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341,2: der fluch der fischköpfe

von EUGEN EGNER

Die Partei der Partiell Schwachsinnigen hatte 341,2 als Ehrengast nach Berlin eingeladen. Bereits eine Woche im voraus ging er zum Bahnhof, Angehörige der Bahnhofsmission hielten ihn bis zum Abfahrttermin am Leben, besorgten seine Fahrkarte und halfen ihm in den Zug. Zwei Tage später erreichte er nicht Berlin, sondern Hamburg. Auf dem Bahnsteig nahmen ihn wildfremde partiell schwachsinnige Leute in Empfang, die ihn mit einem anderen verwechselten. Er ahnte nichts von dem Missverständnis. Die fremden Menschen brachten ihn in ihre Wohnküche, das Abendessen wurde serviert: gebratene Fische ohne Köpfe. Das Tischgebet endete mit den Worten: „Die Gesichter sind schon abgemacht.“

341,2 aber verstand gar nicht, dass kopflose Bratfische gegessen wurden, sondern glaubte, es würden Witze erzählt, weshalb er als einziger fortwährend lachte. Einer neben ihm sitzenden Frau schlug er dabei vergnügt das volle Bierglas aus der Hand. So ging es bis zum nächsten Vormittag, dann schleppte man 341,2 zum Bahnhof zurück. Mitarbeiter der Bahnhofsmission kauften ihm eine Fahrkarte und setzten ihn in einen Zug nach Hause. Das ihm zugewiesene Abteil enthielt nur einen weiteren Fahrgast, eine ältere Dame, die dasselbe Fahrtziel hatte wie er. Sie trug eine Trachtenjacke und hatte einen aus einem Stück Papiertaschentuch selbst gemachten Eckzahn. Zwei Drittel des Abteils nahm ihr Koffer ein. „Der ist mit Fischen für meine Verwandtschaft angefüllt“, sagte sie stolz. Wie sich dann im Gespräch herausstellte, wohnte ihre Verwandtschaft in unmittelbarer Nachbarschaft von 341,2. Sofort begann er, die Dame zu bemitleiden, denn in seiner Nachbarschaft hausten nur bellende Anenzephaliker. Sie hingegen schwärmte ihm von idyllischen, ja paradiesischen Verhältnissen vor, die dort angeblich herrschten. Um Streit zu vermeiden, wechselte er das Thema und versuchte zu berichten, was er als Ehrengast der Partei der Partiell Schwachsinnigen in Berlin erlebt zu haben glaubte. Die alte Dame hörte jedoch richtig heraus, dass er in einer Hamburger Wohnküche gewesen war, wo es gebratene Fische ohne Köpfe gegeben hatte, und klärte ihn darüber auf. Wie staunte er da!

Am Ziel angelangt, musste er den schweren Koffer seiner Mitreisenden zu dem Haus schleppen, in dem seine schlimmsten Nachbarn wohnten. Es wurde sogar von ihm verlangt, die Last unter den Augen der glotzenden Kreaturen hineinzuschaffen und beim Braten der Fische zu helfen. Ihre Köpfe wurden von der älteren Dame gesammelt, wie sie überhaupt alle Fischköpfe der Welt sammelte. 341,2 wollte endlich heim zu seiner Frau, die im Nachbarhaus hustend auf ihn wartete.

Die Fischdame erlaubte es ihm nicht: „Zuerst müssen Sie mir die Köpfe der Fische bringen, die es gestern zum Abendessen gab. Sonst ist meine Sammlung unvollständig. Fahren Sie sofort zurück! Ihre Frau dürfen Sie vorher nicht sehen. Andernfalls trifft sie ein schwerer Fluch.“ Draußen auf der Straße sah 341,2 wehmütig die Lichter in seiner Wohnung, wandte sich jedoch ab und lief pflichtschuldigst zum Bahnhof.

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