: ABM soll künftig unter Tarif bezahlt werden
■ Vereinbarung zwischen AWO und ÖTV geplatzt / Szenarien für die nächste Kürzungsrunde
Noch ist die Neuregelung des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) gar nicht in Kraft, aber schon hat die darin enthaltene Kürzung der Zuschüsse für ABM-Stellen einen heftigen Streit zwischen der Gewerkschaft ÖTV und der Arbeiterwohlfahrt (AWO) ausgelöst. Anlaß ist die ab 1. Januar im neuen AFG festgelegte Höchstförderungsgrenze für ABM-Stellen in Höhe von 90 Prozent des Tariflohns. Eine Aufstockung aller ihrer bundesweit rund 2000 ABM-Stellen aus eigenen Mitteln auf den vollen Tariflohn „übersteigen unsere finanziellen Möglichkeiten voll und ganz“, heißt es in einer Erklärung des AWO-Bundesverbandes. Folge: ab 1995 will die AWO ganz auf die Beschäftigung von ABM-Kräften verzichten.
Vorangegangen war ein Streit mit der ÖTV um die Frage, ob die Gewerkschaft bei ABM-Kräften eine Reduzierung des üblichen Tariflohns auf 90 Prozent akzeptieren würde. Dies hatte die ÖTV im September bereits zugesagt, machte jetzt aber einen Rückzieher. „Mit Engstirnigkeit lassen sich keine Arbeitsplätze schaffen oder erhalten“, erklärte dazu AWO-Verhandlungsführer Rainer Brückers.
In Bremen gibt es zur Zeit bei der AWO 65 ABM-Stellen, 60 von ihnen sind mit Frauen besetzt, die nach zumeist nach langer Zeit wieder in den Beruf zurückkehren. Während andere freie Träger ohne einen Konflikt mit den Gewerkschaften zu risikieren den Lohn für ABM-Stellen senken können, verhindert dies bei der AWO ein eigener Haustarifvertrag.
Statt einer Senkung des ABM-Gehalts könnte die neue Kürzung der Bundesanstalt für Arbeit auch durch eine Erhöhung der Komplementärmittel ausgeglichen werden, die die Bremer Arbeitssenatorin zur Verfügung stellt. Bisher wurden die rund 2000 Bremer ABM-Stellen zu durchschnittlich 20 Prozent aus bremischen Mitteln finanziert. Eine weitere Erhöhung dieser Quote auf 30 Prozent würde mit rund acht Millionen Mark zu Buche schlagen. „Das gibt der Haushalt aber nicht her“, sagt Ressort-Sprecher Jörg Henschen.
Die Bezahlung von ABM-Kräften unter Tarif hält er allerdings auch nicht für sinnvoll: „Das wäre ein höchst problematischer Eingriff in die Tarifautonomie.“ Wenn allerdings Träger und Gewerkschaften sich selber darauf einigen könnten, dann werde die Arbeitssenatorin eine solche Vereinbarung nicht verhindern.
Für den Leiter des Bremer Arbeitsamtes, Christian Hawel, ist die geplante Kürzung im AFG noch nicht das letzte Wort. „Wir hoffen, es wird sich in Bonn aufgrund der guten Konjunkturentwicklung daran noch etwas ändern lassen“, sagte er gestern auf Anfrage. Vorsorglich hat die Bremer Arbeitsamts-Leitung gestern aber bereits verschiedene Kürzungsszenarien im ABM-Bereich durchgespielt.
Ase
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen