: 8. Mai: Neonazis haben den besten Platz
München hat offenbar eine geplante Versammlung von Rechtsextremisten zum Jahrestag des Kriegsendes ignoriert. Neonazis dürfen auf dem Marienplatz eine Mahnwache abhalten. Jetzt soll der „Tag der Ehre“ geprüft werden
MÜNCHEN taz ■ Norman Bordin ist in München wahrlich kein Unbekannter. Als Gründer der rechtsextremen „Kameradschaft Süd“, als verurteilter rechter Schläger, als Anmelder diverser Neonazi-Demonstrationen und als bundesweit tätiger NPD-Aktivist genießt der kräftige Mann mit den kurz geschorenen Haaren und dem sorgsam gestutzten Kinnbart einen mehr als zweifelhaften Ruf.
Trotzdem sorgte es im Kreisverwaltungsreferat (KVR) der Stadt München offensichtlich nicht für allzu große Verwunderung, als Norman Bordin am 11. November des vergangenen Jahres dort erschien, um eine Veranstaltung anzumelden: Am 8. Mai 2005 zwischen 14 und 22 Uhr will er sich mit Gesinnungsgenossen mitten in der Münchner Innenstadt auf dem Marienplatz zu einem „Tag der Ehre“ treffen.
Eigentlich sollten angesichts des Datums, des 60. Jahrestags des Kriegsendes, alle Alarmglocken schrillen – zumal sich die Stadt München stets damit brüstet, Rechtsextremen das Leben so schwer wie möglich zu machen. So untersagte das Kreisverwaltungsreferat vor ein paar Wochen eine Neonazi-Mahnwache an der Feldherrnhalle.
Doch der Marienplatz gilt historisch offenbar nicht als ausreichend belastet, um Bordins „Tag der Ehre“ zu unterbinden. Erst durch einen Artikel der Abendzeitung kam die geplante Veranstaltung gestern überhaupt ans Licht. Offenbar hatte ein empörter KVR-Mitarbeiter die Information weitergegeben. Seine Behörde dementierte am Dienstag ziemlich halbherzig und widersprüchlich. So würde es sich bei der rechten Versammlung „nicht um eine Demonstration“, sondern lediglich um eine Mahnwache handeln. Die habe aber nicht genehmigt werden müssen, sondern wurde „zur Kenntnis genommen“.
Gleichzeitig teilt das KVR aber mit, dass Norman Bordin heute zu einem „Kooperationsgespräch“ einbestellt wurde, bei dem Ort, Thema und Zeitpunkt der Versammlung „kritisch geprüft werden“ sollen. Warum das erst ein halbes Jahr nach der Anmeldung geschieht, steht nicht in der Mitteilung. Zumindest sei ein Verbot nun doch möglich. Dagegen zitiert die Abendzeitung einen ungenannten Experten im Münchner Rathaus mit den Worten: „Juristisch wird diese Peinlichkeit bedauerlicherweise nicht mehr zu verhindern sein.“ Möglicherweise müsste nach Angaben der Zeitung sogar der Marienplatz für die Neonazis geräumt werden – was dann auch für Gegendemonstranten gelten würde.
Ohnehin häufen sich rechte Aktivitäten in München. Anfang April zogen einige hundert Rechtsextremisten durch die Stadt, am vergangenen Montag versammelt sich etwa dreißig Neonazis zu einer Mahnwache in der Innenstadt. Neben Norman Bordin tritt dabei vor allem der NPD-Funktionär Roland Wuttke als Organisator auf. JÖRG SCHALLENBERG