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50 Jahre SputnikUnd es machte "Piep"

Der erste menschengemachte Satellit Sputnik war ein großer Propagandaerfolg für die Sowjets. Die Amerikaner hätten ihn auch bauen können - mit etwas mehr Anstrengung.

Sputnik war nicht perfekt. Aber zuerst oben. Bild: dpa

Nach diesem kurzen Ton, schrieben Zeitgenossen bereits vor 50 Jahren, war plötzlich alles anders: Am 4. Oktober 1957, um 22 Uhr 28 Moskauer Zeit, schickte die damalige Sowjetunion den ersten künstlichen Satelliten in eine Erdumlaufbahn. "Sputnik", zu Deutsch "Begleiter", wog in seiner ersten Fassung ganze 83,6 Kilogramm und hatte nur einen Durchmesser von knapp 60 Zentimetern. Das Signal des kleinen, runden Erdtrabanten mit seinen vier Antennen, ein einfaches Piepen auf zwei Kurzwellen-Ferquenzen, wurde in der ganzen Welt empfangen: "Hier bin ich", funkte es aus dem All. Neben dem besonders robust ausgeführten Funksender war nur noch ein Thermometer und eine Silber-Zink-Batterie mit an Bord.

Insgesamt 57 Tage lang umkreiste Sputnik 1 die Erde, bevor er beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglühte. Eine Runde um den Planeten dauerte nicht ganz 100 Minuten. Erster Deutscher, der das Signal auffing, soll Heinz Kaminski von der Sternwarte Bochum gewesen sein. Der Piep-Ton war aber an einen viel größeren Adressaten gerichtet als nur das Heer der Weltraumfreunde in aller Welt: Amerika sollte das Signal hören - und tat es auch äußerst deutlich. Der unerwartete Propagandaerfolg der Sowjets leitet das Wettrennen ins Weltall ein. Vom "Sputnik-Schock" war damals viel zu lesen: Die Kommunisten hatten die Amerikaner überrundet - und zwar viel schneller, als damalige Experten es angenommen hätten.

Dabei lief bei weitem nicht alles so rund, wie es die Moskauer Propagandisten der Welt damals erzählen wollten. Die leicht modifizierte Interkontinentalrakete R-7, die Sputnik schließlich ins All schoss, war erst am 21. August des gleichen Jahres getestet worden, wobei ihr Waffenkopf verglühte. Sergej Pawlowitsch Koroljow, der große russische Weltraumpionier und Raketenkonstrukteur, entschied sich daher, bei den dennoch anstehenden weiteren Starttests einfach einen recht simplen Satelliten als Nutzlast zu verwenden. Dass die Sowjetunion zuvor in Reaktion auf eine ähnlich lautende Ankündigung der Amerikaner eine eigene Weltraum-Messsonde proklamiert hatten, kam da gerade recht. Auch beim Sputnik-Start selbst ging zunächst nicht alles glatt. Knapp 16 Sekunden nach dem erfolgreichen Abschuss der R-7 mit ihren 270 Tonnen Gesamtgewicht wackelte kurz die Treibstoffzufuhr. Nach einer ungeplanten Kursänderung - die Rakete kippte - setzte sie ihren Flug in den Orbit jedoch für die Sowjets glücklicherweise fort.

Der damalige US-Präsident John F. Kennedy reagierte schnell. Kein Jahr später war die "National Aeronautics and Space Administration", kurz NASA, in vollem Betrieb und wurde mit einem hohen Milliardenbudget ausgestattet. Doch die Schmach des Sputnik-Schocks konnten die Amerikaner erst 1969 mit der Mondlandung wett machen. Zuvor reihte sich jedoch Schmach an Schmach: Ein eigenes Satellitenprojekt wurde in den Dezember 1957 vorgezogen, der Start scheiterte grandios vor Millionen Fernsehzuschauern. Erst im Januar 1957 schafft es "Explorer I" schließlich ins All. Auch andere Rekorde gingen zunächst an die Russen: Der erste Mensch im All (Gagarin), der erste Ausstieg, die erste Kosmonautin oder die erste Raumsonde zum Mond.

Einen dürfte diese Kette sowjetischer "Siege" besonders geärgert haben: Den deutschen Weltraumpionier Wernher von Braun, den die Amerikaner trotz seines problematischen Verhaltens in der Nazi-Zeit (er kannte und störte sich nicht an der für die Wehrmachts-"V-2" notwendigen Zwangsarbeitslager) in ihr Land geholt hatten. Von Brauns leistungsstarke "Jupiter"-Raketenentwicklung, ein direkter Nachkomme der "V-2" der Nazis, hätte schon im September 1956, also über ein Jahr vor den Sowjets, durchaus Satelliten ins All tragen können. Doch die Amerikaner siedelten das Projekt Erdtrabant zunächst lieber bei der Marine an, deren Rakete allerdings überhastet fertiggestellt wurde und dann als "Kaputtnik" zunächst scheiterte. "Explorer I" wurde dann doch vom "Jupiter"-Nachfolger "Juno", einer von Braun-Entwicklung, ins All gebracht.

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