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Atom-Ethikkommission trifft sich erstmals"Abschalten sagen reicht nicht"

Am Montag tagte erstmals die Atom-Ethikkommission. Sie soll Merkel helfen, die Probleme beim Turboausstieg zu lösen. Die Vorsitzenden halten wenig von übereiltem Aktionismus.

Die beiden Vorsitzenden der Atom Ethik-Kommission: Klaus Töpfer und Matthias Kleiner. Bild: dpa

BERLIN dpa | Die neue Ethikkommission zur Atomkraft soll mehr Gewicht erhalten als bislang bekannt: Das am Montag erstmals zusammengetretene Gremium wird auch die Folgen eines beschleunigten Atomausstiegs für den Klimaschutz und Stromimporte beleuchten. "Das alles soll in der Kommission diskutiert und auch bewertet und gewichtet werden", sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin.

Dem "Rat der Weisen" gehören Vertreter von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft und Kirchen an. Laut Merkel soll das Gremium Mitte Mai die Ergebnisse der Reaktorsicherheitskommission bekommen, die sich bei der technischen Sicherheitsüberprüfung der 17 deutschen Atomkraftwerke ergeben haben.

Bis zum 27. Mai soll die Kommission dann einen Bericht vorlegen. Dieser ist für die schwarz-gelbe Bundesregierung die Basis für ein mögliches neues Atomgesetz mit weniger Atomkraftwerken und kürzeren Restlaufzeiten. Im Rahmen des dreimonatigen Moratoriums sind die sieben ältesten AKW und die Anlage Krümmel derzeit abgeschaltet.

Merkel würde es begrüßen, wenn die Kommission ihre weiteren Sitzungen öffentlich abhält und diese übertragen werden. Die von ihr eingesetzte Kommission soll klären, unter welchen Bedingungen die Nutzung der Kernenergie in Deutschland nach der Reaktorkatastrophe von Japan schneller beendet werden kann und welche Nachteile in anderen Bereichen, etwa beim Klimaschutz durch einen weiterhin hohen Kohlestromanteil, in Kauf genommen werden sollen.

Nach Ansicht des Kommissionsvorsitzenden Klaus Töpfer kann man nicht überstürzt aus der Atomkraft aussteigen. "Es reicht nicht zu sagen: Wir schalten ab", sagte der frühere CDU-Umweltminister den Ruhr Nachrichten. Der hiesige Industriestandort brauche eine stabile Stromversorgung. "Man muss es in einer Weise lösen, dass nicht soziale Verwerfungen in Kauf genommen werden. Wir müssen sehen, dass die Energiepreise für viele Menschen eine große Belastung in ihrem Einkommen darstellen", betonte Töpfer zudem im RBB-Inforadio.

Der Co-Vorsitzende in Merkels "Rat der Weisen", der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft Matthias Kleiner, sagte der Rheinischen Post: "Jede Technologie, die für Menschen heute unkalkulierbar und nicht beherrschbar ist, ist eine Hypothek, die wir unseren Kindern nicht hinterlassen dürfen". Zugleich mahnte er in der Financial Times Deutschland, es bringe nichts, wenn zwar einige Anlagen abgeschaltet würden, dafür aber Atomstrom importiert werden müsse.

Auch Merkel will ein solches Szenario vermeiden. Nach der Abschaltung der ältesten Atomkraftwerke gibt es in Deutschland aber einen Anstieg von Atomstromimporten aus Frankreich und Tschechien. Die Höhe der Importe aus Frankreich betrage bis zu 3000 Megawatt (MW) und aus Tschechien bis zu 2000 MW, teilte RWE am Montag mit. Dies sei etwa vom 20. bis 22. März um 18 Uhr der Fall gewesen. Zugleich gibt es aber auch weiterhin Export von Strom, so wurden am Montagmittag rund 3.000 Megawatt exportiert – letztlich hängen Schwankungen auch damit zusammen, wo gerade der billigste Strom produziert wird und nicht nur mit AKW-Abschaltungen. Die Sprecherin von Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) betonte: "Wir bleiben Nettostrom-Exporteur".

Am Ende müsse die Kommission zu einer nationalen Energiestrategie kommen, die von der gesamten Gesellschaft als Leitlinie für die nächsten Jahrzehnte akzeptiert werde, sagte Kleiner. "Dafür werden alle Beteiligten aufeinander zugehen müssen."

Die SPD wird nach den Worten ihrer Generalsekretärin Andrea Nahles dem von der Bundesregierung angestrebten neuen Atomkonsens nur zustimmen, wenn dieser nicht hinter das rot-grüne Abschaltgesetz zurückfällt. Auch dürften die jetzt abgeschalteten Atomkraftwerke nicht wieder ans Netz gehen, sagte Nahles am Montag in Berlin. Rot-Grün wollte bis etwa 2022 komplett aus der Atomkraft aussteigen.

Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierte, die Ethikkommission solle den neuerdings atomkritischen Kräften in Union und Koalition lediglich zu Rückendeckung in den eigenen Reihen verhelfen. Die Argumente gegen die Atomkraft lägen lange auf dem Tisch, die ethische Debatte darüber sei längst geführt. Die Vorsitzende des Umweltausschusses, Eva Bulling-Schröter (Linke), bezeichnete die Kommission als überflüssig. Alle mit dem Ausstieg zusammenhängenden Fragen gehörten in den Bundestag.

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5 Kommentare

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  • S
    Steffi

    Ich möchte gerne den Kommentar von Margarete flattrn.

  • M
    Margarete

    Abschalten: Onagawa, Rokkasho (WAA), Teile von Fukushima sind schon abgeschaltet bzw. zu Ruinen geworden.(Es besteht einfach keine Gefahr, wissen Sie ?) Von Higashidori weiss man nur, dass es mit Dieselkühlung läuft.

    In Japan weitere AKWs abschalten, in Fessenheim und im restlichen Frankreich, in Deutschland ebenso. Was passiert ? Die Profitmenge schmilzt, die Exportmenge ebenso, sonst erstmal nichts. Erhöhen die Atomstromer die Preise, wechseln die Konsumenten zu den Regenerativen. Kommt es zu schmerzhaften Preiserhöhungen im Industriekundenbereich, wird bei der Industrie erstmal die systematische Verschwendung überprüft und heruntergefahren. Da ist gaanz viiel Potential zum Einsparen, aber hallo !

    Hat man den Punkt überschritten, fängt man an, ernsthaft die Produktion energetisch zu optimieren.

    Da ist ebenfalls noch riesig Potential, denn Strom war bisher sehr billig !

    Bis dahin hat man schätzungsweise schon 60% der bisherigen Atomstrommenge reduziert - mit entsprechendem Sicherheitsgewinn. Gut, die schwarzen Kassen der Atomparteien werden auch aufgezehrt, das ist die erste "soziale Verwerfung" beim Atomausstieg. Arme Atomverkäufer ! Korruption muss halt gezielter eingesetzt werden, bei knapper werdenden Kaufsummen. "Pflege der Entscheiderlandschaft".

    Was wird das Kapital tun ? Nun, man wird halt überproportional mehr Investitionen in den regenerativen Zukunftsbereich lenken, um die "Margenkompression" im Atombereich wieder auszugleichen. Hat man konzernseitig bisher auch schon gemacht, kein Problem Jungs, weiter so !

    Lichter werden nicht ausgehen, denn Strömungsabriss im Energiegeschäft untergräbt das Kundenvertrauen in die "Versorger", ist also marketingmässig tödlich. Der Strom wird nach und nach ökologischer, so wie die Elbe kontinuierlich an Industriegiften verlor, als man endlich die DDR-Dreckschleudern stromaufwärts schloss. So einfach ist das. Alles Rumgezicke zwischendurch ist nur Lobbyistentheater, nich Frau Merkel ?

    Dann braucht es "nur" noch eine verlässliche Endlagerlösung und die kann nicht Gorleben und nicht Asse heissen. Gorleben muss von seinem riesigen atomaren Mühlstein um den Hals endlich befreit werden. Weniger Atommüll heisst auch weniger Risiko-Container im Wendland. Die Dringlichkeit, eine tragbare Endlagerlösung zu finden, bleibt bestehen. Für immer ?

  • S
    Sandra

    Ich bin ja schon gespannt, was Frau Höhn heute Abend Herrn Fleischhauer zu der Sache sagt. Könnte echt eine spannende Diskussion werden: http://on.fb.me/gnPIns

  • KF
    Öko Fritz

    Tranzparanz!!!

     

    Der Vorschlag ist super: das öffentliche Übertragen der Sitzungen!

     

     

    RWE droht schon wieder mit "Licht aus" und Angstnache!

    Das ist Quatsch, den Deutschland exportiert Strom!

     

    Und selbst wenn, der Strom zeitweise nicht reichen würde, wäre selbst eine zeitweise Unterversorgung eher hinzunehmen, als den permanten Risiken der Atomtechnik ausgesetzt zu sein!

  • PG
    Pedro Gül

    Atomstrom aus dem Ausland ?

    Ich kann es nicht mehr hören.

    Das ist doch ein verlogenes Argument. Wenn alle AKWs hier abgeschaltet werden und ein Teil des Stroms aus dem ausland importiert würde, dann wären die deutschen AKWs ..., na was ? Abgeschaltet! Jedes abgeschaltete AKW ist ein Gewinn.

    Und wenn sich dieser Co-Vorsitzende so windet, dann soll er doch darauf hinwirken, dass auch in anderen Ländern die AKWs abgeschaltet werden.

    Sorry, aber wegen diesem Argument galub ich zumindest dem kein Wort..