■ 1. FC Union und Senat: Drittklassige Clubs unter sich
Es bedurfte des deutschen Zauberworts „Identität“, damit der Senat einen seinerseits drittklassigen Fußballverein unterstützt, der durch Mißmanagement in die roten Zahlen geriet. „Sportpolitisch und gesamtstädtisch hatte Union hier [in Berlin, die Red.] einen besonderen Rang“, urteilte der frühere Sportsenator Jürgen Klemann (CDU) über den Club, der schon mehrmals knapp am Konkurs vorbeischlitterte. Vor dem Untersuchungsausschuß rechtfertigte er sich so, daß der Verein subventioniert wurde, obwohl „staatliche Sportförderung sicher nicht dazu da, ist, finanzielles Mißmanagement von Vereinen (...) aufzufangen“.
Klemann weiter: „Der 1. FC Union war in jenen Jahren – insbesondere seit 1993 – kein Verein wie jeder andere in der Stadt. Die Identifikation – gerade der Menschen im Ostteil der Stadt – mit dem FC Union war eine ganz besondere.“ Die Fußballer mit dem Beinamen „Eisern“ Union waren für Klemann auch ideologisch von Bedeutung. Als einer der wenigen Fußballvereine waren die Köpenicker angeblich frei von Stasi-Verbindungen. In den Augen gar des Sportsenators hieß das: Der 1. FC Union, ein „Widerstandsnest.“
Dabei diente die vom damaligen Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) eingefädelte Rettungsaktion vor allem dem Ziel, für die CDU im Ostteil der Stadt Boden gutzumachen. Auch der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen verwandte sich beim DFB für die Ostkicker.
Nicht zuletzt wurde dem Verein eine „Werbefunktion“ für Berlin attestiert. So sah man denn großzügig darüber hinweg, daß die Bilanz des Vereins Unregelmäßigkeiten aufwies und die Finanzkrise hausgemacht war. Klemann stellte im Ausschuß fest, der Verein habe sich zu viele Profi-Spieler geleistet, die „zudem auch vergleichsweise fürstlich bezahlt wurden, jedenfalls für eine zweite Liga“. Zeitweise wurden nicht einmal die Krankenkassen- und Rentenbeiträge für die Spieler bezahlt.
Die Finanzverwaltung erhoffte sich von der Rettungsaktion, daß der Verein wenigstens seine stattlichen Steuerschulden begleichen könne. Der Bezirk Köpenick wiederum hoffte, mit dem Deal die maroden Sportanlagen saniert zu bekommen.
Die sportliche Seite des Desasters: Die Rettungsaktion sollte dem Verein den Aufstieg in die zweite Bundesliga ebnen. Denn eine DFB-Lizenz gibt es nur mit geordneten finanziellen Verhältnissen. Inzwischen ist der FC Union aber auch sportlich auf dem absteigenden Ast. Nachdem man wegen der Finanznot einige Spieler „verkaufte“, rutschte der Verein in der Regionalliga auf Platz 6. taz
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