ARD-Sommerinterview mit Angela Merkel: Treffen sich drei

Hat sich seit 2013 nichts verändert? Beim ARD-Sommerinterview setzt die Bundeskanzlerin wieder mal auf asymmetrische Demobilisierung.

Angela Merkel sitzt in einem roten Sessel, gegenüber von Thomas Baumann und Tina Hassel

Ja, es ist schwer, Merkel aus der Reserve zu locken Foto: ap

Ja, ja, werden jetzt alle sagen. Jetzt kommt wieder Tante Angela und verteilt ihre honigsüßen Beruhigungsbonbons. Vier Jahre sind rum, in zehn Wochen ist Bundestagswahl – Zeit für Merkels asymmetrische Demobilisierung. 2013 hatte die die Union mit satten 41,5 Prozent einlaufen lassen.

Wer sich am Sonntagabend das Sommerinterview der ARD mit der altgedienten Bundeskanzlerin angeschaut hat, erlebte Flashbacks der gehobenen Sorte. So wie schon im Wahlkampf 2013 („Sie kennen mich“) führte Merkel in Vollendung vor, wie das geht, den politischen Mitbewerber alt aussehen zu lassen. Freundlich und bestimmt auftreten. Komplexe Themen so lange mit Fachtermini bewerfen, bis auch der letzte denkt: Lass die das mal machen. Attacken des Gegenkandidaten hoheitsvoll dulden. Der Martin – find' ich aber auch gut, dass der mitspielt.

Auch der Versuch der Moderatoren Tina Hassel und Thomas Baumann, der Spitzenkandidatin diese „Methode Merkel“ zum Vorwurf zu machen, wurde lässig abgewehrt. „Ich weiß nicht, was Sie mit Masche meinen“, antwortete Pokerface Merkel auf die Frage, warum sie ihre Gegner ein ums andere Mal ins Leere laufen lasse. Über Sigmar Gabriels Verlogenheits-Vorwurf nach dem G20-Gipfel in Hamburg zum Beispiel habe sie sich „ehrlich gesagt nicht geärgert. Ich habe mich gewundert, weil er ja auch mit dabei war.“ Der Sigmar – will immer mitmachen und kneift dann. Weißte Bescheid.

Die Ehe für alle, die als Koalitions-Zuckerl von der SPD in der allerletzten Sitzungswoche abgeräumt worden ist? Come on. „Jetzt hat die Abstimmung stattgefunden, das ist ein Beitrag zur Befriedung der Diskussion.“ Diese SPD – hat mir mein Thema geklaut. Aber ist okay, wollte ich sowieso grad erledigen.

Die ganzen zwanzig Minuten spielten sich auf diesem hohen Niveau politischer Alltagsverrichtung ab. Steuern, Bund-Länder-Finanzen, Klima, Außenpolitik – im Grunde kennt man die Antworten. Und wo es komplex wird, führt Merkel ModeratorInnen und ZuschauerInnen ins sprachliche Dickicht. Man könnte meinen, es habe sich seit 2013 nichts verändert.

Die Flüchtlingskrise vor zwei Jahren, der Brexit, ein irrisierender US-Präsident? Klima, viel gutes Leben, aber eben auch viel zu viel prekäres Leben? Rechtsruck, linke Gewalt, internationaler Terrorismus? In den Wohnzimmern der Republik, in den Kneipen und Betrieben diskutieren die BürgerInnen wieder mit heißen Köpfen und Herzen über Politik. Und in Berlin treffen sich drei und reden, als gebe es ein politisches Drinnen und ein bürgerliches Draußen.

Ja, es ist schwer, Merkel aus der Reserve zu locken. Ja, ihre Beruhigungsbonbons sind lecker. Aber es ist nicht zuviel verlangt von dieser Langzeitpolitikerin, den Leuten, die ihr – noch – zuhören, ein Gefühl von Relevanz zu vermitteln. Asymmetrische Demobilisierung ist nämlich ziemlich billiger Stoff. Die Leute haben in diesen schwierigen Zeiten etwas Besseres verdient. Angela Merkel muss liefern.

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