: 150 Gramm TNT in Herties Weinregal
■ Erneut Bombe in einer Hertie-Filiale deponiert / Sie explodierte wegen technischen Defekts nicht / Übereinstimmungen mit Anschlag auf Spielwarenabteilung
Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage mußte gestern in einer Filiale des Kaufhauses Hertie Bombenalarm ausgelöst werden. Nachdem am vergangenen Freitag in der Spielzeugabteilung von Hertie in Neukölln ein Sprengsatz explodiert war, war die explosive Ladung diesmal in der Lebensmittelabteilung der Hertie-Filiale in der Wilmersdorfer Straße deponiert worden. Bei einer Berliner Zeitung war eine Bombenwarnung eingegangen. Die Bombe detoniert aber aufgrund eines technischen Defekts nicht. Nach Angaben der Polizei hat der Sprengstoffbehälter, der 150 Gramm TNT und ein Selbstlaborat enthielt, möglicherweise schon tagelang unter einem Regal gelegen. Eine Explosion hätte katastrophale Folgen haben können.
Nach dem „ersten Eindruck“ des Abteilungsleiters Kaiser gibt es gewisse „Übereinstimmungen“ zwischen dem versuchten und dem vollendeten Anschlag. Der Sprengsatz war am frühen Nachmittag unter einem Weinregal in der Hertie -Lebensmittelabteilung gefunden worden, nachdem die im Erdgeschoß gelegene Abteilung mehrere Stunden geschlossen und von über 50 Polizeibeamten systematisch durchsucht worden war. Der Hinweis auf den Sprengsatz war am Vormittag bei der 'BZ‘ eingegangen. Der Brief war mit Maschine geschrieben und am 11.Juli in Berlin aufgegeben worden. Er beinhaltete nach Angaben von Kaiser nur die dürren Sätze: „Vorwarnung. Bei Hertie in der Wilmersdorfer Straße liegt eine scharfe Bombe in der Lebensmittelabteilung.“
Kaiser erklärte, daß der Sprengsatz jetzt von der Polizei untersucht werde. Nach einem ersten Eindruck werde eine Übereinstimmung mit dem bei dem vollendeten Anschlag verwendeten Sprengsatz vermutet, weil beide in „gleichartigen Blechkästen“ aufbewahrt worden seien. Erkenntnisse, die auf eine Erpressung oder ein ähnliches Motiv schließen ließen, lägen nicht vor. Es werde „nach allen Seiten“ gegen Unbekannt ermittelt.
Auch der Hertie-Verkaufsdirektor Engeln erklärte auf Nachfrage, daß der Konzern - wie die Polizei - bezüglich des Tatmotivs völlig im Dunkeln tappe. Im Gegensatz zu anderen Sprengstoff-Anschlägen, sei nach dem Anschlag auf die Spielwarenabteilung „überhaupt nichts“ eingegangen. Noch größere Besorgnis hat bei dem Verkaufsdirektor aber die Tatsache hervorgerufen, daß der Sprengsatz am Freitag „während der Geschäftszeit in der von Kindern stark frequentierten Spielwarenabteilung explodierte“. Der Sprengsatz war nach Erkenntnissen der Kripo in einer Verpackung für Legosteine versteckt gewesen. Wie durch ein Wunder war ein fünfjähriger Junge, der sich in unmittelbarer Nähe des Regals aufgehalten hatte, unverletzt geblieben.
plu
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