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ARD-Chef über Zukunft des Ersten"Es gibt keine Tabus"

Peter Boudgoust spricht im taz-Interview über Staatsferne der Öffentlich-Rechtlichen, Sparzwang und die Zusammenarbeit der ARD mit den Privaten.

"Wenn´s gut für die Zuschauer ist, machen wir das": Die ARD hat keine Berühungsängst mit den Privaten mehr. Bild: reuters
Interview von Steffen Grimberg

taz: Herr Boudgoust, Sie prophezeien, der öffentlich-rechtliche Rundfunk werde in zehn Jahren für ein Angebot wie heute nicht mehr das Geld haben. Warum diese Schwarzmalerei?

Peter Boudgoust: Das ist keine Schwarzmalerei, z. B. wird der SWR in den nächsten Jahren 15 Prozent seiner Einnahmen verlieren. Das aufzufangen, ohne dass es zu sehr auf das Programm durchschlägt, ist die größte Herausforderung der Zukunft. Wir wissen, dass wir nicht den Gesamtbestand halten können, den wir heute haben.

Der Streit zwischen den großen reichen ARD-Anstalten wie WDR und SWR und den kleineren wie dem RBB oder Radio Bremen wird jetzt also richtig fies, und am Ende spricht die Politik ein Machtwort?

Bild: apn
Im Interview: 

ist 55 Jahre alt und bis 2011 ARD-Vorsitzender. Der Badener führt seit 2007 als Intendant den Südwestrundfunk (SWR).

Nein, die ARD wird das aus eigener Kraft schaffen, weil allen der Ernst der Lage bewusst ist. Bei aller Grausamkeit: Es gibt keine Tabus - dabei ist natürlich immer der Kern unseres öffentlich-rechtlichen Auftrags das Ziel. Die Zeichen stehen auf geordneten Umbau - wichtig ist, dass das, was bleibt, keine Hütte ist.

Die Umstellung der Rundfunkgebühr auf eine Haushaltsabgabe ab 2013 soll aber doch mehr Geld in die Kassen spülen.

Nein, wer hier Mehreinnahmen in üppiger Höhe kommen sieht, ist ein Fantast. Der Systemwechsel als solcher wird nicht zur Erholung führen. Da wir bislang auch nur die Eckpunkte des neuen Modells kennen, hoffen wir, dass es kostenneutral geht.

Die Politik will für 2013 eine Erhöhung der Rundfunkgebühr ausschließen, um die Akzeptanz für das neue Modell zu erhöhen. Spielt die ARD da mit?

Es wäre eine weltfremde Vorstellung, davon auszugehen, dass es bis zum Ende der Tage keine Kostensteigerung mehr gibt. Wir haben schon jetzt die Situation, dass keiner zusätzliches Geld fürs Erste geben kann, und mussten die Etats für Sportrechte und Spielfilme bis zum Ende dieser Gebührenperiode um je 20 Millionen Euro kürzen.

Immerhin leisten Sie sich noch Günther Jauch. Und viele in der ARD wünschen sich, Jauch solle noch mehr als den Polittalk im Ersten übernehmen - auch und gerade bei der Unterhaltung.

Jetzt lassen wir ihn erst mal am Sonntagabend moderieren. Ich freu mich drauf - und er sich, glaub ich, auch. Wünsche darf man natürlich haben, von Wünschen allein hat man nur nicht so schrecklich viel.

Jauch sendet 2011 dann parallel auf ARD und RTL, auch die Kooperation mit Stefan Raab und ProSieben beim Grad Prix wird fortgesetzt: Wird die ARD zur Public-Private-Partnership?

Nein, das ist kein Schlüssel für die Zukunft. Es gibt aber doch auch keinen Unvereinbarkeitsbeschluss. Wir sind bei solchen Fragen vielleicht ein bisschen souveräner geworden in jüngster Zeit: Wenns gut ist für die Zuschauer, machen wir das.

Noch eine ARD-Personalie sorgt für Unruhe: Ende Juli tritt der Sprecher der Bundesregierung, Ulrich Wilhelm (CSU), ab, um 2011 Intendant beim Bayerischen Rundfunk zu werden. Auch einige Ihrer Intendantenkollegen sprechen intern von einem "unglücklichen Signal".

Da wird ein Scheinproblem aufgemacht. Es geht doch darum, ob jemand für ein Amt geeignet, souverän genug ist. Und da habe ich noch keine Zweifel an Ulrich Wilhelm gehört.

Beim ZDF war das Entsetzen über den Durchmarsch der Union und die Absetzung des Chefredakteurs Nikolaus Brender dafür ziemlich groß.

Jetzt müssen Sie aber differenzieren: Beim ZDF geht es um die Frage, wie viel Einfluss der Staat über die Gremien bei der Besetzung wichtiger Posten im Sender haben darf. Bei uns im SWR ist zum Beispiel geregelt, dass nur 20 Prozent der Gremien-Mitglieder aus der Politik kommen dürfen. Aber das kann doch nicht dazu führen, dass jetzt schon die Herkunft eines Kandidaten aus der Politik mit einem Hautgoût behaftet und erklärungsbedürftig wird.

Hätten Sie als ARD-Vorsitzender nicht wenigstens auf einer Karenzzeit bestehen müssen? Jetzt wechselt der Sprecher der Kanzlerin fast übergangslos auf einen ARD-Intendantensessel.

Die Vorstellung, Ulrich Wilhelm müsste erst irgendwo "abkühlen", hat doch bestenfalls was Satirisches. Keine Frist kann eine Distanz zu einem früheren Job schaffen, das ist realitätsfremd. Entweder man traut ihm den neuen Job zu oder eben nicht.

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7 Kommentare

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  • ML
    Mr L

    ich halte auch nichts für eine zwangsabgabe. wofür brauchen wir ettliche verschiedene öffentlich-rechtliche programme? und dann teure stars als moderatoren oder die bundesliga für millionen? das kann doch in den privaten laufen, aber bitte nicht mit viel zangseingetriebenem geld. des weiteren haben die öffentlich-rechtlichen das problem geld auszugeben dass sie nicht erwirtschaften müssen. beispiel: für ein mitarbeiter sommerfest wurden fremdfirmen beauftragt das ganze aufzubauen, lampen wurden gemietet, stoffabhängungen und dekorationen gebastelt. von auswärtingen, nach gewinn strebenden firmen. warum schafft das der sender nicht mit seinen leuten und material? es ist doch alles vor ort vorhanden. allerdings: ich brauchte ein stückchen holz als unterlage, habe den ansprechpartner des senders danach gefragt. der bat mich doch selbst in die schreinerei zu gehen und es mir zu besorgen, da er zuerst einen auftrag ausfüllen muß und den dann in die schreinerei bringt um dann irgendwann das stückchen holz zu bekommen. kein wunder dass das geld so nie langt...

  • R
    Ravenbird

    Wir brauchen in meinen Augen einen totalen Reform des Öffentlich Rechtlichen Fernsehens.

     

    1. Wir brauchen nur einen bundesweiten Fernsehsender

    2. Wir brauchen nur einen bundesweiten Radiosender

    3. Ein gemeinsamer Internetauftritt der die Programminhalte und Zusatzinformationen enthält. Auch eine Diskussionsplattform wäre gut.

    4. Absolut unabhängige und kritische Berichterstattung

    5. Regionale Sparten für Nachrichten im Fernseh- und Radioprogramm.

    6. Weder Werbung, Sponsoring noch Product Placement oder ähnliches auf den Plattformen des Öffentlich Rechtlichen Rundfunks.

    7. Eine Abgabe pro Haushalt wie geplant. Diese wird über die Gemeinden eingezogen.

    8. Die Öffentlich Rechtlichen Sender dürfen nicht mehr als Ort der Entsorgung von verdienten Parteimitgliedern genutzt werden. Abgesehen von den Verbindungen zu den Gemeinden die das Geld einsammeln und dafür eine geringe Abgabe bekommen darf kein nicht journalistischer Kontakt zum Staat oder untergliederten Einrichtungen stattfinden.

    9. Alle anderen Sender/Sendeanstalten werden privatisiert und nicht über die Haushaltsabgabe finanziert.

     

    Das wären in meinen Augen die richtigen Schritte. Die Abgabe pro Haushalt würden wesentlich geringer sein als das was im Moment geplant ist und es gäbe endlich eine wirklich unabhängige Berichterstattung.

  • V
    vic

    Sportetat kürzen, Jauch stornieren, nicht jeden Brimborium bei Königs live übertragen wenn`s alle anderen Sender zeitgleich auch tun. Und schon wird`s günstiger.

    Und bitte, verschont mich mit einem Merkel-Sprecher im Gremium.

    (@taz: Achtung - Rechtschreibfehler)

  • BB
    big brother

    mit dem geld über das die ard verfügt machen die jungs einen haufen schrott.

     

    gute programme, teure dokus und anspruchvolle unterhaltung findet man bei den öffentlichrechtlichen zumeist nach 23.00 uhr bis 4.30.

     

    dokusoaps, heimatdudelei und anderes unterirdisches fernsehen wird auf besten sendeplätzen präsentiert.

     

    die informationssendungen und allgemeinen nachrichten

    finden wenig platz und die perlen findet man auch immer seltener.

     

    das sieht sich selbst big brother nicht mehr an.

    dafür zahl ich nicht.

     

    mfg der humanismus

  • DG
    denen glaube ich kein Wort

    Wie schön, dass die taz auch weiterhin ein besonderes Forum für die Propaganda des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat. Wenn der Frondienst in Form der "Haushaltsabgabe" kommt, werden wir sehen, wie die Verarschung des Volkes weiter geht und wie teuer es wird. Immerhin fängt der Spass mit einer gewaltigen Etaterhöhung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an.

  • GK
    gerard k.

    Der pure Gefälligkeitsjounalismus wie wir ihn kennen. Ein wenig Pseudokritik gepaart mit mangelndem Hintergrundwissen, insbesondere über die Verschwendungsssucht der öffentl.-rechtlichen Ferbsehanstalten.

  • S
    Simon

    Warum habt ihr in Sachen Jauch nicht weiter nachgebohrt? Mich würde es schon interessieren, warum sich die Öffentlich-Rechtlichen Leute wie Jauch und Gottschalk leisten. Im Vergleich zu No-Name Moderatoren können die gar nicht so viel Mehrwert leisten, wie sie kosten. Nicht einmal ansatzweise. Nur als Bürger dieses Landes bin ich gezwungen dies zu bezahlen, ob ich will oder nicht. Bei den Privaten ist das was anderes und deren Bier.