AFRIKA-CUP: Grün ist die Hoffnung
Der Erfolg von Algeriens Nationalteam in Angola spiegelt die Sehnsucht eines Landes nach Normalität. Im Halbfinale treffen "Les Vertes" auf die auf Revanche sinnenden Ägypter.
MADRID taz | Algerien ist voller Hoffnung. Nach 20 Jahren Abwesenheit von der großen Bühne sind die "Grünen" zurück. Heute stehen sie im Halbfinale des Afrika-Cup. Es wird kein normales Halbfinale. Dafür sorgt der Gegner. Die "Wüstenfüchse" - wie die algerische Elf in Afrika genannt wird - treffen auf die "Pharaonen" aus Ägypten. Und damit just auf jene Mannschaft, die punktgleich in der WM-Qualifikationsgruppe mit einem 1:0 beim Play-off vergangenen November ausgeschaltet wurde. "Wir werden aller Welt beweisen, dass wir uns zu Recht qualifiziert haben", schreibt die größte Tageszeitung des Landes, El Khabar, zum Spiel heute Abend in Benguela.
Die verpasste Qualifikation gegen Algerien ist für die Ägypter ein schwerer Schlag. Schließlich sind sie mit sechs afrikanische Titeln eine der großen Fußballnationen auf dem Kontinent, was sie mit einem Viertelfinalsieg gegen Etoos Kamerun einmal mehr unter Beweis stellten. Deshalb wollen auch sie heute in Banguela aller Welt etwas beweisen: "Wir werden zeigen, dass wir es verdient hätten, zur WM zu fahren. Falls wir sie schlagen, werden wir die WM mit Stolz anschauen können", erklärt der zutiefst gekränkte ägyptische BVB-Profi Mohamed Zidan.
Egal wie das Spiel enden wird, für die Polizei in Angola, Ägypten und in Algerien dürfte es eine lange Nacht werden. Denn die Stimmung ist mehr als vergiftet, seit bei der WM-Qualifikation in Kairo der algerische Mannschaftsbus mit Steinen beworfen und dabei drei Spieler verletzt wurden. Die ägyptischen Fans machten anschließend Jagd auf ihre algerischen Kollegen. Als Antwort legten Jugendliche in Algier Büros und Geschäfte ägyptischer Unternehmen in Schutt und Asche.
In Algerien zweifelt niemand daran, dass die Grünen nach einem Viertelfinalsieg gegen die Favoriten von der Elfenbeinküste unaufhaltsam auf dem Weg ins Endspiel sind. Die Begeisterung kennt keine Grenzen. Vier Sondermaschinen bringen rund 1.000 algerische Fans nach Angola. 580 Euro kostet das Ticket in einem Land, in dem ein Lehrer mit weniger als 200 Euro im Monat nach Hause geht. "Das Team ist jung und hat eine vielversprechende Zukunft vor sich", lobte Trainer Rabah Saadane seine Jungs und ist sich ganz sicher, dass sie heute einmal mehr triumphieren werden.
Algeriens Nationalmannschaft lebte bislang von wenigen Erfolgen, als da wären der legendäre Sieg über Deutschland bei der WM in Spanien 1982 oder der einzige Titel, die Afrikanische Meisterschaft 1990 vor heimischem Publikum. Danach ging es nicht nur mit dem Fußball im Lande bergab.
Algerien versank für über zehn Jahre im blutigen Bürgerkrieg zwischen radikalen Islamisten und der Armee. Rund 200.000 Menschen verloren bei Massakern und Anschlägen ihr Leben. Jetzt, wo das Land allmählich wieder zur Ruhe kommt, kehrt auch der Erfolg für die Kicker zurück. Die Fußballbegeisterung steht für diese so heiß ersehnte Normalität. Ein ganzes Land skandiert "Allez les Vertes" und spricht sich damit selbst Mut zu. REINER WANDLER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert