piwik no script img

55 Milliarden Euro entdecktRechenfehler mit Nachspiel

Eine Fehlbuchung verringert Deutschlands Schuldenberg. Der ist nicht so hoch wie angenommen. Finanzminister und Opposition zürnen dennoch.

Kapitaler Fehler: Plus und Minus zu unterscheiden, fiel in der verstaatlichten Hypo Real Estate nicht leicht. Bild: dpa

BERLIN dpa/taz | Eine der größten Buchungspannen aller Zeiten senkt die deutsche Staatsverschuldung um 55,5 Milliarden Euro. Sie wird aber für die verstaatlichte Hypo Real Estate ein Nachspiel haben.

Vorstände der HRE und der FMS Wertmanagement, einer Bad Bank, in der die Schrottpapiere der HRE ausgelagert sind, sollten bei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zum Rapport erscheinen, berichtete der Spiegel. Die Bankverantwortlichen sollten dem Finanzausschuss des Bundestags Rede und Antwort stehen, forderte der CSU-Politiker Hans Michelbach.

Der Milliardenbetrag war durch fehlerhafte Buchungen seit dem vergangenen Jahr bei der FMS entstanden. 2010 beliefen sich diese auf 24,5 Milliarden Euro, 2011 auf 31 Milliarden Euro, teilte das Finanzministerium mit.

Das Ganze war erst jetzt aufgefallen. Im Prinzip wurden im Computersystem Addieren und Subtrahieren verwechselt, so wurden etwa steigende Kursgewinne bei Papieren als Verlust verbucht.

Die HRE war im Laufe des Jahres 2009 verstaatlicht worden, weil ihr aufgrund der Finanzkrise die Insolvenz drohte. Ein Zusammenbruch der Bank hätte nach damaliger Auffassung das gesamte deutsche Bankensystem mit in den Abgrund reißen können.

Die Verbindlichkeiten der HRE und ihrer Bad Bank sind seitdem die der Bundesrepublik und führten zu einem Anstieg der Staatsschulden. Jetzt sanken sie wieder um 2,6 Prozentpunkte auf 81,1 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung. Da die Finanzierung der Bad Bank über einen Sonderhaushalt geführt wird, hat die Panne keinen Einfluss auf den Bundeshaushalt.

Grüne befürchten Risiken in den Bilanzen

Die SPD dringt auf lückenlose Aufklärung des Rechenfehlers durch Schäuble. "Das ist kein Betrag, den die schwäbische Hausfrau in einer Keksdose versteckt und vergisst", sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann.

Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick sprach von fehlendem Überblick und fürchtet auch Überraschungen in die andere Richtung: In den Bilanzen der Bad Bank lagern griechische Staatsanleihen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • S
    sigibold

    Bin ja sonst nicht so, aber hier gibt es im Grunde nur eins. Vorstand und Aufsichtsrat fristlos feuern. Wer sich solche Pannen erlaubt, ist für das Bankgeschäft ungeeignet.

     

     

    sigibold

  • R
    reblek

    "Vorstände der HRE und der FMS Wertmanagement, einer Bad Bank, in der die Schrottpapiere der HRE ausgelagert sind..." - Ich vermute, sie sind in "die" Bad Bank ausgelagert und in "der" gelagert.

  • 1
    1x1=+/-

    @stephan : die Ärmsten werden dann wohl auch Boni mit Mali verwechselt haben

  • Y
    yberg

    blödsinn,buchungsfehler.der kram wurde von der kpmg hoch und runter geprüft und sollte wahrscheinlich im interesse der hre die die gründung einer bad bank,in die sie ihre leichen ausbuchen kann,beschleunigen.

    neugeschäft war in dem ungeklärten stadium für die hre nicht zu machen.

     

    nur kurz am rande,der angekündigte zusammenbruch des bankensystems bei hair cut der giechenanleihen,der uns von den finanzlobbyisten weltweit in folge gebetsmühlenartig angedroht wurde,bleibt aus.

  • J
    Julius

    eine Regierung die 10 Monate braucht um 5 Euro Regelsatzerhöhung für Hartz 4 zu berechnen und die gleiche Regierung die 55 Milliarden "übersieht" zeigt eindeutig wo ihre Prioritäten sind. Bei den Ärmsten ganz genau hingucken bis geht nicht mehr -bei Banken "gewiße Großzügigkeit" walten zu lassen....

    War das nicht Herr Schäuble der sich über die Griechen wegen plötzlich aufgetauchter 1 Milliarde lustig gemacht hat? Und jetzt hat er selber 55 Milliarden gefunden. ES IST LEIDER GAR NICHT LUSTIG-selbst wenn die Medien versuchen es als "Geldsegen" zu verkaufen.

    Erbsenzählerin v.d.Leyen erzählt für die Ärmsten ist kein Geld da und dabei füttert unsere Regierung Banken mit Milliarden und leistet sich 55 Milliarden-Fehler.

  • T
    Thomas

    Über eine Milliarde hätte ich mich wohl aufregen können aber 55,5 Milliarden sind einfach zuviel. Das ist zu absurd und damit witzig!

     

    Jetzt kann ich mit einem lächeln auf dem Gesicht sterben. Die Kabarettisten können aufhören, dass ist das lustigste was je passiert ist. Alle reden von saukomplizierten Schirmen mit Hebeln, Paketen und Fonds und dann verbummeln die einfach 55,5 Milliarden Euro.

     

    Wer hier nicht lacht hat kein Humor!

  • MK
    Max Kater

    Wirklich ein Rechenfehler?

    Oder wollten sich CDU + CSU + FDP mal 55 Milliarden

    auf ihr Parteikonto umleiten? Bis ein Mitarbeiter der Bank den SPIEGEL informierte.

  • LL
    Laura Lausini

    Mein Gott! Statt dass die TAZ nochmals recherchiert, was bei der "Verstaatlichung" der Hypo Real Estate alles schief gelaufen ist - 65% der Gesellschafter saßen 2008 auf den Kaimaninseln, der frühere Finanzminister Steinbrück verpasste den Zeitraum einer möglichen Haftung um genau einen Tag, ein Großteil der geretteten Gläubiger waren private Konzerne, doch Merkel und Steinbrück behaupteten genau das Gegenteil (siehe im Tagesspiegel Harald Schumann: "Die Geretteten" vom 13.09.2009), spielt die TAZ den Fall herunter. "Schaden nicht so hoch wie angenommen"? So macht sich die Zeitung überflüssig.

  • TF
    Thomas Fluhr

    Wer ist der grössere Trottel? Der Trottel selbst, oder wer sich von einem Trottel vorführen lässt?

  • SE
    stephan ebel

    plus und minus verwechselt? da kann man mal sehen, was für ausgemachte schwachköpfe in ´wichtigen´ positionen herumwurschteln können und dafür vermutlich eine schweinekohle dafür einstreichen....aber soziale arbeit, pflegetätigkeiten und erziehung werden mit taschengeldern ´vergütet´, von denen man kaum leben kann.