80 Millionen für Waffen entzogen: Belgien verklagt Kongos Zentralbank

Über ein Schweizer Konto der Zentralbank des Kongos sollen während des Kongokrieges Einnahmen aus der Diamantenförderung des Landes an osteuropäische Waffenlieferanten geflossen sein.

Die Anklage betrifft Vorgänge während des Kongokrieges 1998-2002, als die Diamanten der MIBA zu den wichtigsten Einnahmequellen der Regierung von Kabila zählten. Bild: rtr

BRÜSSEL taz Die Zentralbank der Demokratischen Republik Kongo wird verdächtigt, am kriegstreibenden Handel mit Diamanten beteiligt gewesen zu sein. Wie jetzt in Brüssel bekannt wurde, hat der belgische Untersuchungsrichter Michel Claise am 13. Mai Klage gegen die Bank wegen "Beteiligung am Verschwinden von Guthaben einer kongolesischen Bergbaugesellschaft in einer belgischen Bank" eingereicht.

Bei der Bergbaugesellschaft geht es um Kongos mehrheitlich staatliches Diamantenförderunternehmen MIBA (Minière du Bakwanga), das Kongos wichtigste Diamantenfelder in der zentralen Provinz West-Kasai besitzt. Die Diamantenförderung von Kasai ist Kongos wichtigster Devisenbringer. MIBA gehört zu 80 Prozent dem kongolesischen Staat. Der Rest gehörte während der Zeit, um die es in dem Verfahren geht, der belgischen Bergbaufirma Sibeka. Bei der belgischen Bank geht es um die "Belgolaise", gegen deren damaligen Präsidenten Marc-Yves Blanpain und vier andere Mitglieder der Direktion bereits seit 2004 auf Betreiben der belgischen Finanzermittlungsbehörde ein Verfahren in dieser Sache läuft.

Die Anklage gegen die Zentralbank betrifft Vorgänge während des Kongokrieges 1998-2002, als die Diamanten der MIBA zu den wichtigsten Einnahmequellen der Regierung von Laurent-Désiré Kabila im Kampf gegen Rebellen zählten. Der damalige Vorstandschef der MIBA, Jean-Charles Okoto, wird beschuldigt, während des Krieges der MIBA 80 Millionen Dollar - der Wert einer Jahresproduktion des Unternehmens - entzogen zu haben, wovon 20 Millionen benutzt worden seien, um in der Ukraine und Tschechien Waffen zu kaufen.

Okoto wurde Ende 2002 als MIBA-Chef entlassen, als diese Vorwürfe gegen ihn erstmals in einem UN-Untersuchungsbericht auftauchten, und ist seit 2004 mit einem in Belgien ausgestellten internationalen Haftbefehl belegt; er blieb aber an höchster Stelle in der kongolesischen Politik aktiv und ist heute Generalsekretär der Partei von Kongos Präsident Joseph Kabila.

Der Klage liegen die Erkenntnisse einer parlamentarischen Untersuchungskommission im Kongo zugrunde, der sogenannten Lutundula-Kommission, die während der Zeit des Friedensprozesses vor Kongos Wahlen 2006 die während des Krieges von Staatsbetrieben geschlossenen Verträge unter die Lupe nahm und deren Abschlussbericht 2005 an die Öffentlichkeit kam. Demnach wurden im November 1999 1,5 Millionen Dollar vom MIBA-Konto bei der Belgolaise abgehoben und auf das Konto der kongolesischen Zentralbank bei der Züricher UBS (Union de Banques Suisses) eingezahlt. Die Belgolaise soll sich davor geweigert haben, die gleiche Summe auf ein Konto der ukrainischen Waffenfiurma Ukroboron bei der Kiewer Ukreximbank zu überweisen.

Es besteht daher der Verdacht, dass das Geld für die Ukraine den Umweg über die Schweiz nahm. Die Frage stellt sich dann, ob Kongos Zentralbank und ihr bis heute amtierender Direktor Jean-Claude Masangu von dem Waffendeal mit der Ukroboron wusste und das Schweizer Konto der Zentralbank dafür zur Verfügung stellte.

Im Juni 2001, so der Untersuchungsbericht weiter, soll Okoto außerdem 588.300 Dollar von einem MIBA-Konto auf ein Konto der tschechischen Waffenfirma Thomas CZ bei der Prager Zivnosetenksa Banka überwiesen haben. All diese Zahlungen werden von UNO und Kongos Parlament als rechtswidrige Abzweigungen von Einnahmen des staatlichen Diamantenkonzerns gewertet.

Die Affäre ist delikat, weil gegen Okoto noch weitere Anschuldigungen vorliegen. Er soll eine Entführung der Nummer Zwei der MIBA in Brüssel, Lambert Kandala, am 2. April 2004 in Auftrag gegeben haben sowie eine nie ausgeführte Entführung des früheren EU-Kommissars Etienne Davignon, Vorstandsmitglied der Suez-Gruppe, der damals dem MIBA-Minderheitseigner Sibeka gehörte. Die Klageeröffnung gegen die Zentralbank erfolgt außerdem in einer Zeit starker Spannungen zwischen Kongo und Belgien nach einer belgischen Ministerreise in den Kongo im April.

Westliche Unternehmensinteressen sind durch das Verfahren nicht unmittelbar berührt. Die Sibeka wurde 2006 einschließlich ihres MIBA-Anteils an die südafrikanische Bergbaufirma Mwana Africa verkauft. Die Belgolaise wurde 2006 von ihrem Besitzer, der Gruppe Fortis, abgewickelt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.