: 220 Thailänderinnen ausgebeutet
■ Bordellbesitzer in Berlin wegen Frauenhandels vor Gericht / In Hildesheim knapp fünf Jahre Knast gefordert
Berlin (taz) - Zwölf mutmaßliche Zuhälter, Bordellbtreiber und Schlepper stehen in Berlin vor Gericht. Ihnen wird vorgeworfen, 220 Thailänderinnen ausgebeutet zu haben. Erst nach langwierigen Ermittlungen konnten die zwei bislang größten Prozesse gegen Frauenhändler im Kriminalgericht Moabit eröffnet werden. Vor der 16. Strafkammer müssen sich der 43jährige Joachim F. Und sechs Mitangeklagte - darunter zwei Thailänderinnen und eine Marokkanerin - verantworten. Ihnen wird zur Last gelegt, zwischen Juni '86 und April '89 in über zehn Bordellen rund 200 thailändische Frauen für sich arbeiten gelassen zu haben. Gleichzeitig begann vor der 15. Strafkammer erneut der Prozeß gegen den 39jährigen Thailänder P., zwei Thailänderinnen und zwei Deutsche.
Der Hauptangeklagte soll zwischen Februar und August '88 Mitinhaber eines bordellartigen Klubs gewesen sein und dort über 20 Thailänderinnen in wirtschaftlicher Abhängigkeit gehalten haben. Der Prozeß hatte bereits vergangen September begonnen, war dann aber ausgesetzt worden, weil zunächst die nach Thailand abgeschobenen Prostituierten ausfindig gemacht und als Zeuginnen geladen werden sollten. 21 wurden inzwischen ermittelt, es ist bisher aber unklar, ob sie zur Vernehmung in Berlin erscheinen werden, da die Aussagen freiwillig sind. Beide Prozesse gehen am 11. Januar im Berliner Landgericht weiter und werden voraussichtlich bis ins Frühjahr hinein dauern.
In Hildesheim bald
ein Urteil
Im Frauenhändler-Prozeß in Hildesheim hat der Staatsanwalt vorgestern vier Jahre und neun Monate Gefängnis für den Hauptangeklagten gefordert. Dem 44jährigen deutschen Bordellbesitzer wird vorgeworfen, zwischen 1985 und 1988 Thailänderinnen in die BRD gelockt und sie in Bordellen in und um Hannover zur Prostitution gezwungen und ausgebeutet zu haben. Mitangeklagt ist seine 38jährige thailändische Ehefrau. Sie soll, wenn es nach der Staatsanwaltschaft geht, vier Jahre hinter Gitter. Die Verteidigung sprach sich gestern für kein festes Strafmaß aus.
Bei diesem Prozeß, der bereits seit April 89 läuft, wurden zum ersten Mal in der BRD bereits abgeschobene Zeuginnen in ihrem Heimatland ermittelt und zum Prozeß eingeflogen. In einem ersten Urteil im September vergangenen Jahres wurde bereits ein 45jähriger Mann wegen Beihilfe zur Förderung der Prostitution und Verstoßes gegen das Ausländergesetz zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten zur Bewährung verurteilt.
Am 12. Januar um 9.00 Uhr wird der Prozeß im Landgericht Hildesheim fortgesetzt. Möglicherweise fällt dann auch das Urteil.
uhe
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