Kommentar: „80 plus“ - ohne uns!
■ Medienkampagne gegen Nicht-Wähler
„Bremer Medien werben gemeinsam für hohe Wahlbeteiligung“, so verbreitete es der „Bremer Anzeiger“ am Wochenende an alle Haushalte. Die für Bremen erforderliche „gemeinsame Anstrengung aller demokratischen Kräfte“ brauche ein gutes Wahlergebnis, „80 plus“ soll die Wahlbeteiligung sein - von Radio Bremen wurde der Aufruf initiiert. Die Bremer taz habe auch unterschrieben.
Nein, hat sie nicht. Sie wurde gefragt und hat es abgelehnt, mitzumachen.
Bremen soll Einheit und Geschlossenheit demonstrieren, ein Medien-Kartell soll in das Kartell der Berufspolitiker einstimmen. Aber gibt es nicht gute Gründe, gegen die verklemmte provinzielle Konkurrenz an der Landesgrenze und für einen weltoffenen modernen Nordstaat? Haben nicht vielleicht diejenigen Recht, die sagen: Der Unterschied zwischen Wedemeier, Nölle und Rebers ist nicht die Tinte für das Kreuz auf dem Wahlzettel wert?
Je erdrückender das Kartell derjenigen wird, die es fast zur nationalen bremischen Staatsbürgerpflicht erklären wollen, zur Wahl zu gehen, desto wichtiger wird es, daran zu erinnern: Das demokratische Wahlrecht umfaßt das Recht, sich an den Wahlen nicht zu beteiligen. Wenn die kandidierenden Interessenten es nicht schaffen, 80 Prozent der Wahlberechtigeten zum Wahlakt zu motisieren, dann ist das ihr Problem. Klaus Wolschner
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