AKW Grafenrheinfeld: Kleiner Schub für den Atomausstieg

Womöglich verkürzt Eon die Laufzeit des AKW Grafenrheinfeld freiwillig. Weil es sich schlicht nicht mehr rechnet.

Droht ein schneller Rückbau? Reaktordruckbehälter des AKW Grafenrheinfeld. Bild: dpa

FREIBURG taz | Eon wird das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld womöglich früher abschalten als bislang vorgesehen. Der Stromkonzern plant, den Meiler in Unterfranken bereits im Frühjahr 2015 abzuschalten, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Laut Atomgesetz dürfte dieser noch bis Ende 2015 am Netz bleiben.

Eon selbst bleibt zu diesem Thema allerdings bisher wortkarg. Man könne den Zeitungsbericht „nicht bestätigen“, sagt ein Firmensprecher auf Anfrage. Es gebe im Unternehmen „keine Beschlüsse, das Kraftwerk Grafenrheinfeld früher als Ende Dezember 2015 vom Netz zu nehmen.“ Entsprechend haben bislang auch weder der zuständige Übertragungsnetzbetreiber Tennet noch die Bundesnetzagentur bisher eine entsprechende Nachricht von Eon erhalten.

Ein explizites Dementi des Stromkonzerns zu dem Bericht gibt es aber auch nicht. Dafür aber einen vielsagenden Hinweis auf die wirtschaftliche Situation des Reaktors: „Es stimmt, dass wir besonders vor dem Hintergrund der Börsenpreise für Strom die Wirtschaftlichkeit unserer Kraftwerke kritisch betrachten. Dazu zählt auch Grafenrheinfeld.“

Aus unternehmerischer Sicht könnte es in der Tat geboten sein, den Reaktor früher als im Dezember 2015 vom Netz zu nehmen. Denn mit jedem Austausch der Brennelemente fällt die Brennelementesteuer an – für den Reaktor Grafenrheinfeld wären das im nächsten Frühjahr rund 80 Millionen Euro. Nach der Jahresrevision könnte das Kraftwerk aber nurmehr ein gutes halbes Jahr laufen, die Revisionskosten würden also überproportional auf den Preis des Stroms durchschlagen. Warum also nicht gleich die neuen Brennstäbe sparen?

„Zusätzliches Geld rausschlagen“

Damit stellt sich die Frage, ob die Netzstabilität auch bei vorzeitiger Stilllegung noch gegeben ist. Der zuständige Übertragungsnetzbetreibers Tennet gibt Entwarnung: „Die Versorgungssicherheit wäre nicht gefährdet.“ Man rechne allerdings im Falle einer früheren Abschaltung mit deutlich mehr Eingriffen in den Markt, erklärt eine Firmensprecherin. Mit diesem verstärkten sogenannten „Redispatching“ sei das Netz im Sommer 2015 auch ohne Grafenrheinfeld „beherrschbar“.

Entscheidend für diese entspannte Sicht ist die Jahreszeit: Im Sommerhalbjahr ist die Netzsituation aufgrund des geringeren Stromverbrauchs im Land immer deutlich weniger kritisch als im Winter.

Ob Eon den bayerischen Reaktor nun wirklich früher abschalten will, wird der Konzern in Kürze entscheiden müssen. Denn ein Antrag auf Stilllegung eines Kraftwerks muss mit einer Frist von 12 Monaten erfolgen. Kommt der Antrag nicht in den nächsten Wochen, wird es also nichts mehr mit Abschaltung im Frühjahr 2015.

Unterdessen spekulieren Atomkraftgegner, ob die Betreiberfirma den Meiler Grafenrheinfeld tatsächlich früher vom Netz nehmen will – oder ob sie nur pokert. „Ich habe den Eindruck, dass Eon gar nicht früher abschalten will“, sagt Jochen Stay von der bundesweiten //www.ausgestrahlt.de/:Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“.

Dem Konzern gehe es vielmehr darum, „zusätzliches Geld rauszuschlagen“. In der Tat könnte Eon auch darauf spekulieren, dass die Netzagentur den Antrag auf Stilllegung ablehnt, weil sie das Kraftwerk als „systemrelevant“ einstuft. Für Eon wäre das attraktiv: Der Weiterbetrieb eines solchen „Reserve-Kraftwerks“ würde gesondert vergütet – und die Kosten würden auf die Stromkunden umgelegt.

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