonner und Berliner Politikern die anachronistischen Züge ihres Hauptstadtstreits auffallen. Wenn sie sich gerade nicht gegenseitig die Köpfe einschlagen, beansprucht immer häufiger eine dritte Stadt ihre Aufmerksamkeit: Brüssel.

Am Montag hat dort der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen einen Termin mit EG-Präsident Jacques Delors. Es wird ein mehrstündiges Palaver werden, denn Konflikte gibt es genug. Die EG will Ost-Berlin nicht als besonders förderungswürdig anerkennen und die von Bonn gewährte Investitionszulage für Berliner Unternehmen von zwölf auf acht Prozent senken. Überdies überprüft sie, ob der Senat ein Grundstück am Potsdamer Platz zu billig an Sony verkauft hat.

Zuletzt verpflichtete die EG- Kommission den Daimler-Benz- Konzern zu einer 33,8-Millionen- Nachzahlung für dessen Grundstück. Dolf Straub, PR-Referent in der Senatsumweltverwaltung, hatte das EG-Verfahren seinerzeit durch ein Fax nach Brüssel unbeabsichtigt angestoßen. Den Eintrag in die Personalakte, den Straub damals erhalten hatte, möchte er jetzt getilgt sehen. Augenzwinkernd erklärte er sich bereit, den »Schaden«, den er laut Personalakte dem Land Berlin zugefügt hat, »in voller Höhe zu übernehmen«.

Straub scheint schon einen Weg gefunden zu haben, die Millionen, die er der Stadt indirekt verschafft hat, wieder abzuarbeiten. Seine private Erklärung zum Thema »Daimler« versandte er über das Faxgerät seiner Behörde. Eine Lösung wäre das freilich nicht. Wollte er die gesamte Millionensumme einfach privat verfaxen, hätte er einiges zu tun: Selbst wenn er noch 20 Jahre im Dienst wäre, müßte er 20 Jahre lang jede Minute 71 Faxe durch die Maschine jagen.

Daß das unmöglich ist, davon können der Berliner CDU-Generalsekretär Karl-Joachim Kierey und sein Parteifreund Walter Brückmann im Bonner Konrad-Adenauer- Haus ein Lied singen. Brückmann, der Kierey im Amt eines Hauptabteilungsleiters Öffentlichkeitsarbeit der Bundes-CDU beerbt hat, versendet Rundschreiben an alle 400 CDU- Kreisverbände der Republik seit einiger Zeit via Connecticut/USA. Dort sitzt eine Firma, die Faxe per Computer und Hunderte von Telefonleitungen innerhalb weniger Minuten flächendeckend versenden kann. Keine 15 Minuten, nachdem Brückmann seine Vorlage von Bonn nach Connecticut geschickt hat, kommt sie schon bei den Adressaten in der deutschen Provinz an. Würde die CDU ihre Faxe direkt von Bonn verschicken, bräuchte sie dafür mehr als sechs Stunden. Keine deutsche Firma kann den US-Service bieten: Die deutsche Post ist nicht in der Lage, kurzfristig 400 Leitungen anzuschließen. Hans-Martin Tillack

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