10.000 Soldaten starten Bodenoffensive: Türkei marschiert in den Nordirak ein
Trotz tiefen Schnees startet die Türkei eine Bodenoffensive gegen Lager der kurdischen PKK im Nordirak. 10.000 Soldaten sind an der Aktion beteiligt.
Die türkische Armee hat in der Nacht von Donnerstag auf Freitag mit rund 10.000 Soldaten die Grenze zum Nordirak überquert. Nach Angaben türkischer Fernsehsender ist die Armee bis gestern Mittag rund 10 Kilometer tief in den Irak eingedrungen. Der Bodenoffensive vorausgegangen waren schwere Bombardements, sowohl aus der Luft als auch mit schwerer Artillerie. Nach Angaben der nordirakischen Autonomieregierung wurden dabei mehrere Dörfer bombardiert und zwei wichtige Brücken in der Nähe der Stadt Dohuk zerstört. Über Opfer unter der Zivilbevölkerung war zunächst nichts bekannt. Nach einer Erklärung des türkischen Generalstabs handelt es sich bei dem Einmarsch um eine begrenzte Aktion, die so schnell wie möglich beendet werden soll. "Wir werden nach Erreichen unserer Ziele sofort auf türkisches Territorium zurückkehren. Die Operation richtet sich ausschließlich gegen die PKK und nicht gegen die kurdische Bevölkerung im Nordirak", betonte das Militär.
Am Donnerstagabend hatte unmittelbar vor Beginn des Einmarsches der türkische Präsident Abdullah Gül seinen irakischen Kollegen Jelal Talabani von der Militäraktion unterrichtet. Auch Ministerpräsident Tayyip Erdogan sprach mit seinem irakischen Kollegen al-Maliki, um irakische Befürchtungen zu zerstreuen.
Obwohl der türkische Außenminister Ali Babacan erst vor zwei Tagen noch einmal betont hatte, dass die Regierung sich die Option eines Einmarschs offen halten würde, kam die Militäroperation zum jetzigen Zeitpunkt doch völlig überraschend. Nach wie vor ist das sehr bergige Grenzgebiet zwischen der Türkei und dem Irak tief verschneit. Im türkischen Fernsehen laufen auf allen Kanälen Bilder, die Soldaten in Schneeanzügen zeigen, die in langen Kolonnen über verschneite Wege marschieren. Die Soldaten - insgesamt zwei Brigaden - werden von geländegängigen Radpanzern unterstützt. Außerdem sollen mehrere hundert Hubschrauber im Einsatz sein.
Obwohl Sprecher der PKK jetzt davon reden, die türkische Armee hätte die lange befürchtete Frühjahrsoffensive begonnen, kann angesichts der Witterungsverhältnisse davon kaum die Rede sein. Mit ihrem Vormarsch kann die Armee vielleicht grenznahe Verstecke der PKK erreichen, sicher aber nicht das Hauptquartier der Guerilla in den Kandil-Bergen, das gut 200 Kilometer von der türkischen Grenze entfernt ist.
Vorangegangen waren der Militäroperation Kämpfe auf der türkischen Seite der Grenze, bei denen vor einer Woche zehn PKK-Kämpfer erschossen worden sein sollen. Die PKK-nahen Nachrichtenagenturen bestätigten neun Tote. Dazu kamen in den letzten Tagen heftige Auseinandersetzungen in mehreren grenznahen Städten. Ausgangspunkt waren Demonstrationen anlässlich des neunten Jahrestages der Festnahme von PKK-Chef Abdullah Öcalan.
Die USA und die Europäische Union kritisieren den Einmarsch. Der außenpolitische Repräsentant der EU, Javier Solana, sagte, der Einmarsch sei, bei allem Verständnis für den Kampf gegen die PKK, der falsche Weg, um das Problem zu lösen. Es drohe damit eine Destabilisierung der gesamten Region. Das Oberkommando der US-Armee in Bagdad war von der Türkei vorab unterrichtet worden und erklärte gestern, es handele sich nur um eine begrenzte Operation.
Erst vor wenigen Tagen war ein Vertreter des US-Generalstabs aus Washington in Ankara. Man kann deshalb wohl davon ausgehen, dass das Pentagon in die Planung des türkischen Generalstabs eingeweiht war.
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