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130 Bombensucher

■ Staatsschutz-Pressekonferenz zu der Bomben-Serie auf Hertie-Kaufhäuser Angeblich immer noch keine neuen Erkenntnisse bezüglich Täter und Tatmotiv

Wer sich von der gestrigen, kurzfristig angesetzten Pressekonferenz im Landespolizeipräsidium konkretere Erkenntnisse über die Bomben-Serie bei Hertie versprochen hatte, wurde entäuscht: Abgesehen davon, daß für Hinweise zur Aufklärung 20.000 Mark Belohnung ausgesetzt wurden und Bestandteile des Sprengsatzes besichtigt werden konnten, gab's nichts Neues.

Zur Besichtigung freigegeben worden waren die Aluminumbehälter, in denen sich die bei Hertie gefundenen Sprengsätze befunden hatten. Sie wurden nach Angaben des Staatschutzleiters Kaiser 1979 von der Firma RoKo in Bayern gefertigt und dann bei TeKaDe-Gerätebau in Nürnberg weiterverarbeitet. Die Geräten fanden bei der Deutschen Bundespost als Regel- oder Streckenverstärker sowie als Entzerrer für das Kabelfernsehen Verwendung. Inzwischen sind sie veraltet und landen deshalb nach und nach als Aluminiumschrott in einer westdeutschen Gießerei. Der verwendete Sprengstoff - soweit nicht Selbstlaborat - und die Zünder stammen nach Angaben von Kaiser vermutlich aus militärischer Munition aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Schaltuhren wurden in Großhandelsgeschäften vertrieben. Kaiser versicherte auf Nachfrage, daß der oder die Täter immer noch keine Forderungen gestellt hätten. Es werde weiterhin nach „allen Seiten“ ermittelt, wenngleich die Tatausführung aber mehr auf ein finanzielles Motiv als auf ein politisches schließen lasse. Nicht dementiert wurde von Kaiser, daß die Sonderkommission auf 130 Beamte aufgestockt wurde und die Kommisson vom BKA mit technischem Sachverstand versorgt werde.

Bezugnehmend auf den Kommentar „Bombenstimmung“ in der taz von gestern erklärte der Leiter des Staatsschutzes leicht entrüstet, die Sprengstoffexperten gefährdeten keineswegs leichtfertig Menschenleben. Zurückgewiesen wurde von ihm auch, daß die Beamten nur „unvollständig geräumt“ hätten, weil Herties kommerzielle Interessen vorgingen. Es gebe auch „nicht die geringsten Anhaltspunkte“ dafür, daß Hertie Informationen vor der Polizei geheimhalte, betonte Kaiser.

Gestern hatte bei Hertie-Siemensstadt für kurze Zeit Bombenalarm geherrscht. Der verdächtige Gegenstand in der Korbwarenabteilung hatte sich dann jedoch als leere Geldkassette entpuppt.

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