40 Jahre klicken: Aus die Maus!
Vor vier Jahrzehnten führte ein US-Forscher die erste Computermaus vor. Inzwischen wollen Forscher den Nager in Rente schicken - und setzen auf berührungsempfindliche Displays.
Am 9. Dezember 1968 präsentierte der Ingenieur Douglas Engelbart auf einer Veranstaltung der damals noch sehr jungen IT-Branche die Zukunft der Computertechnik. Die Demonstration im Kongresszentrum von San Francisco, unter EDVlern auch unter dem Namen "Die Mutter aller Demos" bekannt, erwies sich als höchst revolutionär - der Wissenschaftler, der damals am renommierten SRI-Forschungsinstitut arbeitete und heute 83 Jahre alt ist, führte viele der Methoden vor, die wir heute noch am Rechner anwenden, vom "Ausschneiden und Einfügen" bis zur PC-Vernetzung. Selbst eine rudimentäre Videokonferenz-Funktion beherrschte sein so genanntes "oN-Line System", kurz NLS, bereits. Noch wichtiger: Es war das erste Mal, dass Engelbart die von ihm erfundene Computermaus im großen Rahmen vorführte, ein kleines Kästchen mit integrierten Rädchen, das man über den Schreibtisch bewegen konnte, um den auf dem Bildschirm befindlichen Zeiger, den so genannten Cursor, zu bewegen.
Die Methode, seinem Rechner mit wenigen Schritten zu zeigen, was man von ihm will, sollte sich später als Hauptbedienmethode für PCs etablieren - neben der von der Schreibmaschine abgeleiteten Tastatur. Allerdings dauerte es noch mehrere Jahrzehnte, bis sich das Zeigeinstrument wirklich im Massenmarkt durchsetzte: Als Apple 1984 seinen ersten Macintosh-Rechner mit Fenstersteuerung einführte, musste das Unternehmen den Nutzern noch haarklein erklären, wie man den Nager bediente. Die PC-Welt hatte wiederum bis zum Erscheinen von Microsoft Windows auf die Nagerdurchsetzung zu warten, dem erst 1990 ein breiter kommerzieller Erfolg beschieden war; zuvor nutzten aber immerhin die Heimcomputer Atari ST und Commodore Amiga parallel zum Macintosh bereits Mäuse.
So alt die Maus inzwischen ist, so häufig sollte sie auch schon durch andere Bediengeräte ersetzt werden. Da wäre zunächst der Trackball, der das Konzept des Nagers einfach umdrehte: Statt ein Kästchen über die Tischplatte zu schieben, bediente man gleich den inzwischen in jeder Maus integrierten kleinen Ball, was als ergonomischer galt. Andere bislang nur mittelprächtig erfolgreiche Bedienfunktionen waren das Grafiktablett mit Stiftbedienung, das man neben die Tastatur legte und auf dem man auch Malen konnte, sowie die Nutzung der eigenen Stimme, um dem Rechner Anweisungen zu erteilen. Doch gegen die Maus kamen all diese Varianten nicht an, allein dem so genannten Trackpad war bei Laptops ein Achtungserfolg beschieden, weil dort für einen Nager einfach kein Platz ist. (Andererseits nutzen viele Besitzer tragbarer Rechner parallel auch eine Maus.)
Trotzdem arbeiten Forscher und Technikhersteller noch immer an Technologien, Engelbarts kleinen Kasten abzulösen. Der letzte Schrei sind berührungsempfindliche Bildschirme, bei denen man statt einem Stift wie bei einem Grafiktablett einfach seine Finger benutzen kann. Erstaunlich gut funktioniert das beispielsweise bei Apples iPhone-Handy - Gesten wie ein "Zwicken" zum Zoomen oder ein "Schlenzen" mit dem Finger zum Bewegen des Bildschirminhaltes lernt jeder Nutzer in Sekunden. Selbst die Tastatur ist hier virtuell und wird nur auf dem Bildschirm dargestellt, woran man sich anfangs arg gewöhnen muss, weil das Feedback "echter Hardware" fehlt.
Auch im Bereich der Desktop-PCs würden die Hersteller gerne solche berührungsempfindlichen Technologien, Touchscreen genannt, durchsetzen. So verkauft der IT-Konzern HP seit einiger Zeit Computer, deren großer Bildschirm in seinen Fähigkeiten denen des iPhone ähnelt. Das Problem dabei ist allerdings, dass es nicht sonderlich bequem ist, stets seinen Arm zu heben, um den Mauszeiger auf dem Bildschirm zu bewegen, scherzende Zeitgenossen sprechen bereits vom "Touchscreen-Arm". Alternativ arbeiten EDV-Riesen wie Microsoft deshalb an ganzen Tischen mit eingebautem berührungsempfindlichen Bildschirm. Ein entsprechender Rechner namens "Surface" wird für Geschäftskunden, die knapp 10.000 Dollar investieren wollen, bereits angeboten. Ob dieser allerdings das Wohnzimmer erobert, bleibt abzuwarten. Die Maus, so scheint es, hat noch einiges an Leben in sich.
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