piwik no script img

AL sucht nach Wegen zum Überleben

■ Bernd Köppl hält AL-Organisation für »strukturell regierungsunfähig«/ Mitgliedervollversammlung soll am kommenden Samstag die zukünftigen »Jahrhundertchancen« diskutieren

Berlin. Nach der herben Wählerabfuhr vom vergangenen Sonntag sucht die Alternative Liste (AL) nach Wegen zum Überleben. Die erste Aufarbeitung des Debakels im Delegiertenrat, dem zweithöchsten Gremium des Landesverbands der Grünen, zeigte am Mittwoch abend jedoch, wie hilflos die seit zehn Jahren an einen stetigen Aufwärtstrend gewöhnten Alternativen der völlig unerwarteten Situation gegenüberstehen. Gegenseitige Vorwürfe bestimmten die Diskussion. Die nie gelöste Streitfrage, wo die AL ihre Rolle im parlamentarischen Spektrum sieht, brach wieder auf.

Einige Delegierte zeigten sich ganz zufrieden damit, daß sich eine rot-grüne Regierungsperspektive wahrscheinlich auf Jahre hinaus erledigt hat. Die kurz vor der Wahl zerbrochene zweijährige Senatskoalition mit der SPD sei mit großen Opfern und der Gefahr verbunden gewesen, daß »die Partei vor die Hunde geht«. Eben diesen Koalitionsbruch bezeichnet der AL-Abgeordnete Bernd Köppl als »die historisch wichtigste Fehlentscheidung der AL«. Köppl präsentierte gestern in einem achtseitigen Papier seine Analyse des für die Alternativen verheerenden Wahlergebnisses. Demnach ist nach seiner Einschätzung die AL- Organisation »strukturell regierungsunfähig«, zumal die »Sehnsucht der AL-Aktivisten nach der Oppositionsrolle« sich durch die ganze Regierungszeit als positives Leitbild gezogen habe.

Nicht rot-grüne Inhalte seien schuld an der »brutalen Abwahl«, sondern das zerstrittene Erscheinungsbild der rot-grünen Koalition, die sogar auf die eigenen Stammwähler abschreckend gewirkt habe, hieß es auf dem Delegiertenrat. Außerdem habe sich die AL mit der deutschen Einheit schwer getan und in entscheidenden Fragen wie der Sozialpolitik keine Antworten parat.

Mit der Frage, ob die AL »irgendwann in diesem Jahrhundert« noch einmal Regierungspartei werden oder lieber wieder ein »revolutionäres Pathos« pflegen will, wird sich am Sonnabend auch eine Mitgliederversammlung beschäftigen. dpa/taz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen