: 13 Millionen für Selbstorganisierte
■ Zusammenschluß von Initiativen fordert 260 neue Stellen in 102 selbstorganisierten Projekten
13 Millionen Mark fordern selbstbewußt die selbstorganisierten Projekte Bremens vom Senat, für 260 neuzuschaffende Stellen in 102 Projekten. „Nicht ein bißchen was fürs Ostertor, für ein paar alternative Projekte, sondern zur Aufrechterhaltung der sozialen und kulturellen Infrastruktur der Stadt“, wollte gestern Nico Diemer vom Verband „Netzwerk-Selbsthilfe“ vor JournalistInnen einem „möglichen Mißverständnis“ gleich vorbeugen.
Nachdem die Zahl der ABM-Stellen in wenigen Jahren von rund 5.000 auf inzwischen nur noch 3.000 heruntergefahren wurde, stehen zahllose Initiativen und Projekte entweder kurz- oder mittelfristig vor dem Aus. So arbeiten beim Notruf für vergewaltigte Frauen und auch beim La
gerhaus Schildstraße mit zehn gemeinnützigen Vereinen unter einem Dach praktisch nur noch zwei AnrufbeantworterInnen.
Die Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit hatte die Bremer Mittel drastisch zusammengestrichen und zudem die Quote für die sogenannten AkademikerInnen-Stellen auf 20 von ehemals über 30 Prozent gesenkt. Um zumindest die 3.000 ABM-Stellen mit dem wenigen Geld halten zu können, gibt das Bremer Arbeitsamt - mit zusätzlichen Auflagen, zum Beispiel einer festangestellten Stammkraft - nur noch 75 Prozent der Mittel zu, den Rest steuert der Senator für Arbeit über einen Sonderfonds bei. „Diese Hilfe gilt aber nur für Gruppen, die überhaupt noch ABM bekommen, und das ist bei den meisten selbstorganisierten Projekten
eben nicht mehr der Fall“, so Diemer.
Daß es nicht um Freizeitspäße für arbeitslose LehrerInnen oder SozialpädagogInnen geht, sondern um gesellschaftlich notwendige und inzwischen unentbehrliche Arbeiten, betonen die ProjektlerInnen. Damit nicht jede Initiative zum Betteln im Rathaus vorstellig werden muß, haben sich die selbstverwalteten Projekte zu geballter Kraft zusammengeschlossen und in einem Personalmittel-Plan 53 Stellen für autonome Frauenprojekte, 44 Stellen für Gruppen im Gesundheitsbereich, 24 für Arbeitslosen-Initiativen, 14 für Recycling und Umwelt, 44 für Kultur, 40 für Krabbelgruppen, und 10 für selbstorganisierte Ausbildung gefordert. „Ohne unsere Arbeit bricht die soziale und kulturelle
Infrastruktur der Stadt zusammen“, erklärte Diemer, „das sind keine Sonderveranstaltungen für gute Zeiten.“ Es sei ein Unding, daß die Stadt die immer spärlicher fließenden ABM-Mittel verteile nach dem Motto „Was ist wichtiger, der Notruf für Vergewaltigte oder der Treff für Benachteiligte in Kattenturm, die sonst nur noch saufen können?“ Unrealistisch finden die ProjektvertreterInnen ihre „vielleicht erst mal relativ hohe“ Forderung nicht. Diemer: „Wir müssen einen politischen Prozeß anschieben schließlich haben die Bürgerhäuser auch mal anders angefangen!“ S.P
Heute gehen die Projekte mit ihren Forderungen und Selbstdarstellungen an die Öffentlichkeit (10-13 Uhr Ansgariplatz) und machen ab 13 Uhr eine Aktion auf dem Marktplatz vor der Bürgerschaft.
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