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30.000 Tote bei Kämpfen in LibyenInterpol lässt nach Gaddafi fahnden

Als Reaktion auf den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs schreibt Interpol Gaddafi zur Fahndung aus. Um Bani Walid kommt es zu schweren Gefechten.

Werden wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht: Gaddafi, sein Sohn und der Ex-Geheimdienstchef. Bild: reuters

PARIS/DEN HAAG/KAIRO/BANI WALID dapd/dpa/rtr | Die internationale Polizeiorganisation Interpol hat auf Antrag des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag den libyschen Exmachthaber Muammar al Gaddafi, dessen Sohn Seif al Islam sowie den früheren Geheimdienstchef Abdullah al Senussi zur Fahndung ausgeschrieben. Die drei Männer werden vom IStGH wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht.

Die Fahndungsmitteilungen seien an alle 188 Mitgliedsstaaten von Interpol weitergeleitet worden, teilte die in Lyon ansässige Organisation am Freitag mit. Interpol-Generalsekretär Ronald Noble nannte Mitteilungen "ein starkes Werkzeug", das dabei helfen könne, die beiden Gaddafis und al Senussi gefangen zu nehmen.

Die neuen Machthaber in Libyen haben nach eigenen Angaben eine Spezialeinheit für die Jagd auf den gestürzten Revolutionsführer aufgestellt. Unterstützt wird sie nach Informationen französischer und amerikanischer Geheimdienstkreise von westlichen Ländern. So würden verdächtige Telefonate über Satellit darauf überprüft, ob sie von Gaddafi stammten und seinen Aufenthaltsort ermitteln lassen. Kleine CIA-Teams unterstützten zudem die Jagd nach Gaddafi.

Niederlande geben eingefrorenes Vermögen frei

Unterdessen teilte die niederländische Regierung mit, 1,4 Milliarden Dollar an eingefrorenem Vermögen des Gaddafi-Regimes freizugeben und der neuen libyschen Führung zukommen zu lassen. Das Geld werde an den nationalen Übergangsrat weitergeleitet, teilte das niederländische Außenministerium mit.

Der Übergangsrat werde das Geld in humanitäre Hilfe, Bildung sowie Gehälter der Regierung investieren. Das Sanktionskomitee der Vereinten Nationen stimmte dem Geldtransfer zu.

Schwere Gefechte nahe verbliebenen Gaddafi-Hochburgen

In der Nähe der wichtigsten verbliebenen Bastionen des langjährigen libyschen Machthabers Muammar Gaddafi ist es am Freitag zu schweren Gefechten gekommen. Aus der Wüstenstadt Bani Walid wurden Raketen auf Kämpfer der Übergangsregierung abgefeuert. Krankenwagen brachten Verletzte aus dem Kampfgebiet.

Auch 90 Kilometer östlich von Gaddafis Geburtsstadt Sirte beschossen sich beide Seiten mit Raketen. Anti-Gaddafi-Einheiten rückten mit Artillerie vor.

Mindestens 30.000 Tote

Der Aufstand gegen das Regime von Muammar al Gaddafi hat nach Angaben der lybischen Rebellen bisher mindestens 30.000 Menschen das Leben gekostet. Zudem seien in dem mehr als sechs Monate dauernden Konflikt 50.000 Menschen verletzt worden, sagte Nadschii Barakat, Gesundheitsminister der Aufständischen, am Donnerstag dem Sender Libya TV.

Es handele sich um vorläufige Zahlen, die sich auf Angaben von Krankenhäuser, Kommunalvertreter und Rebellenführer stützten. Mindestens 4.000 Menschen würden noch vermisst.

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6 Kommentare

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  • E
    EuroTanic

    lese grade: "NATO verwendet Streubomben und Senfgas gegen Bani Walid - bombardierten die Stadt mit Streubomben und setzen Senfgas gegen die Einwohner der der Stadt ein - schwere Bombenangriffe der NATO. Es ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen Völkerrecht und internationale Standards." Wenn das stimmt müssen die alle vor Gericht!

