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ARSCHLOCH

Eine Einführung in die Schauspielerei. Ins Spielen nicht nur, sondern auch ins Schreiben von Stücken, in die Beschäftigung mit dem Theater überhaupt. Eine Einführung von einem seiner besten Kenner, von Dario Fo. Das Buch ist vollgestopft mit historischen Beispielen, mit Anekdoten und Geschichten, mit Theorien und ihrer Kritik. Aber nichts davon ist wörtlich zu nehmen, alles ist Spielmaterial. Dieses „Kleine Handbuch des Schauspielers“ ist kein Katechismus, kein Kommersbuch für Eleven, sondern eine Ermunterung zum Spielen mit Wörtern, Klängen, Gesten, Muskeln und Knochen, aber auch mit Bedeutungen und Wahrheiten. Das dicke Buch basiert auf einem sechstägigen Theaterseminar, das Dario Fo vor ein paar Jahren im Teatro Argentina in Rom gab. Herausgekommen ist kein ordentliches Protokoll, sondern ein barocker Monolog voller Ab- und lustvoller Ausschweifungen, mit gelehrten Anspielungen und laut hinaus gebrüllten Verkündigungen. Dazwischen gewisperte Sottisen, nadelfeine Gemeinheiten und derbste Hanswurstiaden.

Über drei Seiten malt Dario Fo aus, wie sich ein Attentat auf den Papst zu einer göttlichen Farce ausschreiben ließe. Scheinbar nur, um einen Professor zu widerlegen, der allen Ernstes die Auffassung vertritt, die Live-Übertragung im Fernsehen mache die Behandlung eines Gegenwartsstoffes auf dem Theater unmöglich. Wie Fo die Reporter darüber sich streiten läßt, welchen Weg die verletzende Kugel durch den göttlichen Körper genommen hat - trat sie am „Schließmuskel“ ein und in Höhe des Bauchnabels wieder aus? -, das ist Zeile für Zeile ein Genuß. Allein schon - dem Übersetzer sei gedankt - wie man jedesmal, wenn die Kollegen „Schließmuskel“ sagen, das Glück mithört, daß sie das Wort gefunden haben, das ist so wunderbar obszön, daß ich wieder Hunger bekomme auf Fos Stücke.

Dario Fo, Kleines Handbuch des Schauspielers - Mit einem Beitrag von Franca Rame, aus dem Italienischen von Peter O. Chotjewitz, Verlag der Autoren, 406 Seiten, 48 DM

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