piwik no script img

1. Ausstellungsstück im Humboldt ForumGanze 2,7 Tonnen schwer

Die Tür des legendären Techno-Clubs Tresor zieht als erstes Exponat in die Berlin-Ausstellung in das Humboldt Forum ein. Ein Wochenkommentar.

Die Tür des Techno-Clubs Tresor zieht als erstes Exponat in die Berlin-Ausstellung ein Foto: dpa

Am Anfang sicherte die Tür den Tresorraum einer Bank im Wertheim in der Leipziger Straße, einem der prunkvollsten Warenhäuser seiner Zeit, das 1937 von den Nazis „arisiert“ wurde. Kurz nach der Wende entdeckte Dimitri Hegemann hinter der Tür eine unterirdische Stahlkammer, die unter dem Namen Tresor bald als Geburtsort der Techno-Bewegung weltberühmt werden sollte. Am Dienstag wurde die 2,30 Meter hohe und 2,7 Tonnen schwere Tür, ein von Witterung und Frost zerfressenes Monstrum aus Stahl, feierlich als erstes Exponat der Berlin-Ausstellung im Humboldt Forum willkommen geheißen. Und diesem Ding kann man als teilnehmender Beobachter durchaus zwiespältig gegenüber stehen.

Da ist zum einen, dass diese Tür tatsächlich ein sehr schönes, „erzählstarkes Stück Zeitgeschichte“ ist, wie Moritz von Dülmen, Geschäftsführer der Kulturprojekte Berlin, es treffend in Worte gefasst hat. Die Tür berichtet von den Goldenen Zwanzigern, von Verfolgung und Krieg, von der Teilung der Stadt und vom Aufbruchsgeist nach der Wende.

Andererseits erinnert die Tür aber auch vom Ende dieser Euphorie. 2005 musste der Club Tresor der Neubebauung weichen. Dimitri Hegemann wird nicht müde zu betonen, dass die Büros in diesen Neubauten bis heute leer stehen. Sein Club in der Köpenicker Straße konnte und wollte nie an die wilden Neunziger anknüpfen. Die Stadt ist einfach viel zu eng und zu kommerziell geworden, als dass er das schaffen könnte.

Verschiebung der Eröffnung

Und nun landet die Tür im Museum. Das hat etwas Abschließendes, so, als wollte dieser Akt einen Schlussstrich ziehen unter eine Zeit, die unwiderruflich verloren ist. Noch dazu landet die Tür nicht in irgendeinem, sondern in einem Museum, das in dieser Stadt wie zuletzt bei der Verschiebung der Eröffnung von Ende diesen Jahres auf irgendwann 2020 viel Häme über sich ergehen lassen muss.

Die Berliner Stadtgesellschaft ist bis heute zutiefst zerstritten in der Frage, ob das Humboldt Forum im Berliner Schloss die historische Mitte der Stadt wiederbeleben wird – oder ob es die Verwerfungen in dieser Stadt einfach auf sehr billige Art verkleistern möchte. Noch immer sind besonders viele mit so genannter DDR-Sozialisation empört, dass der Palast der Republik für ein Bauwerk abgerissen wurde, welches allen noch so fortschrittlichen Inhalten zum Trotz an Preußens Glanz und Gloria erinnert. Von kultureller Überbügelung war da die Rede, mindestens.

Und ausgerechnet in diesem Schloss soll nun also an den Tresor erinnert werden. An einen Ort, wo der Westen den Osten erobert hat. Was soll man davon halten?

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!