: 2.486 Sitzplätze
■ In Gelsenkirchen wurde der Grundstein für das erste deutsche Multiplex-Kino gelegt
Auf der zwei Meter großen Sahnetorte flattern deutsche und US-amerikanische Fähnchen: Im Autokino von Gelsenkirchen -Buer feiert Warner Brothers den Beginn der „Kino -Revolution“ in Deutschland. Für 25 Millionen Mark stampft der Konzern - vis-a-vis vom Parkstadion - sein hierzulande erstes Multiplex-Kino aus dem Boden. Und damit auch alle merken, daß die Lichtburg an der Emscher erst den Auftakt zur Eroberung des bundesdeutschen Kinomarktes darstellen soll, inszenierte Warner am vergangenen Donnerstag vor laufenden Kameras seine eigene Publicity-Show: Ein Bagger durfte in einem vorher präparierten Loch buddeln, Gelsenkirchens Bürgermeister, Johannes Demere, den Grundstein legen und ein Notar beaufsichtigen, wie die Sahnetorte, die in Wirklichkeit zur Hälfte aus Plastik und Styropor war, vermessen wurde - fürs Guiness-Buch der Rekorde.
Die Repräsentanten des Filmmultis dankten im „Namen der ganzen Warner-Familie“ dem Bürgermeister, der wiederum den „unternehmerischen Wagemut“ von Warner bewunderte. „Ganz unbürokratisch“, freute man sich gemeinsam, wurde in nur 103 Tagen das ganze Projekt genehmigt. Schon zu Beginn des nächsten Jahres soll Eröffnung gefeiert werden.
2.486 Sitzplätze in neun Sälen werden dann in dem Glas -Beton-Klotz Platz finden, dazu Restaurants der „Erlebnisgastronomie“ mit einem „neuartigen Pizza-Konzept“ und Shops mit Popcorn und Cola in vier Größen (Gewinnspanne: 700 Prozent). Vom Film bis zu den Videos, Büchern und „Filmsouvenirs“ in den „Novelity-Shops“ kommt dann alles aus einer Hand: von Warner. Nicht durch den Kartenverkauf, sondern mit diesen Zusatzangeboten (in Gelsenkirchen kommen noch 15 Bowlingbahnen und ein englischer Pub dazu) will der Medienkonzern mehr als die Hälfte des Gewinns machen. Andernorts sollen Eislaufhallen, Spaßbäder, Tanzclubs und Hotels die Multiplex-Kinos zu „modernen Kommunikationszentren“ machen. 15 solcher Projekte sollen realisiert werden, konkrete Pläne gibt es bereits für Dortmund und Hamburg.
Ebenso gut im Geschäft ist „United Cinema International“ (UCI). Das Unternehmen, das in Großbritannien schon mehr als ein Dutzend Multiplex-Kinos besitzt, will weitere 30 in der Bundesrepublik hochziehen. Gebaut wird bereits neben dem Bochumer Einkaufszentrum „Ruhrpark“ und in Köln-Hürth.
Konkurrenz, so Warner-Sprecher Dirk Budka, mache man mit diesem Kinokonzept nicht den Programmkinos, sondern nur den „schlecht geführten Schachtelkinos“ in den Innenstädten. „Und die“, meint Budka, „haben es auch nicht besser verdient.“ Ihm macht bei der Gelsenkirchener Planung nur noch eines Sorgen: Mit seinen knapp 2.500 Sitzplätzen sei das Haus wahrscheinlich von Anfang an zu klein.
Ute Bertrand
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