berliner szenen: 24 Stunden Kompetenz
Bankgeheimnis
Meine Bank ist umgezogen. Von der Kantstraße in die Otto-Suhr-Allee. Meine Bank, die früher Deutsche Bank hieß, heißt jetzt Bank 24. Man kann jetzt nämlich 24 Stunden am Tag banken, wenn der Internetanschluss bezahlt ist. Dass die Bank 24 eine Bank 24 geworden ist, damit die Deutsche Bank nach einer möglichen Fusion mit einer anderen Bank, die Kunden der Bank 24 an eine dritte Bank verkaufen kann, stand im Wirtschaftsteil einer Zeitung. Zur Umbenennung bekam ich einen schönen Brief, in dem stand, dass jetzt alles besser wird: verinternetzt, multikommunikativ und mit schickeren Farben. Zum Um- und Zusammenzug meiner Bank-24-Filiale mit einer anderen Bank-24-Filiale, der unter anderem deshalb nötig wurde, weil die Deutsche Bank die Bank 24 bislang noch nicht an eine dritte Bank veräußern konnte, da sie noch mit keiner zweiten Bank zusammengegangen ist, schickte man mir wieder einen schönen Brief, der mir nicht mitteilte, dass man aus Gründen der größeren Wirtschaftlichkeit Miete und Personal zu sparen gedenke. Vielmehr hieß es, der Umzug sei sicher unbequem für mich als Kunden, die Zusammenlegung aber bringe Vorteile. Nun gebe es nämlich ein Team mit geballter Kompetenz in Bauspar-, Fonds- und Aktienfragen. Nur bin ich für kompetente Teams nicht der richtige Kunde. Ich stehe bloß am Bankschalter, mache ein liebes Gesicht und erweiche Herzen eines beinahe kompetenten Teams, das unter Seufzern meinen Kreditrahmen um wenige hundert Mark zu erweitern sich nicht schämt. Bei einem blitzkompetenten Team wird es nun sicher schwerer sein, das fachkundige Hirn gegen das durchschnittliche Bank-24-Filialisten-Herz auszuspielen. Dazu ist der Bettelweg jetzt länger. Ich bin der falsche Kunde. Will nur Geld. JS
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