AKP hält an Volksabstimmung fest: Dämpfer für Erdogans Regierung

Verfassungsgericht erklärt geplante Änderungen des Grundgesetzes teilweise für verfassungswidrig. Dennoch hält die AKP an der Volksabstimmung im September fest.

Recep Erdogan am 29.6. im türkischen Parlament. Bild: ap

Das türkische Verfassungsgericht hat einen Teil der vom Parlament verabschiedeten Verfassungsänderungen als verfassungswidrig verworfen. Am Mittwochabend erklärte Gerichtspräsident Hasim Kilic, die Reform, die rund 20 Verfassungsänderungen vorsieht, sei an zwei Punkten nicht akzeptiert worden. Dabei geht es um die zukünftige personelle Zusammensetzung des Hohen Rats zur Ernennung von Richtern und Staatsanwälten und die Zusammensetzung des Verfassungsgerichts selbst.

Die linksliberale Tageszeitung Radikal spricht von einem "chirurgischen Eingriff", einem Mittelweg, den weder die oppositionelle CHP, die die völlige Ablehnung des Reformpakets gefordert hatte, noch die regierende AKP völlig befriedigt.

Im Detail geht es darum, dass Personen, die der Staatspräsident als Mitglieder des Hohen Rats für Richter und Staatsanwälte ernennt, nicht auch aus dem Wirtschafts- und Politikbereich kommen dürfen. Genau das war aber laut Vorlage geplant gewesen. Die Mitglieder des Gremiums müssen Juristen sein.

Damit verhinderte das Verfassungsgericht auch, dass zukünftig Nichtjuristen über die Zusammensetzung des Verfassungsgerichts hätten entscheiden können. Zwar hat sich die regierende AKP teilweise durchgesetzt. Letztlich geht es aber darum, dass die obersten Gerichte wenigstens teilweise die Kontrolle darüber behalten, wer in ihre Reihen berufen werden darf.

Abgesehen von diesen Einschränkungen hat das Verfassungsgericht alle vom Parlament verabschiedeten Verfassungsänderungen passieren lassen. Diese Änderungen des Grundgesetzes müssen nun noch in einer Volksabstimmung angenommen werden, um Gültigkeit zu erlangen. Erhalten sie die Mehrheit der Stimmen, werden künftig Militärs vor zivilen Gerichten angeklagt. Zudem wird die Immunität für die Putschisten, die am 12. September 1980 die Macht übernommen hatten, endlich aufgehoben.

Bereits vorher war jedoch schon ein Änderungsvorschlag im Parlament gescheitert, der das Verbot von Parteien erschweren sollte. Abweichler innerhalb der AKP hatten dagegen gestimmt, weil sie ein mögliches Verbot kurdischer Parteien nicht verkomplizieren wollten. Mit der Entscheidung des Verfassungsgerichts ist nun klar, dass es nicht, wie verschiedentlich spekuliert worden war, zu vorgezogenen Neuwahlen kommen wird.

Die AKP kritisierte die Entscheidung zwar als unzulässige Einmischung der Richter in den parlamentarischen Prozess. "Das Gericht hat einen Fehler gemacht", sagte Justizminister Sadullah Ergin in Ankara. Dennoch will die Regierung an der bereits angesetzten Volksabstimmung festhalten. Das Referendum soll symbolisch am 12. September, dem Tag des Militärputsches vor 30 Jahren, stattfinden. Damit wird die Abstimmung auch zu einem Stimmungstest für die Parteien, da die oppositionelle CHP auch unter ihrem neuen Vorsitzenden Kemal Kilicdaroglu die Wähler für eine Ablehnung der Reform mobilisieren will.

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