60 Jahre Bundesrepublik: Geburtstagsfeier mit linken Protesten
Bei einem Bürgerfest in Berlin feiern Hunderttausende den 60. Jahrestag des Grundgesetzes. Doch linke Aktivisten demonstrieren gegen die Feierlichkeiten.
BERLIN taz | Eigentlich sind die Deutschen ganz zufrieden mit ihrem Land. Zumindest wenn die Sonne scheint, die Bratwürste auf dem Grill brutzeln und alles Unschöne gerade weit weg ist. "Wir können stolz sein auf 60 Jahre Stabilität und Frieden", sagte am Samstag ein Tourist aus Ludwigshafen, der über das Berliner Bürgerfest zum 60. Jahrestag des Grundgesetzes am Brandenburger Tor schlenderte.
Schon der Andrang war größer als erwartet: Hunderttausende zogen die Straße des 17. Juni hinauf und hinab, die Bundesregierung zählte 750.000 Besucher. Studierende und Familien, Rentner und Touristen steckten sich an den Ständen der politischen Institutionen Infomaterial ein, machten Ratespiele mit oder hörten sich das Bühnenprogramm an.
Auf der Hauptbühne konnte man sehen, was die Veranstalter für gutes deutsches Entertainment halten: Sandra Maischberger und Thomas Gottschalk moderierten durch den Tag. Udo Jürgens, die Band Pur und Otto traten auf. Auch Boris Becker durfte nicht fehlen. In der benachbarten Akademie der Künste lasen unterdessen Autoren wie Julia Franck und Ingo Schulze. Als Daniel Barenboim und die Staatskapelle Berlin Beethovens Neunte Sinfonie spielten, saßen auch der alte neue Bundespräsident Horst Köhler, Kanzlerin Angela Merkel und andere Politiker auf der Tribüne.
Doch nicht alle Berliner waren mit den Feierlichkeiten einverstanden: Rund zwei Kilometer weiter östlich versammelten sich am Rosa-Luxemburg-Platz um 18 Uhr linke Aktivisten zu einer Gegendemonstration. Das Motto des Protestzugs: "Etwas Besseres als die Nation - Gegen die Herrschaft der falschen Freiheit". Auf einem Transparent war zu lesen: "Staat, Nation, Kapital, Scheiße - für den Kommunismus".
Die Veranstalter sprachen von 2.500 Protestierenden, die Polizei von 1.500. Der Start der Demo verzögerte sich zunächst aufgrund der Kontrollen der Polizei. Als es schließlich losging, setzte sich der schwarze Block an die Spitze des Zuges. Die Polizei stoppte die Demo daraufhin kurzzeitig. Es kam zu kleineren Rangeleien. Sechs Teilnehmer wurden festgenommen. Insgesamt verliefen die Proteste aber friedlich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen