11 Freunde + 1: Trainer Schaafs Auftritt als Trapattoni des Nordens
Mumie mit kleinen Sehschlitzen
VfB-Trainer Felix Magath hatte seine Standardfloskeln schon heruntergespult und war mit den geschlagenen Schwaben eilig unterwegs zum Flughafen, als der Kollege vom SV Werder Bremen zu ungeahnter Form auflief. Thomas Schaaf, sonst nicht gerade als Meister-Rhetor bekannt, gab am Sonntag nach dem 3:1-Erfolg gegen Stuttgart zunächst das übliche minimalistische „Ich-sach-mal“-Statement ab: „Wir sind natürlich sehr froh, dass wir heute das Spiel gewonnen haben“, analysierte Schaaf messerscharf – um dann zu einem Monolog des murrenden Knurrens anzuheben.
„Der Motor lief heute nicht ganz so rund“, begann der siegreiche Übungsleiter zu mäkeln. Man habe über weite Strecken „nicht zu unserer Sicherheit gefunden und zu schnell die Bälle verloren“. Und außerdem nütze Freistoßtor-Schütze Mladen Krstajic seine Schuss-Stärke viel zu selten. Als ihn dann noch ein Reporter mit der investigativen Frage behelligte, was Ailton für Werder so wertvoll mache und warum man ihn über 2004 hinaus an den Verein binden wolle, rollte Schaaf mit den Augen – und antwortete mit trockenster Lakonie: „Nun, wertvoll machen ihn seine geschossenen Tore. Und bleiben soll er, damit er noch mehr Tore schießt.“
Einmal mit dem Raunzen angefangen, ließ sich des Trainers Redefluss kaum noch stoppen. Und dass der Schiedsrichter kurz vor Spielschluss ausgerechnet ihn, den kühlen Braven, auf die Tribüne verbannt hatte, nagte derart an Schaaf, dass er sich gar zu einem nordischen Plädoyer fürs trapattonieske Gezappele hinreißen ließ: „Wenn man seine Emotionen nicht mehr rauslassen darf, wenn ich eingewickelt in einen Teppich, wie eine Mumie mit kleinen Sehschlitzen, auf der Trainerbank sitzen muss, dann fragen sich doch die Fans auf der Tribüne, ob ich jetzt eingeschlafen bin oder irgendwelche Pillen genommen habe.“ Anstatt stocksteif auf der Trainerbank herumzusitzen, könne er sich „dann ja gleich daheim vor den Fernseher setzen und die Wand anschreien“. Zu gerne würde man da Mäuschen spielen. jox
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