  • SS
    @ Silvia: Gegen Meinungseinfalt: Alternative Internetmedien nutzen

    Ich würde noch als Zusatzlektüre zum hervorragenden Grünen Buch den alten Klassiker von Lenin 'Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus' (1917) lesen. Man erkennt schnell die hohe Aktualität dieses Buches und wie die internationalen Institutionen wie NATO, UNO, der 'Internationale Strafgerichtshof' und Interpol spätestens seit Ende des Kalten Krieges zu Instrumenten der neokolonialen Herrschaft und Kriegstreiberei verkommen sind. Die Massenmedien sind wie eh und je im Kapitalismus Sprachrohr der herrschenden Klasse - sei es direkt über Medienkonzerne oder indirekt über die kapitalfreundlichen Partei- bzw. Staatsmedien - die mitlerweile systemkonforme Genossenschaft TAZ bildet hier auch keine Ausnahme. Was wir hier über Libyen zu hören und zu sehen bekommen, ist durch den Filter der NATO-Medienpropaganda gegangen und entspricht nicht im Entferntesten der Realität. Was über Gaddafi und Libyen berichtet wird, ist eine klassische Form der psychologischen Kriegsführung und Gehirnwäsche, indem man Gaddafi dämonisiert und eine regelrechte Massenpsychose gegen ihn erzeugt. Im Gegensatz zu dem totalen medialen Zerrbild im Westen wird Gaddafi als Revolutionär und Freiheitsheld mit seinen herausragenden Leistungen für das libysche Volk und für Afrika gefeiert und verehrt. Der Entwicklungsindex der UNO spricht Bände über das, was Gaddafi für Libyen geleistet hat - aber davon hört und liest man hier NICHTS. Dass rückwärtsgewandte reaktionäre Elemente in Benghazi und die Al-Kaida das anderes sehen ist nichts Neues, neu ist nur, das die NATO diese Elemente bewaffnet hat und ihnen den Weg nach Tripolis ENTGEGEN DES MEHRHEITSWILLENS DER LIBYER - freigebomt hat. Nichts Neues ist es auch, dass die NATO und die herrschende Klasse im Westen ihre Kriege als humanitäre Großtaten verkauft - 50 bis 100 Tausend Tote sind doch die Öl-Billionen, geostrategische Kontrolle und die Rekolonialisierung Afrikas wert - da kann man schon mal das Blaue vom Himmel runterlügen!!! Ich kann jedem Leser der TAZ nur empfehlen, den systemkonformen Medien nichts mehr zu glauben und die neuen und alternativen Medien im Internet zur Meinungsbildung hinzuzuhiehen!!! Hier einige Links: http://www.my-metropolis.eu/Nachrichtenticker/Nachrichtenticker.php http://hinter-der-fichte.blogspot.com/ http://www.globalresearch.ca/index.php?context=home

  • B
    Bernd

    30.000 Tote und mindestens 50.000 Verletzte durch den Bürgerkrieg in Libyen. Während etablierte Medien wie die WAZ den bewaffneten Aufstand und den NATO-Einsatz als "Akt der Menschlichkeit" feiern (WAZ vom 10.9.11), hüllt sich die TAZ in beredtes Schweigen. Mich würde nicht wundern, wenn sie das Gemetzel in Libyen als "alternativlos" bezeichnen würde. Die Empörung über unnötige Opfer und Kriegsverbrechen durch die NATO ist nicht mehr die Sache dieser einstmal oppositionellen Tageszeitung... Traurig.

  • BA
    bitte anonym

    Wenn ich Gaddafi waer, haet ich erstmal eine SPFX Maske machen lassen, die mir aehnlich sieht, und einer meiner Kumpels hier und da mal anzieht, um Offizielle Begruessungen zu filmen, und es dann zu broadkasten, damit alle glauben ikke bin noch I'm Land, wobei ich ( wenn ich Gaddafi waere ) aber schon irgendwo anders bin, wo immer das auch sein mag; mit nem neuen Pass,der aber den gleichen Namen traegt, aber auf dem passbild graue Haare habe. Wuerde keiner erkennen, weil jeder sucht nach Mann in Turban.

     

    Und wenn mich ein polizist anhaellt wegens zu schnell gefahren, der wird sagen, Too funny, sie haben den gleichen Namen wie der von Libyen. Und dann hinzufuegt, wenn sie sich die Haare faerben weurden koennten sie fast sein doppel sein.

     

    Which reminds me.

    Charley Chaplin ist mal auf ein Charley Chaplin lookalike contest gegangen, und hat glat verloren, weil er als sich selber ging, ohne Baertchen.

     

    Mit viel Fantasie sind die moeglichkeiten des nicht entdeckt werden wollen4, im zeitalter von Plastic surgery, unendlich,sollte man meinen

     

    Send in the clowns

  • R
    rose

    Schön.Der Ghaddafi wird jetzt international gejagt.Wenn schon Verbrecher vor den ISTGH kommen sollen,dann werden sicher auch die Verbrecher zur Rechenschaft gezogen,die in Lybien z.B Verletzte in Krankenhäusern abschlachteten.Und das medizinische Personal gleich mit.Die pauschal Jagd auf Schwarze machen und reihenweise Massaker an "Gastarbeiter" verüben.

    Oder sind die Verbrechen der einen Seite weniger schlimm

    als die der anderen?

  • S
    Silvia

    also ich hab mir erst mal wieder das grüne buch bei amazon bestellt...mal sehen,wie es sich jetzt liest,ist schon länger her und habs auch irgendwie verloren,finde ist ein guter zeitpunkt es mal wieder zu lesen...