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AMTSWECHSEL IN BOSNIEN-HERZEGOWINA, FRIEDEN AUF DEM BALKANDie Nationalisten sind eingedämmt

Es grenzt schon fast an ein Wunder: Derzeit gehört der Balkan zu den friedlichsten Regionen in dieser zerrissenen Welt. In der vom Krieg gezeichneten Region braucht man nicht mehr um die persönliche Sicherheit zu fürchten. Manche Großstädte in den USA und Westeuropa sind in dieser Hinsicht weitaus gefährlicher als Sarajevo, Priština oder gar die Feriengebiete an der dalmatinischen Küste.

Damit ist vor allem in Bosnien und Herzegowina etwas erreicht, was viele nicht für möglich gehalten haben. Trotz aller Unkenrufe: Die Strategie der internationalen Gemeinschaft war erfolgreich. In Bosnien intervenierte sie zwar spät, für viele Menschen zu spät. Doch insgesamt wurden die Nationalisten Schritt um Schritt zurückgedrängt. Langsam formulierten die internationalen Organisationen eine Politik, der es – mit Abstrichen – gelang, nicht nur den Frieden zu sichern, sondern auch demokratische Prozesse in Gang zu setzen. In diesem Prozess haben sich die internationalen Institutionen selbst verändert: Die Entwicklung einer „Zivilgesellschaft“ ist nicht mehr ein Mittel gegen den Krieg, sondern zum Ziel selbst geworden.

Natürlich gibt es weiterhin viel zu tun. Die unselige Teilung Bosniens in zwei Gebilde muss durch die Stärkung des Gesamtstaates überwunden werden. Das geht nur mit dem Willen, ernsthaft Reformen gegen Widerstände und Drohungen der Nationalisten durchzusetzen. Wolfgang Petritsch hat in den drei Jahren seiner Amtszeit als Hoher Repräsentant die Weichen dafür gestellt. Nun liegt es an dem britischen Liberalen Paddy Ashdown, da energisch weiterzumachen. Dass er das will, daran besteht kein Zweifel.

Die Frage ist, ob er es kann. Der Eindämmung des Nationalismus auf dem wirtschaftlich noch daniederliegenden Balkan steht immerhin dessen Aufstieg in Westeuropa entgegen. Was in den Niederlanden und in Frankreich zu beobachten ist, unterhöhlt die Überzeugungskraft der „Entwicklungshelfer“ hier. Tröstlich bleibt jedoch, dass mit dem Lernprozess auf dem Balkan die internationalen Institutionen insgesamt gefestigt wurden.

ERICH RATHFELDER

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