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17.000 Verbraucher von Abzocke bedrohtBankdaten illegal gehandelt

Eine Firma in Nordrhein-Westfalen hat offenbar die Kontodaten tausender Verbraucher verscherbelt. Datenschützer vermuten einen Zusammenhang zu illegalen Abbuchungen.

Ich beobachte dich - und gerne auch deine Bankdaten. Bild: dpa

In Deutschland werden offenbar die Bankdaten tausender Verbraucher illegal gehandelt. Der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein sowie dem dortigen Datenschutzbeauftragten wurde am Montag von einem ehemaligen Mitarbeiter eines Callcenters eine CD mit den Daten von 17.000 Bürgern zugespielt.

Die Firma des Informanten heißt nach taz-Informationen Eurochance und sitzt im nordrhein-westfälischen Viersen. Sie soll die Angaben an andere Callcenter verkauft haben. Auf der CD sind neben Namen, Geburtsdaten, Adressen und Telefonnummern auch die jeweiligen Kontoverbindungen gespeichert. Die Datenstruktur weise darauf hin, dass die Angaben ursprünglich von Lottofirmen wie der Süddeutschen Klassenlotterie SKL stammen, hieß es in Kiel.

"Das ist ein erschreckender Fall von Datenmissbrauch", sagte der Datenschutzbeauftragte Schleswig-Holsteins, Thilo Weichert, der taz. "Wir ahnten, dass solche Daten im Umlauf sind. Jetzt haben wir es schwarz auf weiß." Die CD sei an die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach weitergeleitet worden.

Die Ermittlungen dürften sich auf Eurochance konzentrieren. Deren Name tauchte bereits Ende letzter Woche im Onlineverbraucherportal Antispam.de auf. Ein Nutzer, der sich dort als Mitarbeiter des Unternehmens ausgab, beklagte den Datenhandel seines Arbeitgebers und kündigte im Forum ein Treffen mit der Verbraucherzentrale in Schleswig-Holstein an, um die Praxis öffentlich zu machen.

Klären muss die Staatsanwaltschaft auch, wem die Firma die Daten verkauft haben könnte und ob ein Zusammenhang zu jüngsten Missbrauchsfällen von Glücksspielanbietern besteht. Verbraucherzentralen in ganz Deutschland hatten in den letzten Wochen einen rapiden Anstieg an Beschwerden registriert. Der Sprecher der Zweigstelle in Schleswig-Holstein, Thomas Hagen, sagte: "Uns sind die ersten Fälle bekannt, in denen von Konten der betroffenen Verbraucher abgebucht wurde, obwohl diese unmissverständlich jegliche Teilnahme an einem Glücksspiel ablehnten."

Laut den Verbraucherzentralen Brandenburg und Hessen sind bundesweit rund 500 Fälle solcher illegalen "cold calls" bekannt. Fast alle Proteste richteten sich gegen die Firma LottoTeam aus Köln, sagte der Sprecher der Zentrale in Brandenburg, Hartmut Müller. In allen Fällen hätten die Betroffenen berichtet, ihnen seien nach einem Werbeanruf der Lotto-Firma Beträge abgebucht worden, obwohl sie ihre Kontodaten nicht angegeben hatten. Man habe deshalb bereits eigene Schritte gegen LottoTeam eingeleitet. "Wir haben die Firma gestern abgemahnt", berichtete Müller. "Die Beschwerden haben in den letzten Wochen deutlich zugenommen", sagte auch die Sprecherin der Zweigstelle in Hessen, Ute Klaus.

Das Kölner Unternehmen wie auch die SKL hätten sich jedoch umgehend in Kiel gemeldet, betonte Datenschützer Weichert: "Beide haben uns ihre Kooperation zugesichert, um schnellstmögliche Klärung zu erreichen." In einer Erklärung versicherte die SKL am Nachmittag, man habe "nie Daten von ihren Kunden an Dritte weitergegeben".

Weichert riet Verbrauchern, Kontoauszüge regelmäßig zu prüfen. Bei nicht zuzuordnenden Transaktionen solle man sofort widersprechen. "Wir fordern auch die Betroffenen auf, sich bei uns Datenschützern, bei Verbraucherschützern, Polizei und Staatsanwaltschaft zu melden."

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3 Kommentare

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  • B
    Borse

    Gestern - 15.12.08 - erhielt ich einen Anruf der Fa. "bonustip 49": Es wurde behauptet, ich hätte vor Monaten einen Vertrag unterzeichnet und es werde nun nachgefragt, ob ich diesen für die nächsten 3 Monate (Jan-Mz. 2009) verlängern wolle. Die Abbuchungen dazu würden automatisch erfolgen. Als ich nachfragte, um was für einen Vertrag es denn gehe, ich vor allem die Adresse und Fax-Nr. der Firma haben wollte, wurde sofort aufgelegt, ohne die Adresse oder gar die Nr. zu nennen. Was kann, was soll man dagegen tun ?

  • HD
    Harald Dilli

    Diese Praktik betrifft nicht nur die Fa. Lotto-Team. Ich selbst habe auch Ärger mit solch einer Lotto-Firma, den Namen darf ich aus rechtlichen Gründen leider nicht nennen. Die gehen mir schon seit Monaten auf den Wecker, wegen einer angeblichen Verlängerung meiner Teilnahme. Ruhe geben die trotzdem nicht, das abgebuchte Geld habe ich wieder zurückgeholt, mal sehen,was jetzt kommt. Mahnungen werfe ich in den Mülleiner. Hat irgend jemand auch eine Rechnung per e-mail von einer Fa. aus Graz (Österreich), wegen eins angeblichen Downloads erhalten?

  • H
    h.hoehne

    Schön, dass diese ganzen Praktiken jetzt endlich mal auf den Tisch kommen. Ich bin selber ein Opfer von LottoTeam und habe festgestellt, dass das schon seit vielen Jahren so geht, ohne dass es wirklich jemanden (außer den Betroffenen) kratzt. Mit Sicherheit ist das nur eine von vielen Daten-CDs, die im Umlauf sind, denn ich habe z.B. nie bei der SKL oder einer anderen Lotterie mitgespielt.