■ Daumenkino: „00 Schneider – Jagd auf Nihil Baxter“
Nach diesem Film stellt man sich zwei Fragen: a) Ist Helge Schneider inzwischen heiliggesprochen?, und b) wenn nicht, warum nicht? Denn an Schneiders zweitem Film „00 Schneider“ ist nahezu alles wohlgeraten. Er amüsiert rundum mit ebenso ulkigen wie naheliegenden Einfällen. Keine Minute mag man verpassen, und müßte man noch so dringend aufs Kinoklo.
Dabei war der Etat für „00 Schneider“ so karg bemessen, daß Herr Helge eine Vierfachrolle hinlegen mußte. Er verfolgt als Kommissar 00 Schneider sich selbst, den mordenden Skulpturensammler Nihil Baxter. Außerdem tritt er als nebelumwölkter Rock-'n'- Roll-Sänger sowie kunstliebender Facharzt auf. Derselbe betreibt nebenher einen Schuhverkauf, und das ist nur einer von vielen lustigen Gags, die die Grundidee förderlich umschwirren wie Satelliten ihren Fixstern. Kommissar 00 Schneider hat den brutalen Mord am „lustigen Clown Bratislav Metulskie“ aufzukären und wird dabei von einem Assistenten (Helmut Körschgen) unterstützt, der sich als Dackel tarnt. Zu Hause lauern Frau Kommissar Schneider (schon in „Texas“ als Mutter bewährt: Andreas Kunze) und eine Nachbarin im Stadtrandrentnerlook auf den erfolgreichen Kriminalisten. Der muß jedoch dem bösen Baxter in dessen scheußlicher Kunstgemütlichkeit auf die Pelle rücken. In „00 Schneider“ hagelt es erstklassig vordergründige Seitenhiebe gegen Designwohnen, „Derrick“, James Bond, Talkshows, Betriebsvergnügen, feinsinnige Mediziner und bettelnde Krankenschwestern.
Von allen hierzulande praktizierenden Komikern ist Schneider der mit dem gemeinsten Blick auf Sitten und Gebräuche. „00 Schneiders“ pensionierte Nachbarin lächelt süßlich, seine Statisten tragen „volkstümliche“ Garderobe, sein Eigenheim ist depressionsdunkel holzgetäfelt. Regisseur Schneider läßt Bestechungsversuche mit Bürotopfpflanzen scheitern und seinen Kommissar 00 (!, der Reiniger) eine echt kunstlederne weiße Damenhandtasche mit sich führen. Es treten gefährliche Plastikwürgeschlangen und blutrünstige Leoparden auf. Kommissar Schneider verhaftet „im Namen seiner Mitarbeiter“ und teilt dem Publikum zur zusätzlichen Erheiterung immer wieder hochwichtige Fakten mit – wie den, daß er gerade seine Sonnenbrille gefunden habe („Ich habe sie schon gesucht!“). Kombiniere: Dieser Film ist „richtig, wichtig, popichtig“, und Personalunionist Helge Schneider erweist sich durch ihn als ziemlich schlauer Satiriker. Was leicht übersehen wird. Anke Westphal
„00 Schneider – Jagd auf Nihil Baxter“, R: Helge Schneider, mit Helmut Körschgen, Andreas Kunze, Bratislav Metulskie, Peter Toms, Buddy Casino u.a., 90 Minuten, Farbe
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen