+++ Ticker zum 1. Mai 2013 +++: Keine Lust auf Action
Eine blockierte Nazidemo und eine die laufen durfte, zwei revolutionäre Mai-Demos ohne wirkliche Eskalation. Der 1. Mai 2013 war einer der friedlichsten seit Jahren.
23.45 Uhr: Abschied und Zusammenfassung
Wir machen jetzt Schluss. Wer die üblichen Trunkenheitsscharmützel mitkriegen will, geht am besten selbst in Hamburg oder Berlin auf die Straße. Oder liest unseren Ticker vom vergangenen Jahr. Hier noch unsere Zusammenfassung vom heutigen Tag:
Der Tag begann in strahlendem Sonnenschein. Berlin-Kreuzberg bereitete sich auf ein riesiges Volksfest und diverse Demonstrationen vor. Zur gleichen Zeit versuchten in Schöneweide gut 2.000 Menschen einen Aufmarsch der NPD zu blockieren – vergeblich. Die Polizei räumte zügig alle Blockaden beiseite, darunter auch eine Betonpyramide, wie sie von den Castorprotesten im Wendland bekannt sind.
Die Rechtsextremen hatten so die Möglichkeit, Parolen skandierend durch den abgeriegelten Stadtteil zu ziehen. Die Gegendemonstrationen verliefen friedlich und in größerem Abstand. Die AnwohnerInnen verfolgten das Treiben interessiert von Balkonen und Fenstersimsen.
Ganz anders das Bild in Frankfurt am Main, wo es AntifaschistInnen gelang, durch eine Gleisblockade am Ostbahnhof den dort geplanten Aufmarsch der NPD komplett zu verhindern. Viele der BlockiererInnen mussten daraufhin mehrere Stunden in einem Polizeikessel ausharren, den zu verlassen nur nach Aufnahme der Personalien möglich war.
Die traditionellen Gewerkschaftsdemonstrationen in Hamburg und Berlin waren gut besucht, in Hamburg machte sich dazu ein starker antikapitalistischer Block bemerkbar, der unter anderem Funktionärsreden störte. Den radikaleren TeilnehmerInnen stieß nach eigenem Bekunden die befriedende Rolle sozialpartnerschaftlich orientierter Gewerkschaften unangenehm auf.
Die revolutionären 1. Mai Märsche in Hamburg und Berlin verliefen am Abend weitgehend friedlich. In Berlin erreichte die Demo sogar ihr Ziel unter den Linden. Das hat in den Jahren zuvor nicht geklappt. Die Polizei hielt sich zu Beginn lange fern und zeigte nur wenig Präsenz. Erst als es später in enger bebaute Straßen ging, rückten die Beamten näher heran. Bei früheren Demonstrationen reichte schon die Anwesenheit der Beamten – und erst recht eines Wasserwerfers –, um die Stimmung aufzuheizen, heftige Schmähgesänge inklusive. Doch diesmal waren die Demonstranten recht lässig.
Nur ein Carsharing-Auto schmissen einige von ihnen auf die Seite und die Scheiben einer Sparkasse wurden eingetreten. Auch in Hamburg erreichte die Demo ihr Ziel. Dort eskalierte dann aber die Situation. Die Polizei kesselte die Teilnehmerinnen von drei Seiten mit Wasserwerfern ein und begann mit diesen zu schießen. Die Polizei gibt an, es seien zuvor Steine, Flaschen und Böller auf Beamte geflogen. Sie löste daraufhin die Demonstration auf.
Am Abend kam es zu kleinen Scharmützeln in der Hamburger-Schanze und Berlin-Kreuzberg. Jugendliche zündelten; Betrunkene hofften, dass etwas passiert; Beamte warteten in schwerer Montur, aber der Abend blieb ruhig.
23.25 Uhr: Offener H&M
Berlin/Neukölln. Etwa zwanzig Vermummte stürmen auf den H&M und die Santander Bank zu. Sie zerschlagen die Scheiben und rennen sofort weiter. Eine Polizeistreife folgt ihnen. Etwa zehn Minuten stehen die Läden offen, dann kommen Polizisten und sichern sie.
23.00 Uhr: Neues aus dem „Polizei-Zoo"
Berlin/Kottbusser Tor. Weitläufig umzäunt von einer Baustellenabsperrung stehen einige Hundert Polizisten wie auf dem Präsentierteller. Rund um den Zaun haben sich Schaulustige versammelt. Sie johlen, grölen und pöbeln. Ansonsten gibt es hier nichts zu tun. Die Masse applaudiert einem Angetrunkenen, der mit seinem Hund auf die Beamten zuläuft oder einem der über den Zaun klettert und seinen blanken Arsch zeigt. Für die Polizei ist die Devise der Durchmischung ausgegeben. Hundertschaften rennen durch die Masse und trennt die Menschen. Das soll verhindern, dass sich ein Pulk bildet. Schaulustige und Beamte kommen sich nah. Es wird gepöbelt. Mehr passiert nicht.
22.45 Uhr: Same procedure as every year
Berlin/Kreuzberg. Vorhersehbares Ritual: In der Nähe vom Kottbusser Tor versammeln sich wie zu jedem 1. Mai mehrere Hundert Menschen, viele sind angetrunken. Einige Polizeihundertschaften laufen in den Straßen hin und her. Vereinzelt fliegen Flaschen und Böller. Nichts außergewöhnliches. (Bayern hat gewonnen)
22.20 Uhr: Häschen sind spannender als Krawall
Hamburg/Schulterblatt. Es stehen immer noch Polizeigruppen vor der Roten Flora. Um die Schanze bewegen sich kleine Gruppen Jugendlicher und versuchen, ab und zu einen Mülleimer zu entzünden. Bewegt sich die Polizei, dann begleiten sie „haut ab"-Rufe. Mehr Aufmerksamkeit bekommen allerdings zwei Junge Männer im Häschenkostüm, die durch die Masse kreisen. (Bayern 3 - Barcelona 0. Das sieht nach einer sicheren Sache für Bayern aus)
22.16 Uhr: „Fast total friedlich“ sagt Ströbele
Der Grünen-Spitzenpolitiker Hans-Christian Ströbele, sagte: „Die Deeskalationsstrategie der Polizei hat einwandfrei funktioniert.“ Das, was er gesehen habe, war „fast total friedlich“. (dpa)
22.15 Uhr: Rund 10.000 waren in Berlin unterwegs
Die Polizei schätzt die Zahl der Demonstranten in Berlin auf 9.000. Ein Sprecher sagte, es gebe eine insgesamt „eher positive Bilanz“. Die Veranstalter hatten von 20.000 Teilnehmern gesprochen. Wir schätzen die die Zahl der Demonstranten auch eher bei 10.000 ein. (mit dpa)
22.00 Uhr: Nur die Polizei ist ein wenig unruhig
Unsere Reporter in Berlin und Hamburg melden: „hier ist alles ruhig“. Nur in Berlin scheint's auf dem Weg nach Hause ein wenig Aufregung zu geben. Zumindest fährt die Polizei mit lautem Tatütata an der taz vorbei. Ob wir heute wieder zur Geisterstunde fertig sind? (Übrigens, Bayern hat ein Tor geschossen.)
21.35 Uhr: Alle rasen in die Schanze
Hamburg/Schanzenviertel. Die Wasserwerfer in Richtung Schanze gedüst. Dort hat sich auch die Polizei positioniert. An den Zugängen zum Piazza und zum Schulterblatt haben sich Polizeiketten aufgestellt. Passieren darf aber immer noch jeder. Das ist auch richtig, weil die Region in diesem Jahr nicht zum Gefahrengebiet erklärt worden ist. Demnach sind verdachtsunabhängige Personenkontrollen nur im Ausnahmefall möglich.
21.28 Uhr: Acht Festnahmen in Hamburg
Hamburg/Rote Flora. Die Polizei beschützt die Haspa, versprengte Demonstrantengruppen rennen herum. Bisher gab es acht Festnahmen.
21.25 Uhr: Revolution in Berlin gelungen
Berlin/Mitte. In Berlin ist die revolutionäre 1. Mai Demo an ihrem Ziel angekommen. Unter den Linden mit Blick auf das hell illuminierte Brandenburger Tor stehen nun Tausende Demonstranten und feiern sich dafür, ihr Ziel erreicht zu haben. Das ist ihnen seit Jahren nicht gelungen, weil es zuvor immer zu Scharmützeln mit der Polizei kam. In diesem Sinne war die Demo wirklich revolutionär.
21.20 Uhr: Als wäre es ein Ostermarsch gewesen
Berlin/Unter den Linden. Die Demonstration löst sich auf, die Teilnehmer treten in gesitteter Ordnung den Rückzug an. Während des Demoverlaufs blieb es weitgehend friedlich. Zwar warfen einzelne Demonstranten die Scheibe einer Sparkasse ein und schmissen ein Auto auf die Seite, doch verglichen mit früheren revolutionären 1.-Mai-Demonstrationen war es insgesamt geradezu ein Ostermarsch für den Frieden. Die Polizei hatte sich zu Beginn lange ferngehalten und zeigte nur wenig Präsenz. Erst als es später in enger bebaute Straßen ging, rückten die Beamten näher heran.
Bei früheren Demonstrationen reichte schon die Anwesenheit der Beamten – und erst Recht eines Wasserwerfers –, um die Stimmung aufzuheizen, heftige Schmähgesänge inklusive. Doch diesmal waren die Demonstranten recht lässig. Für die Polizei gab es keinen Grund, härter einzugreifen und die Demo aufzulösen – und so hat es der Zug tatsächlich bis zu seinem geplanten Ziel nach Mitte geschafft.
21.11 Uhr: Randale in Hamburg
Hamburg/Max-Brauer-Allee. Zirka 500m vom Bahnhof entfernt bewegt sich der Lautsprecherwagen der Demo. Die Polizei hat die Demo-Reste abwandern lassen. Vor dem Lauti steht aber noch eine rund 30-Mann starke Polizeieinheit, hinter ihm sind Wasserwerfer. Bisher scheint es so, dass der Lautsprecherwagen auf Höhe der Holstenstraße abbiegen kann – damit wären keine Demospuren mehr präsent. Einzelene TeilnehmerInnen laufen in Richtung St. Pauli/Sternschanze. Etwa 70 Vermummte sind bei der Abschlusskundgebung durch die Reihen der Polizei gebrochen und in die Chemnitzstraße gelaufen. Dort haben sie Mülleimer angezündet und sind auf Autos herumgesprungen.
21.10 Uhr: Heute kam die Pizza an
Habt ihr euch um unsere Verpflegung gesorgt? Sorgt euch nicht mehr. Heute ist die Pizza nämlich angekommen. Weil wir sie nicht bestellt haben, sondern beim Italiener um die Ecke selbst abgeholt haben. Jetzt sind wir satt.
21.00 Uhr: Waffenstillstand in Hamburg
Hamburg, Altonaer Bahnhof. Die Lage hat sich wieder beruhigt. Über den Lautsprecher eines Wasserwerferwagens fordert eine Polizeibeamtin die eingekesselten Demonstranten auf, in kleinen Gruppen den Ort zu verlassen. Sollte dies nicht passieren, werde wieder Wasser eingesetzt. (Fußball, übrigens, Barcelona-Bayern 0-0)
20.58 Uhr: Alles ist ruhig
Berlin/Mitte. Der Demozug ist fast verstummt, er biegt im Moment in die Französische Straße ab. Die Menge staunt, wie weit sie bisher gekommen ist.
20.46 Uhr: Friedrichstraße bleibt schadlos
Berlin/Leipziger Straße. Die „Revolutionäre 1. Mai Demonstration" passiert die symbolisch wichtige Friedrichstraße mit deren zahlreichen repräsentativen Geschäften und Unternehmensniederlassungen. Links und rechts stehen Polizeieinheiten und Wasserwerfer und sperren die Friedrichstraße ab. Die Situation bleibt auch hier völlig friedlich und entspannt. Randalier hätten hier allerdings auch ein logistisches Problem: Aufgrund der neuen asphaltieren Straßen in Berlins Mitte sind hier fast keine Pflastersteine zu finden. (Hätte man doch wenigstens die aus Styropor mitgenommen, die e-säzzer)
Vom Lautsprecherwagen kommt jetzt Musik: „The final Countdown". Nach und nach laufen die Demonstranten nun nach Mitte - zum ersten Mal! So langsam wird es auch dunkel. Als wär nix gewesen: Die Demo schiebt sich gelassen über die Leipziger Straße, sogar Seifenblasen fliegen. Nur der Redner macht Stimmung: „Jetzt tragen wir unsere Wut vor das Bundesfinanzministerium. Mitte wir kommen!"
20.45 Uhr: Polizeikessel und Wasserbeschuss
Hamburg/Altonaer Bahnhof. Die Demonstration ist eingekesselt und wird von drei Seiten mit Wasserwerfern beschossen. Die Polizei gibt an, es seien zuvor Steine, Flaschen und Böller auf Beamte geflogen. Die Stimmung ist angespannt. Die Einsatzkräfte ziehen den Kreis um die Demonstranten immer enger, ihr Lautsprecherwagen steht mittendrin und der Sprecher fordert die Demonstranten auf, keine Gegenstände auf die Polizei zu werfen. Die Demonstration ist offiziell von den Veranstaltern aufgelöst. Böller fliegen. Die Kirchentagsbesucher kommen nicht zum Bahnhof durch.
20.40 Uhr: Wasserwerfer und Schlagstöcke
Hamburg/Altonaer Bahnhof. Die Abschlusskundgebung ist noch nicht ganz zu Ende, da beginnt die Polizei, ohne akuten Anlass in die Demonstration hineinzuknüppeln. Die Demonstranten schlagen zurück. Schon vorher zeichnete sich hier ab, dass kein Punk oder Autonomer einen Polizisten umarmen möchte. Die Beamten setzen jetzt Wasserwerfer und Tränengas ein. Pressevertreter werden nicht durchgelassen.
20.35 Uhr: Innensenator Henkel ist satt und friedlich
Berlin/Platz der Luftbrücke. Innensenator Frank Henkel und Polizeipräsident Klaus Kandt treten zu einer Zwischenbilanz vor die Presse. Henkel ist rot im Gesicht, das liege an der vielen Sonne, die er an diesem Tag abbekommen habe, wie er sagt. Die Polizei konnte zeigen, dass sie die Lage im Griff hat, so Henkel. Er gibt sich guter Dinge und glaubt, es wird weiterhin gelingen, die Demo so zu begleiten, dass sich Gewaltausbrüche in Grenzen halten. Henkel und Kandt möchten sich noch einmal ins Geschehen begeben. Sie wollen aber nicht sagen, wohin. Die Polizeivizepräsidentin Koppers hatte Henkel am Mittag bei der Blockade mit Brownies versorgt. „Von denen zehre ich jetzt noch", sagt Henkel und deutet auf seinen Bauch.
20.30 Uhr: Abschlusskundgebung in Hamburg
Hamburg/Bahnhof Altona. Die Demo hat ihr Ziel erreicht. Es werden Böller gezündet, die nach Kotze stinken. Selbst die Demo-Ordner sind sich unsicher, was sie machen sollen.
20.26 Uhr: „Wir ziehen jetzt nach Mitte"
Berlin/Axel-Springer-Straße. „Wir ziehen jetzt nach Mitte", schallt es aus dem Lautsprecher. „Wir tragen unsere Wut ins Herzen des Regierungsviertel."
20.23 Uhr: Springer links liegen gelassen
Berlin/Kreuzberg. Der Schwarze Block zieht durch die Axel-Springer-Straße und würdigt der Springer-Konzernzentrale keines Blickes oder Steinwurfes. (Video) Das Gebäude an der Ecke zur Rudi-Dutschke-Straße wird von der Polizei aufwändig gesichert mit zwei Wasserwerfern, einem Räumpanzer, dutzenden Polizeimannschaftswagen und Absperrgittern. Die Stimmung ist wieder vergleichsweise friedlich.
20.20 Uhr: Teilnehmerzahl in Hamburg inoffiziell höher
Hamburg/Max-Brauer-Allee. Kurz vor dem Altonaer Bahnhof versucht die Polizei die Demonstration, die mittlerweile über beide Straßenseiten geht, auf eine Seite umzulenken. Dass beide Seiten der vierspurigen Max-Brauer-Allee belegt werden zeigt, dass die Teilnehmerzahl höher sein muss, als es die Polizei angibt.
20.09 Uhr: Steine fliegen in Berlin
Berlin/Oranienstr. Nachdem vereinzelte Flaschen und Steine auf die Polizei flogen, stößt diese nun in die Demo vor. Vom Lauti tönt es: „Bildet Ketten!" Inzwischen wird die Spitze von Polizeiketten flankiert und zieht weiter auf das Axel-Springer-Hochhaus zu. Polizisten bewachen ebenfalls mit viel Aufwand die Shell-Tankstelle. Im vergangenen Jahr wurden hier Scheiben eingeworfen. Erste Steinwürfe erfolgen auf die Polizeiautos an Shell-Tankstelle. Die Polizei geht kurz in die Demo, vorne wird jetzt im Spalier gelaufen.
20.05 Uhr: Hamburg stinkt
Hamburg/Max-Brauer-Allee. Dort machen die Polizeipferde Mist, dementsprechend stinkt es im Demozug. Der Krach des Hubschraubers über den Köpfen übertönt fast die Lautsprecherdurchsagen, Anwohner winken der Demo aus ihren Fenstern zu.
19.51 Uhr: An anderer Stelle bleibt's ruhig
Berlin/Kreuzberg. Die U-Bahn am Kottbusser Tor ist wesentlich voller als die Demo. Gefühlt zumindest. Jemand ruft: „Fahrkartenkontrolle“. Er erntet einige müde Lacher. Der Schwarze Block läuft weiter am Vattenfall-Gebäude vorbei. Der Energiekonzern ist ein Feindbild der Linksradikalen. Aber heute gibt es nur eine Durchsage zum Energie-Volksbegehren: „Tragt euch alle in die Listen ein!“
19.50 Uhr: In Berlin wird's dynamisch
Berlin/Kreuzberg. Eine Gruppe von Vermummten ist am U-Bahnhof Heinrich Heine Straße links rausgebrochen und wurde sofort von der Polizei zurückgedrängt. Einer wirft eine pinke Rauchbombe. Die Situation wird etwas unübersichtlich, weil offensichtlich einige Lust haben, dass heute noch etwas geht. Ein Carsharing-Auto wird umgeworfen. Bei einer Sparkasse wurden die Scheiben eingeschlagen.
19.40 Uhr: Hamburger bleiben gelassen
Hamburg. Ein Helikopter steht über dem Demonstrationszug, der inzwischen in der Max-Brauer-Allee auf Höhe der Suttnerstraße angekommen ist. Die Polizei gibt als offizielle Teilnehmerzahl 1.400 an, nach taz-Zählung sind es allerdings 2.000. Die Situation ist weiterhin leicht angespannt. Hier und da gibt es einzelne Streitgespräche zwischen Polizisten und Demonstranten. Die Besucher der Cafés entlang des Weges sind von der Demonstration nicht sonderlicht beeindruckt. „In Hamburg kennt man das “, meint ein Mann, der mit einem Bier an einem Tisch sitzt.
19.37 Uhr: Die Wie-weit-kommen-sie-Wette
Berlin/Kreuzberg. Der taz-Quoten-Service hatte es geschrieben: In den Spekulationen um die Frage, wie weit die Demonstration diesmal kommt, standen die Wetten deutlich auf Axel-Springer-Haus. Ein gelangweilter taz-Redakteur vor Ort wechselt nun die Tippempfehlung: „Wenn die weiter so lässig latschen, trödeln die bis Hamburg durch." (Bis zum Kirchentag? die e-säzzer) Die Spitze des Demonstrationszuges, der sich gerade in der Köpenicker Straße befindet, wird nicht von uniformierten Polizisten begleitet.
19.30 Uhr: Keine Fotos!
Berlin/Kreuzberg. „Revolution!", schallt es auf englisch aus dem Schwarzen Block. Eine unbedarfte Schaulustige macht ein Foto. Ein Mann im Kapuzenpulli kommt auf sie zu. „Hey lass das, keine Fotos!" Die Frau wendet sich schnell ab.
19.28 Uhr: 1.-Mai-Spaziergang
Berlin/Kreuzberg. Eines ist auffällig: so langsam wie heute lief die 1. Mai Demonstration selten an. Nach taz-Zählung haben sich 8.500 DemonstrantInnen im Zuge der Demo auf den Weg gemacht, sie befindet sich aber in einem Spaziergehmodus. Nach Klassenkampf sieht das zumindest nicht aus. Nach Dynamik auch nicht. Aber die Erfahrung zeigt: das kann alles noch kommen. In der Axel-Springer-Straße wartet man hingegen angespannt ab: Dutzende Einsatzfahrzeuge, zwei Wasserwerfer und ein Räumpanzer sichern das Springer-Gebäude.
19.20 Uhr Weiter geht's in Hamburg
Hamburg/Schulterblatt. Die Demo kann weiterziehen. Die Polizei begründet den Halt mit Verstößen gegen das Vermummungsgesetz. Sie kritisiert auch, dass Demonstranten Knaller und Rauchbomben schmeißen.
19.18 Uhr: Neue Demoroute?
Berlin/Kreuzberg. Die „Revolutionäre 1. Mai"-Demo läuft mit mehreren Tausend Menschen die Eisenbahnstraße entlang. Damit läuft die Demonstration parallel zu der ursprünglich geplanten Route. Keine 100 Meter weiter und das erste Bengalenfeuer wird entzündet, auf einem Hausdach in der Eisenbahnstraße. Auch ein Transparent wird entrollt: „Fight Capitalism". Die Stimmung ist bisher entspannt, Polizei nur ganz vorne zu sehen. Besonders interessiert wird diskutiert, welchen Einfluss die griechische Delegation an der Spitze des Demonstrationszuges haben wird: Wirkt sie befriedend, weil sie nicht an die ritualisierten Spielchen in Berlin gewöhnt ist? Wirkt sie befeuernd, weil der gepflegte Straßenkampf zur Aufnahmeprüfung griechischer Aktivisten gehört? Oder ist die Frage allein schon Kulturfaschismus? Die „Revolutionären Kommunisten" verteilen derweil ein Infoblatt.
Zur Erinnerung: Vor einem Jahr warfen Vermummte kurz nach Beginn der Demonstration die Scheiben einer Sparkasse ein, später traf es eine Tankstelle. Auch Polizeibeamte wurden mit Steinen beworfen. Vor dem Jüdischen Museum, auf halber Strecke der Aufzugsroute, reichte es der Polizei: Sie stürmte in die Demo-Spitze, nahm Teilnehmer fest, setzte Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Wenig später löste sie den Aufzug wegen „wiederholter Straftaten" gänzlich auf.
19.12 Uhr: Rauchbomben gegen Reiterstaffeln
Hamburg/Neuer Pferdemarkt. Behelmte Polizisten haben schon bei der ersten Zwischenkundgebung begonnen, die Teilnehmerinnen einzukreisen. In der Demo selber haben einige Knaller und kleinere Rauchfackeln gezündet. Wasserwerfer und Reiterstaffeln stehen schon bereit. Am Schulterblatt bleibt die Demo dann entgültig stehen. Rauchbomben fliegen. Reiterstaffeln blockieren die Spitze des Zuges.
19.00 Uhr: Berlin ist Überpünktlich verspätet
Berlin/Kreuzberg. An der Ecke Lausitzer Platz/Eisenbahnstraße steht die Speerspitze der revolutionären Demo. Der obligatorische rote Lauti ist da, es werden noch Kampfesreden gehalten. Eine vermummte überlebensgroße Puppe im Autonomenstyle steht direkt vor der Sparkasse und winkt in die Menge. Was neu ist in diesem Jahr: Noch vor dem Schwarzen Block prangt ein griechisches Transparent. Griechische AktivistInnen dürfen als Zeichen internationaler Solidarität die Demo in diesem Jahr anführen. Überpünktlich, mit nur einer Stunde Verspätung setzt sich die Demo in Bewegung.
19.00 Uhr: Böller krachen in Hamburg
Hamburg/Feldstraße. „Hoch die internationale Solidarität!", rufen die Demonstranten und erschrecken damit die vereinzelten Kirchentagsteilnehmer, die fluchtartig verschwinden. Die Demoleitung ruft dazu auf, sich einzureihen, es geht los. Die Polizei schätzt, dass etwa 1.000 Teilnehmer gekommen sind. Die ersten Böller krachen.
18.39 Uhr: 18-Uhr-Demo gruppiert sich
Berlin/Lausitzer Platz. Die 18-Uhr-Demonstration findet sich am Lausitzer Platz zusammen. Novum: Ganz vorne steht diesmal nicht der Schwarze Block, sondern eine Delegation griechischer Oppositionspolitiker. „Gegen Faschismus", steht auf ihrem schwarzen Banner. „Solidarität ist eine Waffe", rufen sie. Beides auf Griechisch - natürlich. Aber vor 19.30 Uhr wird sich hier nix bewegen.
18.37 Uhr: Respekt, Frankfurt!
Frankfurt. Die Kundgebung an der Konstablerwache ist vorbei, die Menschen gehen heim, das Fazit des taz-Reporters fällt positiv aus. Acht Nazis am Frankfurter Ostbahnhof, vielleicht zehn, und die haben sich versteckt – vor tausenden AntifaschistInnen. Deren friedliche Blockade war erfolgreich. Dafür haben sie ein nicht unerhebliches Risiko in Kauf genommen. Ihnen gebührt Anerkennung, zumal die Deutsche Bahn gegen die Gleisblockierer, deren Personalien aufgenommen wurden, Regressforderungen stellen könnte. Dazu die vielen tausend Menschen vor dem Römer. Respekt, Frankfurt! Eine Polizeisprecherin bezeichnete den 1. Mai in Frankfurt als „im großen und ganzen friedlich“. Und das Verhalten der Polizei? Nicht immer friedlich, aber meist. Auch wenn Frankfurt damit nicht nazifrei ist, am heutigen Tag haben tausende AntifaschistInnen ein kraftvolles Zeichen gesetzt: „Kein Fußbreit den Faschisten“.
18.35 Uhr: Überraschtete KirchentagsbesucherInnen
Hamburg/Feldstraße. Der erste Redebeitrag hat begonnnen. Bisher ist noch nicht erkennbar, wieviel TeilnehmerInnen es wirklich werden, da noch viele Menschen aus Wilhelmsburg vom Euromayday ankommen. Vereinzelt laufen TeilnehmerInnen des Kirchentags, der heute begonnen hat, durch die Demonstration. Sie sind ein wenig überrascht, so viele Jugendliche und junge Erwachsene in schwarz zu sehen auf deren T-Shirts oft steht: „Fight Fascism" oder einfach nur „St. Pauli".
18.31 Uhr: Viel Arbeit am Tag der Arbeit
Berlin/Kreuzberg. In einem Imbiß in der Ohlauer Straße ackern 5 Männer am Tag der Arbeit im Akkord. So beträgt die Wartezeit für Falafel trotz langer Schlangen nur 8 Minuten. (Wohl bekomm's, die e-säzzer)
18.30 Uhr: Reuters entschuldigt sich
Twitter hilft nicht nur, Mist zu schreiben. Es ist auch praktisch, um selbigen zu korrigieren. Nachdem Reuters einen Text über europäische Arbeiter mit einem Foto der NPD bebilderte, hagelte es Protest über Twitter. Die Nachrichtenagentur korrigierte den Fehler, entschuldigte sich bei den Nutzern und bedankte sich für das Feedback. Letzteres klang etwa so: „Wer hat euch bitte ins Gehirn geschissen, die NPD für sonen Tweet zu nehmen?"
18.25 Uhr: Pirat kritisiert 18-Uhr-Demo
Berlin/Kreuzberg. Am Lausitzer Platz steht Martin Delius, Mitglied der Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus. Auf seinem schwarzen T-Shirt ist ein Aufkleber: „Faschismus verursacht Völkermord“. Heute morgen war er in Schöneweide gegen Nazis demonstrieren. Hier soll gleich die revolutionäre 1.-Mai-Demonstration starten, die Delius als Folklore abtut: „Ich habe den Eindruck, dass sich die Demo überholt hat. Dass es vorhersehbar am Abend immer wieder zu Auseinanersetzungen mit der Polizei kommt, schürt Ressentiments und Vorurteile gegenüber Linken.“ Für ihn sei die entscheidende Frage, „für welche Inhalte man auf die Straße geht. Hier geht es aber nur darum, an welchem Tag man auf die Straße geht: Immer am 1. Mai um 18 Uhr.“ Die Demonstration will er sich aber trotzdem anschauen – nicht aus privatem Voyourismus, sondern in seiner Funktion als Abgeordneter, sagt er.
18.21 Uhr: Hohe Polizeipräsenz in Hamburg
Hamburg/St. Pauli. Die revolutionäre Demo mit dem Motto „Gegen Ausbeutung und Unterdrückung" startet bald in der Feldstraße. Die Menschen sammeln sich grade. Die Stimmung ist recht freundlich und lässig, die Leute tanzen. Die Polizeipräsenz ist jedoch sehr hoch, 1.600 Beamte sind heute in Hamburg im Einsatz. Wie viele grad hier sind, konnte der örtliche Einsatzleiter nicht genau beantworten.
18.15 Uhr: Prävention in Neukölln
Berlin/Neukölln. Interessant: Obwohl die Route der gleich beginnenden 18-Uhr-Demo nach Mitte führt, geht auch Neukölln in 1. Mai-Prävention. Am Kottbusser Damm sind Rossmann und Commerzbank mit Holzplatten verbrettert, noch weiter weg, am Rathaus Neukölln, der Modeladen 1982. Nicht Zeitung gelesen oder wissen da welche mehr?
18.07 Uhr: Früh übt sich
Berlin/Lausitzer Platz. Eine Mutter erklärt ihren Kindern den Lauti-Bus. „Guck, da sind so große Lautsprecher auf dem Dach. Da macht gleich einer so Durchsagen. Zum Beispiel: 'Wir wollen Frieden, wir wollen keinen Krieg, wir wollen dass keine Bäume mehr gefällt werden'". Die kleinen Zuhörerinnen nicken bedächtig. Eine Polizistin weist die Familie aber darauf hin, dass es hier gleich gefährlich werden kann und sie mit den Kindern jetzt besser nach Hause gehen sollte.
18.03 Uhr: Berliner Bahnen sind überfüllt
Berlin/Kreuzberg. Am U-Bahnhof Görlitzer Straße lässt die BVG die Leute nur noch aussteigen. Die Sicherheitskräfte, die das verkünden sind bereits hörbar heiser. Dabei ist es unter der Hochbahn noch deutlich voller als oben. Die Wiener Straße ist komplett überfüllt. Vor der Morena-Bar tobt eine Technoparty. Die Handynetze scheinen etwas überlastet zu sein, telefonischer Kontakt gestaltet sich schwierig.
18.00 Uhr: Reuters' revolutionäre Nazis
Reuters ist in die Twitterfalle getappt: Schnell, schnell, aber ohne Nachdenken einfach mal was raushauen. Das geht leicht schief. In diesem Fall schreibt die Nachrichtenagentur über Arbeiter, die getroffen von geringen Löhnen, in Europa demonstrieren – und zeigt ein Foto von marschierenden deutschen Nazis (Screenshot).
17.58 Uhr: Getrübtes Feiern in Frankfurt
Frankfurt/Konstablerwache. Die DemonstrantInnen feiern sich auf der Abschlusskundgebung selbst - zu recht. „Frankfurt Nazifrei wurde durchgesetzt", heisst es vom Lauti – die Menge jubelt. „Die Antifaschistische Einheit dieser Stadt hat gewonnen und: wir sind friedlich gebleiben!" Die Menge jubelt erneut. Eine Nachricht trübt dennoch die gute Stimmung. Vom Lauti wird berichtet, dass es 54 Verletzte, darunter 2 Schwerverletzte durch den Polizeieinsatz gegeben hätte.
17.57 Uhr: Verteidigt die deformierten Arbeiterstaaten!
Berlin/Kreuzberg. Am Lausitzer Platz sammeln sich tausende Menschen. Ab und zu fahren Polizeiwagen mit Blaulicht vorbei. Ein Zeitungsstand der Spartakisten vertritt Forderungen: „Verteidigt die deformierten Arbeiterstaaten China, Nordkorea, Kuba, Vietnam, Laos! Für proletarisch-politische revolution. Gegen die stalinistische Bürokratie“.
17.43 Uhr: Wasserwerfer statt Demonstranten
Hamburg/Feldstraße. Noch lange sind nicht alle Demonstranten für den revolutionären 1. Mai Marsch da. Die Polizei hat aber bereits massiv Stellung bezogen. Räumfahrzeuge und mehrere Wasserwerfer stehen nah an dem Versammlungsort. Um 18 Uhr soll die Demo beginnen.
17.39 Uhr: Meinungsverstärker Schlagstock
Hamburg/Eingang Gartenausstellung. Ein paar DemonstrantInnen diskutieren mit den Polizisten. Im Hintergrund werden einzelne AusstellungsbesucherInnen an einem Seitentor hinausgelassen, der Haupteingang bleibt versperrt. Ein Polizist erklärt einem jungen Demonstranten mit erhobenem Schlagstock, dass er nicht gerne fotografiert wird. So langsam löst sich allerdings die Menschenmenge am Eingang auf.
17.39 Uhr: In Luft aufgelöst
Berlin/Kreuzberg. Die unangemeldete Demo ist am Lausitzer Platz angelangt und hat sich dort ohne weitere Umstände aufgelöst. Damit war sie genauso schnell vorbei, wie sie begonnen hatte. Ganz in der Nähe beginnt in einer knappen halben Stunde die revolutionäre Demo.
17.35 Uhr: Rote Fahnen auf der Konstablerwache
Frankfurt/Konstablerwache. Die Sonne scheint, die Stimmung ist gut. Die Demo, die inzwischen auf rund 2.000 Teilnehmerinnen angewachsen ist, erreicht die Konstablerwache. Von zwei Lautis ertönt Musik. Viele rote Fahnen werden geschwungen. Die Menge skandiert: „Hoch die internationale Solidarität!". Die Polizei filmt, hält sich aber zurück.
17.34 Uhr: In Schöneweide hocken wieder Nazis
Berlin/Schöneweide. Inzwischen sind alle Blockierer abgereist, auch die NPD hat ihre Bühne abgebaut. Nur in der Szenekneipe „Henker", hundert Meter die Brückenstraße runter, sitzen noch einige Nazis im Dunkel auf Bierhockern. Heute im Angebot: „LKA" (Limonade, Kirschsaft, Amaretto) und „Odinbier“. Draußen kehrt derweil Alltag ein: Die Straßenbahn zuckelt wieder. Nur ein paar letzte Polizeiwannen erinnern noch an die Blockaden.
17.30 Uhr: Zurück zum politischen 1. Mai?
Berlin/Kreuzberg. Die unangemeldete Demo, die am Mariannenplatz gestartet war, ist inzwischen bei der Manteuffelstraße auf die Skalitzer Straße gestoßen. Tausende ziehen nun in Richtung Richtung Schlesisches Tor weiter. Polizei ist nicht zu sehen. Unterdessen diskutieren zwei linksradikale AktivistInnen über die Bedeutung dieser Demonstration. „Stellt die Verantstaltung eine Rückaneignung des unpolitischer gewordenen Myfestes dar?", fragen sie sich. Oder ist es doch nur ein Bestandteil des alternativen Livestyles, der Kreuzberg beherrscht?"
17.26 Uhr: Sponti ist zurück am Startpunkt
Berlin/Kreuzberg. Nach kurzer Zeit ist die Spontandemonstration wieder an ihrem Startpunkt am Mariannenplatz angekommen. Der Demozug war verhältnismäßig lang und nicht zu übersehen, am Ende liefen mehrere Tausend Menschen mit.
17.22 Uhr: Blumen gegen Polizisten
Hamburg/Haupteingang Gartenschau. Jetzt wird es doch etwas ruppiger. Die Polizei schubst Demonstranten von dem Eingang weg. Die wackeln am Gitter. Einzelne Demonstranten werden von der Polizei eingekreist und isoliert. Die Polizei sprüht Pfefferspray und schlägt zu. Sie zieht sich immer wieder hinter die Tore zurück, öffnet diese kurz und stürmt in die Menge. Die ruft „Blumen für alle!". Einige reißen Pflanzen vor dem Eingang aus, um sie auf die Polizisten zu werfen.
17.14 Uhr: Polizei schließt sich Demo gegen Mietenwucher an
Berlin/Kreuzberg. Die unangemeldete Demonstration gegen Mietenwucher ist mit 1.000 Demonstranten gestartet. Im hinteren Teil wird sie schon von einigen Polizisten begleitet. Als der Schwarze Block an der Spitze des Zuges an parkenden Wasserwerfen vorbeizieht gibt es die übliche Pöbelei, mehr aber auch nicht. Auf dem Bethaniendamm versperren drei Polizeiautos den Weg, die Demo biegt daraufhin in einen Park ab. Die Polizei hat sich inzischen in die Demo eingereiht. Eine Sprecherin bezeichnet das als „Provokation". Die Demo läuft durch die Adalbertstraße Richtung Myfest.
17.12 Uhr: Teure Pflanzenshow
Hamburg/Haupteingang Gartenschau. „Alles für alle und zwar umsonst“, fordern die DemonstrantInnen mit Sprechchören. Der Protest richtet sich gegen die Privatisierung des Geländes und die hohen Eintrittspreise. Eine Einzelkarte kostet 21 Euro.
17.10 Uhr: Unangemeldet gegen Mietenwucher
Berlin/Kreuzberg. Am Feuerwehrdenkmal am südlichen Mariannenplatz halten ein paar Leute möglichst unscheinbar Fahnen in die Höhe. Von hier startet die unangemeldete Demonstration gegen Mietenwucher und Verdrängung. Jetzt setzt sich die Demo mit Hunderten Menschen in Bewegung.
17.09 Uhr: Show an den Gleisen ist vorbei
Frankfurt/Danziger Platz. Ein Polizeisprecher spricht von 400 Identitätsfeststellungen sowie drei vorläufigen Festnahmen wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Die Demo am Danziger Platz hat sich vor zehn Minuten in Bewegung gesetzt. Über 1.000 DemonstrantInnen bewegen sich nun in Richtung Konstablerwache, begleitet von zahlreichen PolizistInnen.
17.00 Uhr: Polizisten sammeln Pfand ein
Frankfurt/Ost. Am Rand der Gleise an der Ostparkstraße stehen fünf Polizisten und trinken Kaffee. Neben ihnen steht eine alte Kaffeekanne. „Da gibt es besseres“, sagt einer. „Aber die Polizei muss doch sparen." Ihre Kollegen räumen indes die letzten Flaschen von den Gleisen, die die Demonstranten zurückließen. Vermutlich kommen da etwa 100 Euro Pfand zusammen. Dafür bekommt man bestimmt einen guten Kaffee.
16.55 Uhr: Kreuzberg ist proppevoll
Berlin/Kreuzberg Auf dem Myfest sind die Straßen an manchen Stellen teils gefährlich voll. Es gibt viel Geschiebe und Gedränge, man kommt kaum voran. Es gibt beste Feierstimmung, aber wenn es hier zu einer Massenpanik kommt, kann es böse enden. Menschen balancieren ihr Gepäck und ihre Kinder auf ihren Köpfen. Ein dicker Mops schaut hechelnd aus einer hochgehaltenen Ledertasche über die Menschenmassen hinweg.
16.50 Uhr: Vier Stunden eingekesselt
Frankfurt/Ostbahnhof. Rund vierzig auf den Gleisen eingekesselte haben inzwischen den Danziger Platz erreicht. Die Menge empfängt sie mit großem Jubel. Allerdings befinden sich immer noch mehrere Dutzend Demonstranten auf oder neben den Gleisen – die Polizei nimmt nun schon seit mehr als vier Stunden ihre Personalien auf. Es geht mit der Zeit ruppiger zu. Mehrere Demonstranten werden in Polizeigriffen abgeführt. Ihre Arme sind verdreht. Sie schreien vor Schmerzen. Ein Sanitäter behandelt einen jungen Mann, der am Boden liegt. Er sagt „ein Polizist ist mir aufs Bein gesprungen.“ Ein Beamter filmt die Szene. Eine Antifaschistin trägt eine Halskrause, ein anderer hat eine Platzwunde am Kopf. Die Polizei bestätigt „etliche Gewahrsamnahmen“.
16.42 Uhr: Diskussion zwecklos
Hamburg/Euromayday. Ein paar DemonstrantInnen versuchen über den Zaun des Gartenschaugeländes zu klettern. Knapp 20 Polizisten sind schnell zur Stelle und hindern sie daran. Ein Demonstrant beginnt eine lebhafte Diskussion mit drei blau-weißen beamten, diese reagieren jedoch sehr entspannt.
16.20 Uhr: Man redet nicht mit der Polizei
Hamburg/Wilhelmsburg. Ecke Neuhöferstraße/Rotenhäuser Damm: „Komm Christian, wir reden doch nicht mit der Polizei“, ruft ein ungeduldiger Demonstrant. Die Euromayday-Demo zieht nun zur Gartenschau. Mittlerweile sind es laut Polizei etwa 1.600 TeilnehmerInnen.
16.10 Uhr: „Henker“ macht bald zu
Berlin/Schönweide. Die Nazi-Kundgebung in Berlin-Schöneweide wurde soeben offiziell beendet. Zu diesem Zeitpunkt waren aber kaum noch ZuhörerInnen da. Die meisten waren da schon nach Hause gefahren. Ein Hinweis kommt noch durch die Lautsprecher: „Der Henker hat noch bis 18 Uhr offen, nein, bis 17 Uhr sogar.“ Der „Henker“ ist eine Nazi-Kneipe in der nahegelegenen Brückenstraße. Und nein, logisch ist die Aussage nicht.
16.07 Uhr: Kinderarbeit am Feiertag
Berlin/Kreuzberg. Die Eltern machen arbeitsfrei, die Kinder müssen schuften. Vor einem Keramikladen in der Oranienstraße verkaufen drei Mädchen Waffeln mit Puderzucker oder Schokocreme. Die Kinder versichern, sie dürften den Profit selbst einstreichen. Kinderarbeit an Feiertagen? taz schickt lieber die Service-Redaktion vor. Genussurteil: lecker.
16.05 Uhr: Kurze Eskalation
Frankfurt/Danziger Platz. Nach einer kurzen Eskalation, bei der rund drei Dutzend PolizistInnen in die Demo eingedrangen und Pfefferspray einsetzten, ist es nun wieder ruhig. Immer noch warten die Leute auf die Eingekesselten auf den Gleisen. Vom Lauti heißt es: „Wenn die Polizei nicht kooperiert, wird es hier wieder ungemütlich.“
15.57 Uhr: Das Orginal ist unkopierbar
Berlin/Kreuzberg. Mit wenig Aufwand will ein Internetportal für Online-Deals große Aufmerksamkeit erhaschen. Zehn Promoter verteilen in Kreuzberg graue Styropor-Quader, die ganz entfernt an Pflastersteine erinnern sollen. Bedruckt sind die leichten Geschenke allerdings mit Werbung. Der Trick funktioniert trotzdem: Eine Fotografin dokumentiert belustigt die Szene. Kreuzberger Pflastersteine waren in der Vergangenheit immer wieder Gegenstand von Kopierversuchen. Allerdings nicht so plump wie in diesem Fall. taz-Leser wissen zudem: An das Original kommt keine Kopie heran.
15.50 Uhr: Breaking News aus dem Mörchenpark
Berlin/Mörchenpark: Spatenstich am Mörchenpark bedeutet: die Besucher bringen Stauden, Büsche oder Bäume mit und pflanzen sie als Willkommensgeschenk in den Mörchenpark. Sina, 22, und Lene, 31, wollten nicht so viel schleppen und haben einfach Samen mitgebracht und in die Erde gesetzt. „Sehr voll, mehr Menschen als bei dem Tag der offenen Tür im letzten Jahr“, freut sich Mörchenpark-Sprecher Simon Wöhr. Junge Familien, Studenten, Kinder und Kreative feiern den kommenden Holzmarkt und den 1.Mai. (Aber wo sind die verdammten Esel?, die e-säzzer)
15.40 Uhr: Ihr könnt nach Hause fahr'n!
Frankfurt. Die 150 Neonazis, die in einem Richtung Würzburg fahrenden Zug unterwegs waren, sind inzwischen unterwegs ausgestiegen. Rund 100 Nazis hätten den Zug in Kahl am Main verlassen, wird von einer im Zug mitfahrenden Demonstrantin berichtet. Dort standen zwei Reisebusse, vermutlich für die Neonazis. Einer der Busse hatte das Kennzeichen SLS, für den Landkreis Saarlouis. Vermutlich fahren sie nach Hause. Die Information, dass sie mit dem Zug nach Würzburg zu einer anderen Neonazi-Demonstration fahren, hat sich nicht bestätigt.
15.34 Uhr: 1. Mai = nazifrei
Berlin/Kreuzberg. Das Likörchenkollektiv „Tante Horst“ macht es heute richtig: „1. Mai = arbeitsfrei“ steht im Schaufenster. Das kollektivistisch betriebene queere Kneipenkaffee hat heute geschlossen, obwohl es sicherlich ein gutes Geschäft machen könnte – hier mitten in Kreuzberg bei tausenden Passanten. Stattdessen empfiehlt die Belegschaft des „Tante Horst“ auf einem großen, handgeschriebenen Poster „Nazis “ und verweist auf die Treffpunkte in der Stadt. Das Refugeecamp bildet in Kreuzberg sein eigenes kleines Zentrum. Hier, in ihrer eigenen Zeltstadt, mit der seit Monaten gegen die deutsche Flüchtlingspolitik demonstriert wird, gibt es Weltmusik aus Brasilien, Marmorkuchen und klare Sprüche: „Keine Residenzpflicht! Keine Lager! Keine Deportationen!“
15.30 Uhr: Kundgebung läuft
Hamburg/Wilhelmsburg. Die Kundgebung läuft jetzt. Einzelne DemonstrantInnen erklären am Mikrofon warum sie bei der inzwischen neunten Euromayday-Parade dabei sind. Ähnlich wie bei den letzten Paraden kommen viele für den gemeinsamen Kampf gegen Gentrifizierung und Prekarisierung. Nun spricht gerade eine Menschenrechtsaktivistin und ein Minenarbeiter der größten Kohlemine Kolumbiens. Sie berichten über die Bedingungen und Repressionen der Arbeiter. Kolumbianische Kohle wird für das neu gebaute Kohlekraftwerk in Moorburg nach Hamburg geschifft. Ein Organisator weist auf die Elbblockade beim bevorstehenden Hafengeburtstag hin.
15.30 Uhr: Verhalten der Polizei „eine Frechheit“
Frankfurt/Danziger Platz. Hier beginnt in kürze die Spontandemo von ein paar Hundert TeilnehmerInnen in Richtung Innenstadt. Die Veranstalter auf dem Lauti fordern von der Polizei die sich noch im Kessel auf den Gleisen befindlichen DemonstrantInnen „umgehend freizulassen“. Kim Müller vom Bündnis Frankfurt Nazifrei hält das dortige Vorgehen „für eine Frecheit: Man hätte die Leute einfach von den Gleisen lassen können, ohne ihre Personalien aufzunehmen.“
15.27 Uhr: Erwartungshaltung bei der Presse
Berlin/Axel-Springer-Hochhaus. Die Straßenkreuzung Rudi-Dutschke-Straße/Axel-Springer-Straße ist umzäunt von Polizei-Absperrgittern. Ein Dutzend Polizeibusse stehen dort, ihre Belegschaft hält die Stellung. Das Team eines Nachrichtensenders hat sich vor der Kulisse postiert und gibt ihre Einschätzungen zu Protokoll. Die Erwartungen sind, dass es an dieser symbolischen Stelle, an der die BILD-Redaktion ihren zentralen Sitz hat, heute Abend zu Auseinandersetzungen zwischen DemonstrantenInnen und Polizei kommen könnte. Im vergangenen Jahr war unweit von hier, in Laufnähe vor dem jüdischen Museum, die revolutionäre 1. Mai-Demonstration von der Polizei aufgehalten worden. Es kam zu Auseinandersetzungen zwischen PolizeibeamtInnen und DemonstrantInnen.
15.18 Uhr: Neonazis suchen neues Ziel
In Berlin sind heute für den taz-Ticker unterwegs: Sebastian Erb, Konrad Litschko, Martin Kaul, Gereon Asmuth, Plutonia Plarre, Christian Ott, Alke Wierth, Jörn Alexander, Celestine Hassenfratz.
In Hamburg: Lena Kaiser, Andreas Speit, Kai von Appen.
In Frankfurt am Main: Timo Reuter.
Im Onlinebunker in der Dutschkestraße trinken Mate: Marlene Staib, Marco Fieber, Lalon Sander, Daniél Kretschmar, Sebastian Heiser, Rasmus Cloes.
Frankfurt/Ostbahnhof. Die rund 150 Neonazis im Zug müssen aufgeben: Sie fahren nun nicht nach Frankfurt, sondern zu einer anderen Neonazi-Demonstration nach Würzburg. Die Blockade der Bahngleise war also erfolgreich. Zu der Nazidemo kamen nur acht Personen. Die Gegendemonstranten sind auf dem Danziger Platz direkt neben dem Ostbahnhof und warten auf die letzten Gleisblockierer, die noch von der Polizei festgehalten werden. Danach soll es eine spontane Demonstration in die Innenstadt geben. Ein Sprecher des Bündnisses "Frankfurt nazifrei" zeigte sich zufrieden und sagte über Lautsprecher: "Wir haben gewonnen!" Die Polizei verhält sich insgesamt zurückhaltend.
In der Nähe des Danziger Platzes hat ein Polizei-Mannschaftswagen ein technisches Problem. Die Motorhaube ist offen, zwei Beamte schauen eher ratlos rein und fummeln herum. Öl fließt auf den Boden.
15.17 Uhr: Positive Bilanz
Frankfurt/Ostbahnhof. Das Bündnis Frankfurt Nazifrei zieht eine erste positive Blianz: „Es war eine voller Erfolg und richtig klasse, die Nazis mussten ihre Demo absagen, weil sie nicht nach Frankfurt kamen“, so die Sprecherin Kim Müller. Die spontane Kundgebung der Nazis in Hanau habe das Bündnis allerdings „kalt erwischt“, gibt sie kritisch zu. „Doch auch die Polizei war davon überrascht“, so Müller. Allerdings hätten sich in Hanau migrantische Jugendliche und Gewerkschafter „den Nazis wehrhaft gegenübergestellt“.
15.15 Uhr: „Ich kämpfe einfach nur“
Der griechische Aktivist Christos Giovanopoulos wirbt um Solidarität für den „Überlebenskampf mitten in der humanitären Krise“. Der Mann mit der ruhigen Stimme und den fokussierten Antworten, der sich als Gastdozent an der Londoner Westminster-Universität und mit kleineren Publikationsprojekten finanziell über Wasser hält, ist einer der altgesottenen Aktivisten im griechischen Kampf um mehr Demokratie. Wir porträtieren ihn aus Anlass des 1. Mai.
14.48 Uhr: Straßenblockaden sind aufgehoben
Berlin/Schöneweide. Die letzten übrig gebliebenen DemonstrantInnen werden von der Polizei zum S-Bahnhof eskortiert. Eine Frau mit Mütze verschenkt vegane Sandwiches. Ein Schaulustiger kommentiert das Polizeiaufgebot: „Schau mal die sind mit nem ganzen Bus hier. Stark.“ Die Straßenblockaden sind aufgehoben, Autos fahren wieder. Während die Abschlusskundgebung der Nazis noch läuft, zieht die Berliner Polizei bereits ein positives Fazit vom Demo-Geschehen in Schöneweide. „Wir haben die Aufgabe, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu schützen, das ist uns gelungen“, sagt Polizeisprecher Thomas Neuendorf zur taz. Nach seinen Angaben nahmen 480 Nazis an der NPD-Kundgebung teil, 2000 Menschen hätten dagegen demonstriert. Zum jetzigen Stand wurden 16 Menschen vorläufig festgenommen, 15 GegendemonstrantInnen und eine rechtsextreme Frau – wegen Verwendens verfassungsfeindlicher Kennzeichen. Laut Neuendorf kam kurz ein Wasserwerfer zum Einsatz, um gegen Gegendemonstranten vorzugehen, die versuchten eine Polizeisperre zu durchbrechen. In Schöneweide war die Polizei mit 3000 Beamten unterwegs.
14.44 Uhr: Ankunft am Stübenplatz
Hamburg/Wilhelmsburg. Auf dem Stübenplatz treffen nun mit leichter Verspätung von 30 Minuten die Lautsprecherwagen und auch die letzten Radler ein. Bei sommerlichen Klängen tanzen einige Demonstranten in der Sonne und warten auf die Zwischenkundgebung.
14.40 Uhr: Für die Rasse
Dortmund/Semerteichstraße. Wie Publikative.org twittert, skandieren die Nazis dort unter anderem: „Für die Rasse in den Tod.“
14.29 Uhr: Mörchenpark wird gestürmt
Berlin/Mörchenpark. Von den Eseln ist nach wie vor keiner in Sicht. Inzwischen hat aber der Mörchenpark aufgemacht – und gleich von Beginn sind mehrere hundert Menschen auf dem Gelände. Kinder hüpfen auf einer riesigen Matratze (eine der üblichen Hüpfburgen hätte den Ansturm nicht stand gehalten). Der Mörchenpark e.V. informiert über das Projekt, die Schnuhs im Mörchenpark zu Schnörchen. Mit viel Farbe und Bastelmaterialien zeigen sie den Kindern, wie sie Möhrchen basteln können. (Wir wollen endlich die Esel sehen, die e-säzzer)
14.16 Uhr: Nazis nach Hause geschickt
Frankfurt und Hanau. Laut Polizei gab es hier bisher noch keine Festnahmen von Nazis oder Demonstrant_innen. Die Polizei bestätigte, eine unangemeldete Demonstration von rund 150 Nazis in Hanau aufgelöst zu haben. „Wir haben sie in Züge in Richtung ihrer Heimat verfrachtet.“ Angeblich wurde auch die angemeldete NPD-Kundgebung in Wiesbaden abgesagt.
14.10 Uhr: Blockierer bleiben ohne Erfolg
Berlin/Schöneweide. Das Großbündnis, das die NPD-Demonstration aufhalten wollte, ist gescheitert. Die Polizei hat der NPD den Weg freigeräumt. Die paar hundert Neonazis kehren jetzt, am Ende ihrer Route, zum Bahnhof Schöneweide zurück. Auf einem kleinen Platz neben dem Bahnhof beginnt die Abschlusskundgebung. Auf dem Bühnentransparent steht: „Natürlich deutsch“.
14.07 Uhr: „Warum kann das nicht einmal in Zehlendorf stattfinden?“
Berlin/Mariannenplatz. Tina und Lisa, zwei 28-jährige Mütter, führen nochmal ihre Kinder und Hunde aus. Beide wohnen direkt an der Dresdner Straße. Ab 16 Uhr, sagen sie, „können wir nicht mehr raus.“ Eine Woche vorher gehe die Party schon los, bis der Müll weg sei, vergehe eine weitere Woche. Die beiden sind sichtlich genervt. „Warum kann das nicht einmal in Zehlendorf stattfinden, hier sind die Leute doch sowieso cool und brauchen kein Infomaterial mehr“, so die Mütter.
14.07 Uhr: Schluss mit Tanzen, jetzt wird gepfiffen
Berlin/Schöneweide: Am Bahnhof machen die Demokratie-Verteidiger weiter Party vor einem zur Bühne umfunktionierten Truck. Eine Ska-Band spielt, 20 Leute tanzen. Dann erklimmt Grünenikone Christian Ströbele die Bühne. „Wir müssen mit unserem Protest den Nazis das Marschieren verleiden.“ Applaus. Parallel kehrt 50 Meter entfernt die NPD zum Bahnhof zurück, wo sie eine kleine Bühne aufgebaut hat. Jetzt wird bei den Demokraten nicht mehr getanzt, jetzt wird gepfiffen.
14.00 Uhr: Party hinter'm Lauti
Hamburg/Eingang zur Speicherstadt. Die zwei Demozüge haben sich wieder zueinander gefunden. Hinter dem Lautsprecherwagen ist die Party am größten. Mit einem lauten „Woohooo“ grüßt ein Demonstrant drei nebenstehende Polizisten.
13.57 Uhr: „Schrei nach Liebe“
Berlin/Schöneweide. Auf der Brückenstraße findet wenigstens ein kleiner Protest statt: zwei Frauen und zwei Männer stehen auf einem Parkplatz am Rande der Demo und singen lauthals den Anti-Nazisong der Ärzte „Schrei nach Liebe“. Ein paar Nazis, die gut fünf Meter daneben marschieren, bleiben irritiert stehen, einige applaudieren.
Von der Blockade am Mittag in der Nalepastraße haben wir hier ein kurzes Video, inklusive Pfeffersprayeinsatz.
13.54 Uhr: „Die Rechte funktioniert nicht“
Frankfurt/Ost. Um den Ostbahnhof ist die Stimmung nun gelöster. Einige verlassen die Demo, die meisten wollen aber bleiben, „falls die Nazis doch noch kommen“. Doch das ist eher unwahrscheinlich. Der taz-Reporter sitzt inzwischen in einem Café und schreibt seinen Bericht für die Print-Ausgabe. Der Wirt weist ihn darauf hin: „Die rechte Steckdose funktioniert nicht, nur die Linke.“ Dort sitzt ein älteres Paar. Zuerst waren die beiden auf dem Römerberg, doch dann „hat es mir in den Fingern gejuckt“, so die Frau. „Ich musste noch zum Ostbahnhof kommen. Wenn die Glatzen meinen, nach Frankfurt kommen zu müssen, sehe ich es als meine Pflicht an, das zu verhindern.“
13.51 Uhr: „Eine, Schande, eine Schande!“
Berlin/Schöneweide. An der Brückenstraße zieht die Nazidemo ungehindert wieder über die Brücke Richtung Bahnhof Oberschöneweide. Am Straßenrand steht eine ältere Frau. „Das ist eine Schande“, sagt sie. „Eine Schande, eine Schande, das ist eine Schande!“ Sie kriegt sich gar nicht mehr ein. Ein paar hundert Meter weiter die Spree runter sind in der Ferne weitere Gegendemonstranten leise zu hören.
13.48 Uhr: „Trödelei bei Kaffeekränzchen“
Hamburg/Rödingsmarkt. Der Demozug wurde gespalten. Der Lautsprecherwagen düst mit einer kleinen Vorhut vorneweg, die Polizei stoppt den Rest und wirft den DemonstrantInnen „Trödelei bei Kaffeekränzchen“ vor. Die Stimmung ist weiterhin super.
13.46 Uhr: Nazis fast durch
Berlin/Schöneweide. Die NPD-Demo kommt nahezu ungehindert und zügig voran. Die Spitze ist bereits wieder auf der Brücke über der Spree auf dem Rückweg zum Bahnhof Oberschöneweide. Die Polizei hat die Route perfekt abgeriegelt. Nur ab und an sieht man in weiter Ferne ein paar Gegendemonstranten.
13.39 Uhr: Stubenrauchbrücken abgeriegelt
Berlin/Schöneweide. Die beiden parallelen Brücken der Karlshorsterstraße/Stubenrauchbrücken sind von der Polizei abgeriegelt. Auch hier sind Wasserwerfer aufgefahren. Mehr als 700 Blockierer sind auf der Straße. Ein Mann bahnt sich seinen Weg durch die Menge, Fahrradhelm auf dem Kopf, sein Fahrrad schiebt er. Er müsse hier durch, er komme nirgends durch, aber er müsse doch zur Arbeit. Kopfschütteln. „Dann geben sie mir das wenigstens schriftlich, dass ich das meinem Chef zeigen kann.“ Bekommt er nicht. Dafür legt der Wasserwerfer den Rückwärtsgang ein. Jubel. Die Blockierer geben den Punkt auf.
13.35 Uhr: „Ihr habt den Krieg verloren!“
Berlin/Schöneweide. Nach der dritten Räumungsdurchsage der Polizei, folgt die Durchsage des Veranstalters: „Die Kundgebung hier ist aufgelöst.“ Gespanntes Warten, dann wieder die Polizei: „Unterlassen sie das Rütteln am Absperrgitter, sonst machen wir Gebrauch von Wasserwerfer und Schlagstock!“. Als die Nazis in Sichtweite sind, wird es laut: „Ihr habt den Krieg verloren!“ Nach ein paar Minuten sind die Nazis vorbeigezogen, die GegendemonstrantInnen verlassen die Absperrung. Letztendlich kam der Wasserwerfer nicht zum Einsatz. Die Leute zerstreuen sich.
13.34 Uhr: NPD-Kundgebung abgesagt
Frankfurt/Ostbahnhof. Die Blockade am Ostbahnhof war erfolgreich. Ein Polzeisprecher bestätigt, dass der Veranstalter der NPD-Kundgebung diese abgesagt hat. Die acht am Ostbahnhof verbliebenen Nazis wurden von der Polizei herausgeleitet. Währendessen wird es bei der Blockade auf den Gleisen etwas ruppiger, teilweise werden DemonstrantenInnen weggetragen.
13.33 Uhr: Blockade unmöglich
Berlin/Schöneweide. In der Griechischen Alle und der Edisonstraße stehen in etwa 100 Meter Entfernung von der geplanten Demo-Route jeweils mehrere Hundert Gegendemonstranten. Sie spielen Musik oder fordern lautstark: „Nazis raus!“ Beiden Ansammlungen gegenüber stehen auch hier Wasserwerfer, die ihre Kanonen auf die Gegendemonstranten gerichtet haben. Die NPD-Demo ist kaum noch 100 Meter entfernt in der Siemensstrareße. Eine Blockade scheint hier absolut unmöglich.
13.32 Uhr: Wir brauchen Bass!
Hamburg/Helgoländer Allee. Kurz vor den Landungsbrücken, aus dem mit Luftballons behangenen Lautsprecherwagen heizen laute Bässe der Absoluten Beginner den DemonstrantInnen ein.
13.30 Uhr: Wackeldackel im Wasserwerfer
Berlin/Schöneweide: Die geplante Demoroute der Nazis auf der Siemensstraße ist rappelvoll mit Polizei. In den Seitenstraßen haben sich die GegendemonstrantInnen versammelt. Allein in der Deulstraße stehen mehr als 200 von hinter einem Absperrgitter. Zwischen ihnen und der Demoroute steht ein blauer Wasserwerfer aus Hannover. Im Führerhaus hat der Fahrer neben dem Lenkrad einen Wackeldackel stehen. Vielleicht ist auch er ein Wackelpitbull.
13.26 Uhr: Treffpunkt: Stübenplatz
Hamburg/ Landungsbrücken. Ab hier nimmt die Euromayday-Parade jetzt unterschiedliche Wege auf die andere Elbseite nach Wilhelmsburg. Ein Demozug fährt mit Wagen und Fahrrädern über den Freihafen in Richtung Veringstraße; mit dem Barkassen fährt eine andere Truppe. Ein paar Demonstranten können mit einem Amerikanischen Schulbus mitfahren. Um 14 Uhr treffen sich dann alle wieder zur Zwischenstation am Stübenplatz in Veddel.
13.25 Uhr: Es wird voller
Berlin/Mariannenplatz. Um die Buden der politischen Initiativen wird es langsam voller. Eltern schlendern mit ihren Bratwurst kauendem Nachwuchs über den Platz. Eine Gruppe Spanier glüht mit Bier vor. Die Polizei hat ein Stück Straße abgesperrt – für den Fahrradparcour der Kinder.
13.22 Uhr: Langer Weg nach Wilhelmsburg
Hamburg/Millerntorplatz. Am Anfang der Reeperbahn stoppt der Euromayday-Zug für eine spookige Darbietung zu den vom Abriss bedrohten Esso-Häusern an der Reeperbahn. Einige Hundert Demonstrant_innen, viele davon mit Fahrrädern, bereiten sich auf den langen Weg nach Wilhelmsburg vor. Sonnencreme wird rumgereicht. Vom Lautsprecherwagen aus verteilt einer der Organisatoren Maulwurfsmasken – passend zur Station bei der internationalen Gartenschau, die derzeit in Wilhelmsburg stattfindet.
13.20 Uhr: Nazidemo abgesagt?
Frankfurt/Ost. Wie der Frankfurter sagt: “gude Laune“ vor dem Ostbahnhof. Es spielt Musik, die Leute sind gelassen. Hinter dem Bahnhof sieht es etwas anders aus. In der Menge der Gegendemonstranten wird ein älterer Mann als Nazi identifiziert. Zwei jüngere Antifas packen ihn und zerren ihn aus der Menge. Die Polizei übernimmt ihn und geleitet den Mann hinter das Absperrgitter und tatsächlich: Er schließt sich den sieben Nazis an, die sich im Ostbahnhof versteckt haben. Sie stehen hinter einem Absperrgitter, teils mit Sonnenbrillen und Kapuzen. Aus dem Lauti heißt es, die Blockade sei erfolgreich. Der Versammlungsleiter der NPD soll die Veranstaltung abgeblasen haben.
13.18 Uhr: „Neupack, Neupack!“
Hamburg/Fischmarkt. Die DGB-Kundgebung neigt sich langsam ihrem Ende zu und wird in einer Brückenveranstaltung zum in Hamburg stattfindenden Kirchentag mit Kirchenvertretern und Bürgermeister Olaf Scvholz fortgesetzt. Die Rede des Hauptredners Michael Vassiliadis, dem Vorsitzenden der IG BCE, ist immer wieder durch Sprechchöre behindert worden. Viele der Versammelten wollten von ihm kein politischen Rundumschlag, sondern konkrete Angaben zum Streik bei dem Verpackungsmittelhersteller Neupack hören. „Neupack, Neupack!“, skandierten sie immer wieder, was allerdings an dem Gewerkschaftschef abprallte. Zu guter letzt versprach er aber dennoch, dass der sechsmonatige Arbeitskampf erfolgreich zu Ende geführt werde und keiner der Streikenden Nachteile zu erwarten habe.
13.14 Uhr: Wasserwerfer halten die Route frei
Berlin/ Schöneweide. In der Wilhelminenhofstraße muss die Nazi-Demo erneut anhalten. Die Polizei verkündet über Lautsprecher, es müsse gerade geklärt werden, ob die geplante Demo-Route zur Verfügung stünde, um Verständniss werde gebeten. In Sichtweite sind auf der Siemensstraße zwei Wasserwerfer aufgefahren, die Gegendemonstranten in eine Seitenstraße drängen.
13.08 Uhr: „Kraftlose“ Nazis
Berlin/Schöneweide. Direkt hinter dem NPD Aufzug flaniert Berlins Verfassungsschutzchef Bernd Palenda mit, in Jacke und Poloshirt. „Kraftlos“, kommentiert er den Aufmarsch. „Weit weniger Teilnehmer als Schmidtke angekündigt hat und alles unter Ausschluss der Öffentlichkeit.“ Palenda sieht nicht sehr beunruhigt aus, „Der Dampf lässt nach.“
13.07 Uhr: NPD: „Zu wenig Polizei“
Berlin/ Schöneweide. In der Wilhelminenhofstraße Ecke Edisonson Straße fordert jetzt der NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke: „Die Kunstwährung Euro muss weg.“ Dann hetzt er gegen zu viele Migranten, außerdem gebe es bei der Veranstaltung „viel zu wenig Polizei vor Ort.“ Zwei Polizisten unterbrechen seine Rede. Dann fährt Schmidtke fort: „Liebe Kameraden, die Polizei sagt uns, wir müssten hier ein wenig verweilen, weil sie erst einen angesammelten Haufen von Blockierern und Straftätern abräumen muss.“ In Sichtweite parkt ein Wasserwerfer.
12.59 Uhr: Die Esel sind auf dem Weg
Berlin/Holzmarkt. Der Veranstalter der Esel-Demo hat große Probleme. Erst jetzt hat er einen Fahrer für den Anhänger gefunden, sodass nun endlich losfahren kann um die Esel zu holen. Er rechnet mit dem Eintreffen am Mehlbeerenweg gegenüber dem Mörchenpark frühestens um 14 Uhr. Es waren jetzt sowieso noch keine Mit-DemonstrantenInnen gekommen.
12.55 Uhr: Who let the dogs out?
Berlin/Schöneweide. Als einige Demonstranten am Asperrgitter rütteln, holt die Polizei zwei Polizeihunde aus dem Auto. Zuerst gehen die belgischen Schäferhunde aufeinander los, dann fast auf ihre menschlichen Kollegen. Einer verbeißt sich im Rucksack eines Fotografen. „Tierquäler“, schreit die Menge.
12.56 Uhr: Tränengas und Wasserwerfer
Berlin/Schöneweide. Es wird ungemütlich: Team Pink ist jetzt in Sichtweite zur Siemensstraße, wo gleich die Nazis entlangmarschieren sollen. Es ertönt die Ansage: „Seid laut und habt ein bisschen Spaß dabei!“ Die Swing Musik ist erstmal aus, ein Anwohner versorgt die Wartenden mit Wasserflaschen vom Balkon. Jetzt müssten sie gleich kommen. „Alerta, Alerta, Antifacista“, dann Gerangel in der ersten Reihe: die Polizei sprüht Tränengas dort hinein. Beißender Geruch macht sich breit, ein paar Augen werden ausgespült, dann wird weiter geschrien: „Deutsche Polizisten schützen die Faschisten.“ Übers Megaphon kommt die Durchsage, dass hier kein gewaltsamer Protest erwünscht ist, „lasst euch nicht ärgern“. Gespanntes Warten. Und shcon kommt der Wasserwerfer. Er wird mit Sprechchören empfangen: „wo, wo, wo wart ihr in Rostock?“
12.51 Uhr: Köfte brutzelt schon
Berlin/Kreuzberg. Kreuzberg läuft sich warm für das größte Straßenfest des Jahres: das Myfest. 30.000 bis 40.000 Besucher waren es im letzten Jahr, soviel werden auch diesmal erwartet. Die Sonne hat sich zwar etwas verkrochen, aber die Bässe wummern schon. Auf insgesamt 19 Bühnen zwischen Kottbuser Tor, Oranienplatz, Görtlitzer Bahnhof und Mariannenplatz wid ein breites Musikspektrum dargeboten: Punk, Rock, Folk oder Girattenmusik wird später zu hören sein. Grillschwaden ziehen durch die Straßen, die aber noch nicht verstopft sind. 200 Stände sind angemeldet, Kreuzberger Kleingewerbetreibende bieten dort Salate, belegte Brötchen aber vor allem Grillgut wie Köfte an. Der Verkauf von Bier in Flaschen und Dosen ist wie in den Vorjahren verboten – in Plastikbechern aber zu haben. In Neonwesten gekleidete Polizisten vom Antikonflikt-Team streifen bereits über das Fest. Sie sagen, dass sie allein mit 80 BeamtInnen auf dem Myfest unterwegs seien. Um die Buden der politischen Initiativen wird es langsam voller. Eltern schlendern mit ihrem Bratwurst kauendem Nachwuchs über den Platz. Eine Gruppe Spanier glüht mit Bier vor. Die Polizei hat ein Stück Straße abgesperrt - für den FahrradParcour der Kinder.
12.50 Uhr: Gröhlende Nazis
Berlin/Schöneweide. Rund 300 Neonazis demonstrieren ungehindert über die Brückenstraße Richtung Osten. Der berliner NPD-Landesvorsitzende Sebastian Schmidtke erinnert per Lautsprecherdurchsage die Teilnehmer an die Polizeiauflage, nach der es nicht erlaubt sei zu rufen „Nationalsozialismus jetzt!“ Statt dessen solle man rufen „Nationaler Sozialismus jetzt“. Die Menge gröhlt.
12.47 Uhr: Und was machen eigentlich die Nazis?
Frankfurt/ Ost. Genau 10 von ihnen haben sich im Ostbahnhof versteckt. Vermutlich wurden sie von der Polizei dort reingeschleust. Währenddessen befinden sich 150 Nazis in Hanau, einschließlich dem dem stllvertretenden NPD Bundesvorsitzenden Udo Pastörs. Wahrscheinlich werden sie dort bleiben, denn die Gleise nach Frankfurt sind immer noch dicht. „Die Blockade hier an den Gleisen hat doch prima funktioniert“, lobt Christian Heimpel, Stadt-Abgeordneter der SPD. „Die Polizei war bisher recht deeskalierend – im Gegensatz zum Danziger Platz.“ Dort sei sie „brutal gegen ältere Menschen vorgegangen“.
12.45 Uhr: Nazis auf der Brückenstraße
Berlin/Schöneweide. Die vier abgeräumten Blockierer sind ganz zufrieden. „Ja“, sagt einer „Das war schon ein Erfolg. Hätte aber gerne auch ein paar Stunden länger dauern können. Wir hatten ein bisschen Pech, dass die Polizisten aus niedersachsen hier waren. Die hatten für alle Fälle was dabei.“ Auf die Frage wie sie jetzt wieder rauskommen, antworteten die vier: „Wir haben die Polizei um eine Nagelfeile gebeten. Damit werden wir uns dann innen drin losfeilen.“ Derweil ziehen mehrere hundert Nazis über die gerade geräumte Brückenstraße.
12.41 Uhr: Doch frei am Tag der Arbeit
Berlin/Schöneweide. Eine junge Frau irrt mit Handy am Ohr durch die abgeriegelte Edisonstraße: „Eigentlich wollte ich grad zur Arbeit, Dunkin Donuts, aber hier kommt man ja nirgends durch!", klagt sie. Sie ruft nochmal ihren Chef an. Der hat ein Nachsehen. „Ich hab frei“, sagt die Frau noch etwas ungläubig. „Naja, auch gut.“
12.40 Uhr: Gorlebenerprobte Polizei in Berlin
Berlin/Oberschöneweide. Die Betonpyramide wurde 250 Meter weiter in eine Seitenstraße gefahren. Dort soll sie nun auf einem Parkplatz mit Spreeblick abgestellt werden. Der technische Leiter des Einsatzes der Polizei sagt, dass dies jetzt wohl die zwölfte Pyramide sei, die seine Truppe im Laufe der Jahre bereits abgeräumt habe. „Früher in Gorleben konnte man ja schon die Uhren danach stellen, dass es so etwas gibt“, ergänzt er noch. Seine Truppe sei extra für solche Fälle hier nach Berlin gereist. Die Blockierer (4 Leute) seien nun selbst dafür verantwortlich wie sie aus der Pyramide wieder herauskommen.
12.37 Uhr: „Kirche ist der mieseste Arbeitgeber“
Hamburg/ Fischmarkt. Die letzten Teilnehmer_innen des Hamburger 1. Mai sind am Fischmarkt eingetroffen. Dort herrschen ein wenig chaotische Zustände. Während von der Hauptbühne der DGB-Vorsitzende Uwe Grund das offizielle Programm abwickelt und Gemeinsamkeiten mit der Kirche hervorhebt, beschallt von der anderen Seite ein Lautsprecherwagen die Kundgebungsteilnehmer_innen. Sprecher heben hervor, dass die Kirche und die Diakonie die miesesten Arbeitgeber in Deutschland seien. Dort würden Leute zu Billiglöhnen angestellt - wenn vom Streikrecht Gebrauch gemacht wird, würden Kirche und Diakonie die Arbeitsgerichte in Anspruch nehmen, um Streiks zu unterbinden.
12.36 Uhr: Zoom is verboten
Berlin/Kreuzberg. Die Kreuzberg-Crew hat ihre erste Meldung aus dem Prinzenbad: Ein Polizeihubschrauber fliegt in West-Ost-Richtung darüber hinweg. Die Schwimmer blicken auf. „Was will der denn hier“, fragt einer. „Übersichtsaufnahme“, sagt eine mit roter Badekappe. „Wahrscheinlich stellen die grade ihre Kamera scharf“, meint noch ein anderer. „Aber ranzoomen ist verboten“. Übersichtsaufnahmen sind eigentlich dazu da, Verkehrsströme zu regeln, aber im Prinzenbad ziehen alle ganz geordnet ihre Bahnen. Angesichts der etwas kühlen Temperaturen, kann man die Leute jedoch an zwei Händen abzählen.
12.35 Uhr: „Einer muss es ja machen“
Frankfurt/Ost. Die Demonstranten auf den Gleisen am Ostbahnhof werden von der Polizei einzeln rausgeführt, abgefilmt und durchsucht – das volle Programm. Eine Frau, die die Szenen vom Rand aus beobachtet, sagt zu einem Polizisten: „Das ist doch ein Scheiß-Job, für die Nazis seinen Kopf hinzuhalten! Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.“ Der Polizist erwidert: „Einer muss es ja machen“ und geht. Währenddessen gibt es eine Durchsage aus dem Lauti: „200 Nazis machen sich von Hanau auf den Weg nach Frankfurt. Sie werden mit der S-Bahn genau hier vorbeikommen.“ Auf dem Römerberg ist inzwischen von bis zu 10 000 Demonstranten die Rede. Ein Fotograf berichtet dem taz-Reporter, dass bei einer Rangelei am Danziger Platz vor dem Ostbahnhof ein älterer Mann von einem Polizisten mit der Faust ins Gesicht geschlagen wurde. Der Mann blutete danach aus Nase und Mund.
12.31 Uhr : Alle Seitenstraßen der Nazi-Route dicht
Berlin/Schöneweide. Die taz ist alle Blockadepunkte (5!) in Oberschöneweide, nördlich der Brückenstraße, abgelaufen. Inzwischen sind alle Seitenstraßen an der NPD Route dicht. Allerdings nur die Seitenstraßen. Die NPD-Strecke an sich hält die Polizei mit Gittern und Mannschaftswagen frei. Die Nazi-Gruppe von etwa 50 Mann vor den Spreehöfen steht aber nach wie vor. Kurzer Blockade-Check: lauteste ist die Wilhelminenhofstraße, dort schallt Michael Jackson aus dem Lauti, viele rote Fahnen sind zu sehen, gut 150 Leute sind dort. Peacigste: Griechische Allee, Seifenblasen, Senioren und Antifas lauschen dort Schulter an Schulter Buena-Vista-Social-Liedgut gespielt auf einer Gitarre. Am nahsten dran: Deulstrasse, nur eine Wasserwerferlänge, aber auch nur knapp 100 Blockierer.
12.30 Uhr: Proteste in ganz Europa
Auch in anderen europäischen Ländern wird am 1. Mai demonstriert und gefeiert. In der Türkei hat es gescheppert, in Griechenland geht nichts mehr, Putin verleiht Ehrentitel.
12.25 Uhr: Mörchenpark-Einweihung erwartet
Berlin/Mitte. Am Mörchenpark ist noch Aufbau, ab 14 Uhr wollen die Veranstalter das Gelände an der Holzmarktstraße einweihen. Der Bürgermeister kommt und gibt den Fußweg an der Spree offiziell frei.
12.23 Uhr: Nazis scheinen orientierungslos
Frankfurt/Ost: Um den Ostbahnhof herum befinden sich einige Blockadepunkte, mehrere Hundert DemonstrantInnen sind auf den Gleisen. Von diesen nimmt die Polizei nun die Personalien auf. Laut einem Gerücht würden sich die Nazis auf dem Weg zum Ostbahnhof machen, allerdings wird dies vom Polizeisprecher nicht bestätigt. Dieser sagt lediglich, dass „am Bahnhof Mainkur eine Handvoll Nazis rumstehen und nicht wissen was sie machen und wohin sie sollen.“
12.22 Uhr: Euromayday startet
Hamburg/Spielbudenplatz. Bei der Esso-Tankstelle an der Reeperbahn, die Demonstranten der Euromayday-Parade versammeln sich und schauen der Perfomance des Schwabinggrad-Balletts zu. Gleich geht es weiter. Auftakt ist am Millerntorplatz. Von dort aus zieht die Parade über die Elbe bis zum Gelände der internationalen Gartenschau. Es sind kaum Polizisten vor Ort.
12.20 Uhr: Mehrere tausend bei DGB-Demo auf dem Römerberg
Frankfurt/Römerberg: Laut Polizeiangaben demonstrieren dort 5.000 Menschen bei DGB-Kundgebung. Harald Fiedler, Regionsvorsitzender des DGB in Frankfurt, spricht hingegen von 8.000 TeilnehmerInnen.
12.15 Uhr: BlockerInnen schwärmen aus
Berlin/Schöneweide. BlockiererInnen in haben sich an der Ecke Kunheimstraße/Nalepastraße geteielt. Die Polizei versperrt den Weg zur Nazi-Route und drängt die Leute immer wieder zurück. Weil es hier nicht weitergeht, hat sich die Gruppe geteilt: Team Blau sucht eine andere Stelle, Team Pink hält die Stellung und schwingt zu Swingmusik (Video) das Tanzbein.
12.10 Uhr: Pyramide abgeräumt
Berlin/Schöneweide. Die Pyramide an der Brückenstraße wird gerade abgeräumt. Eine Stahlplatte ist komplett unter die Pyramide geschoben worden. Die Polizei hat Stahlseile befestigt, um die komplette Blockade anzuheben. Einer der 4 Blockierer raucht erstmal eine, bevor die Pyramide samt Blockierern auf einen bereitstehenden Lastwagen gehoben wird. Die Blockierer rufen „Erster Mai – nazifrei.“ Bestimmt 50 Fotografen machen ihre Bilder.
12.08 Uhr: „Das gab es noch nie“
Berlin/Schöneweide. Journalisten, die innerhalb die Polizeiabsperrung wollen, müssen nicht nur Presse- und Personalausweis vorzeigen, sondern auch angeben, für welches Medium sie arbeiten. Ein Fotograf wundert sich: „Ich mache das seit 15 Jahren, das gab es noch nie“" Der Polizist entgegnet: „Wir wollen halt wissen, wer alles drin ist.“
11.55 Uhr: Gretchenfrage zum 1. Mai
Hamburg/ Fischmarkt. Auf dem Fischmarkt treffen die ersten Kundgebungsteilnehmer_innen ein. An den Seiten der DGB-Bühne hängt das Logo des 34. evangelischen Kirchentages. Schon an der Route waren christliche Pfadfinder und Kirchentagsbesucher_innen zu sehen. Ein Aufkleber gegenüber der Hafenstraße mit dem Spruch „Die Bibel ist ein Märchenbuch“ irritierte einzelne Pfadfinder.
11.50: „Die Idioten haben's nicht geschafft“
Frankfurt/ Ost. Am Himmel kreisen ständig Polizei-Helikopter. Direkt vor dem Ostbahnhof demonstrieren rund 300 Menschen. Die Polizei sperrt den Bahnhof. Sonst ist es ruhig. Hinter dem Ostbahnhof, nahe der Ferdinand-Happ-Straße – auf der die festgelegte Route der Nazis verläuft – versammeln sich etwa genauso viele Menschen um einen Lauti. Die Ferdinand-Happ-Straße ist komplett abgesperrt, außer Polizei ist aber nichts zu sehen. Mit einem süffisanten Lächeln sagt ein Polizist: „Hier sind keine Nazis. Ist doch gut. Die Idioten haben's nicht geschafft.“
11.47 Uhr: Profis bei der Arbeit
Berlin/Schöneweide. Nach stundenlanger Vorbereitung hat die Polizei jetzt begonnen mit Hilfe eines Krans eine Stahlplatte unter die Betonpyramide zu ziehen. Es geht nur millimeterweise voran. Immer wieder tauschen sich Polizisten und Blockierer über den Stand der Dinge aus. Manchmal wird auch gelacht. Hier sind offensichtlich auf beiden Seiten Profis am Werk. Die Balkone der Nachbarhäuser sind mittlerweile gut gefüllt.
11.45 Uhr: „Revolution: Bildung“
Hamburg/ Landungsbrücken. Ein gemischter Chor empfängt die Demonstrationsspitze. „Vorsätze nicht vergessen“, stimmen sie an. Das Solidaritätslied kommt gut an. Wenige Schritte weiter tritt eine kleine Irritation auf: Auf einer Fußgängerbrücke über die Straße, auf der die Demonstrant_innen gehen, stehen schwarz gekleidete Jugendliche mit einem Transparent „Revolution: Bildung“. Doch es sind keine Autonomen, sondern Mitglieder der IG Metall Jugend, die kleine Papierschnipsel auf die Demo rieseln lassen, um auf den Bildungsnotstand hinzuweisen.
11.42 Uhr: Kapitalismus abschaffen
Hamburg/St. Pauli, Neustadt. Zur Zeit schlängelt sich der kilometerlange Demonstrationszug des DGB zum 1. Mai durch die engen Straßen von St. Pauli und unterhalb des Michels entlang. Während im vorderen Teil des Zuges vor allem die klassischen gewerkschaftlichen Themen dominieren – soziale Gerechtigkeit, Frieden, Kampf gegen Neonazis, Erhalt der Arbeitsplätze in privaten Unternehmen und harsche Kritik an der Sparpolitik der hamburger Senats – ist im hinteren Teil der Demo auch ein großer internationalistischer und revolutionärer Block vertreten. Dort wird den DGB-Gewerkschaften das beharren auf der Sozialpartnerschaft vorgeworfen, statt fundamentale Kritik am System zu äußern. „Kapitalismus abschaffen“ lautet die Formel, „Gegen Ausbeutung und Unterdrückung“ ist das Motto.
11.36 Uhr: Grüne nicht auf der Gewerkschaftsdemo
Berlin/Unter den Linden. Die gewerkschaftliche Demonstration in Berlin ist am Morgen mit etwa 3100 Teilnehmer_innen gestartet. Der Demozug bewegt sich auf der Repräsentativmeile Unter den Linden Richtung Brandenburger Tor, vorbei an der Parteizentrale der FDP und Bürogebäuden des deutschen Bundestages. Die Stimmung ist gemütlich und ausgelassen. Das Teilnehmerspektrum breit: die Berliner Stadtreinigung fährt mit orangefarbenen Reinigungswagen mit, ein Berliner Fanfarenzug spielt Musik, auch internationale Gruppen sind vertreten – Kommunisten aus der Türkei, Sozialisten aus Frankreich sowie Anarchisten aus Griechenland. Verlierer des Tages: die Grünen, mit handgezählten 24 Teilnehmer_innen. Die linke Freie Arbeiter- und Arbeiterinnen Union (FAU) kommt auf die doppelte Teilnehmerzahl.
11.35 Uhr: 12 Nazis
Frankfurt/Ost. Auf den Bahngleisen, wo die Blockierer sitzen, geht es gelassen zu. Die Polizei lässt aber niemanden mehr aus dem Kessel. Eine Mutter ist mit ihrem Kind auf der Demo. Sie will „Solidarität gegen die Nazis zeigen.“ Aus dem Lauti, der neben den Gleisen steht, umringt von zahllosen Polizeifahrzeugen, heißt es: „Und 12 Nazis marschieren auf der Hanauer Landstraße mit Polizeibegleitung.“
11.30 Uhr: Polizeiführung entspannt
Berlin/Schöneweide. Edisonstr/Wilhelminenhofstr: Exakt 52 Neonazis haben sich hier bisher auf der Kreuzung eingefunden, zwischen Spreehöfen und „Curryweide“, viele im Möchtegern-Autonomenstyle, aus einem blauen Van krakeelt Rechtsrock: „Fürs Vaterland sterbe ich.“ Polizeipräsident Klaus Kandt und Innensenator Frank Henkel treten dazu, entspannt. „Wenn alles so friedlich bleibt, gibts am Ende des Tages nur Gewinner“, frohlockt Henkel, locker in Lederjacke und Adidas-Sneakers. Polizeivize Margarete Koppers reicht eine Tüte Brownies herum. Henkel mundet's: „Hm, sie haben 'nen guten Geschmack.“
11.25 Uhr: Arme Polizei
Berlin/Schöneweide. Innensenator Frank Henkel (CDU) kommt kurz bei der Betonblockade in der Brückenstraße vorbei. Er lobt die Arbeit der Polizei. Sie sei „gut aufgestellt und besonnen“. Dann kritisiert er die Blockierer: „Ich weiß nicht, ob diese Art von Protest angemessen ist an einem Tag, wo die Polizei eh schon so viel zu tun hat.“
11.19 Uhr: Olaf Scholz ist dabei
Hamburg/Seewartenstr. Bei der DGB-Kungebung geht Bürgermeister Olaf Scholz in der ersten Reihe mit. Zusammen mit Gewerkschaftsfunktionären hält er das Transpi mit dem Motto: „Gute Arbeit, sichere Rente, soziales Europa“. Wenige Schritte hinter ihm gehen Angestellte von Neupack. Seit sechs Monaten sind sie im Streik um einen Tarifvertrag.
11.15: Kessel am Ostbahnhof
Frankfurt/Ost. Über 150 Polizisten kesseln die Demonstranten auf den Gleisen ein. Die setzen sich einfach hin. Am Römerberg kommen indes immer mehr Menschen zur DGB-Kundgebung zusammen, es spielt eine spanische Band.
11.11 Uhr: Gewerkschaft vs. Kirchentag
Hamburg/St Pauli. Pünktlich um 11 Uhr – ohne akademisches Viertel – setzt sich der gewerkschaftliche 1. Mai-Aufzug durch St Pauli in Bewegung. Auf dem Sammelplatz hat es zuvor einen Dissens gegeben, weil der revolutionäre Block bei der Begrüßungsrede des DGB Landesvorsitzenden Uwe Grund nicht sofort den Lautsprecherwagen abgestellt hatte. Da der gewerkschaftliche 1. Mai in diesem Jahr im Einklang mit dem evangelischen Kirchentag in Hamburg steht, steht auf dem Transparent eines Protestlers: „Hungerlöhne in der Diakonie“.
11.09 Uhr: „Das wäre ganz lieb“
Berlin/Schöneweide. Die Demonstranten versuchen noch einmal über die Helmholtzstraße zum S-Bahnhof Schöneweide zu kommen. Zunächst schaffen es zwei Dutzend Polizisten nicht, die Menge aufzuhalten. Schon leichter tun sich zwei Beamte mit einem Mann, der sich mit einer Einzelsitzblockade versucht und vor einem Polizeiauto auf die Straße wirft. Die Blockierer stehen nun etwas ratlos auf der Napelastraße. Hinten die Polizisten. Und am Ende der Straße steht der Wasserwerfer. Die Polizei meldet sich per Lautsprecher. Ein Verantwortlicher der Menschenmenge möge doch mal vorbeikommen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. „Das wäre ganz lieb.“ Pfiffe.
11.02 Uhr: Rauchbomben und Tee trinken
Frankfurt/Ost. Der Schwarze Block hat auf den Gleisen zum Ostbahnhof eine Rauchbombe gezündet, sonst heißt es: abwarten. Laut Polizei sind noch keine Nazis am Ostbahnhof. Weitere Demonstranten haben sich an der Hanauer Landstraße versammelt, um eine Blockade zu errichten.
11.00 Uhr: „Bekannte Pyramiden-Problematik“
Berlin/Oberschönweide. Die vier Blockierer an der Brückenstraße sitzen mittlerweile auf Holzpaletten. Ein Fachmann der niedersächsischen Polizei hat ihnen erklärt, dass als nächstes eine mit Schmierseife versehene Holzplatte unter die Pyramide geschoben werden soll. Inzwischen versuchen die Beamten, die Pyramide auch mit Stahlstangen leicht anzuheben. Polizei-Vizepräsidentin Margarete Koppers ist vor Ort – sie sagt, sie vertraue ganz den Spezialisten aus Niedersachsen. „Die Pyramiden-Problematik ist ja eine bekannte in Deutschland“, sagt der Einsatzleiter der Berliner Polizei.
10.52 Uhr: Kaffeetassen umklammern
Berlin/Schöneweide. Die Brückenstrasse steht immer noch im Zeichen der Pyramide. Die Polizei hat alles dicht gemacht, von den Balkonen beobachten Anwohner das Geschehen, Kaffeetassen umklammernd. Der Naziladen Hexogen ist verwaist, der Henker auch, nur zwei Wasserwerfer warten hinterm Haus. Dafür spazieren gerade drei Jungnazis im Polizeispalier gen Bahnhof, einer von ihnen Björn Wild, mutmaßlicher Kopf des NW Berlin.
10.50 Uhr: Warten auf Ansage
Berlin/ Oberschönweide. An der Deulstraße schauen rund 400 Demonstranten auf die „Aktionskarten“ und warten auf eine Ansage, wie es weitergehen soll. Ein Mann ist auf einen Baucontainer geklettert, spielt Gitarre und singt. Ein weiterer Demopulk stößt hinzu, gefolgt von Polizisten, die den Rückweg dichtmachen. Auch am anderen Ende der Straße wartet die Polizei auf, inklusive Wasserwerfer. Nebenan ein Kinderspielplatz, dahinter Polizisten. Insgesamt sind hier rund 1000 Menschen versammelt.
10.45 Uhr: Polizei in vollem Riotgear
Frankfurt/Ost. Vom Sammelpunkt Eisporthalle laufen mehrere 100 Antifaschisten in Richtung Ostbahnhof. Viele Demonstarnen hoffen, „dass die Bullen keinen großen Bock haben, uns wegzuräumen.“ Ihr Ziel ist es, die Gleise zum Ostbahnhof zu blockieren. Dort empfangen die Polizisten die teils schwarz vermummten Demonstranten in vollem Riotgear.
10.37 Uhr: Erste Auseinandersetzungen
Berlin/Schöneweide. Erste Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei an der Helmholtzstraße. Ein Dutzend Beamte versucht die Menge aufzuhalten. Einige Demonstranten brechen durch. Ein paar kann die Polizei aufhalten. Ein paar Beamten greifen zum Schlagstock. Die Protestierer suchen sich einen anderen Weg. „Das Katz-und-Mausspiel beginnt“, sagt einer.
10.36 Uhr: Polizeifahrzeuge in Frankfurt ausgebrannt
Frankfurt/ Ostbahnhof. Die Antifaschist_innen treffen sich ab 10 Uhr an zwei Sammelpunkten, jeweils nur wenige hundert Meter vom Ostbahnhof entfernt (Danziger Platz und Eissporthalle). Von dort aus werden sie versuchen, den Naziaufmarsch mittels drei Blockaden zu verhindern. Außerdem gibt es an mehreren Orten in der Stadt Infopunkte.In der Nacht zum Mittwoch sind in Frankfurt acht Polizeifahrzeuge ausgebrannt, die für den Einsatz am 1. Mai benötigt wurden. Die Polizei vermutet, dass die Autos, die in der Nähe der Messe abgestellt waren, angezündet wurden.
10.35 Uhr: Notarzt an der Pyramide
Berlin/Schöneweide.Die Polizei hat soeben verkündet, dass sie die Betonblockade jetzt abräumen will. Dazu will sie Platten unter die Pyramide und die 4 Blockierer schieben. Anschließend soll alles komplett wegtransportiert werden. Die Blockierer weisen eindringlich darauf hin, dass ihnen die Arme gebrochen werden könnten, wenn die Pyramide bewegt werde. Sie fragen, wer die Verantwortung habe, der Berliner Einsatzleiter oder die Fachpolizisten aus Niedersachsen. Der berliner Polizist antwortet: „Ich vertraue den Kollegen aus Hannover. Wir beginnen jetzt.“ Inzwischen ist ein Kranfahrzeug direkt an die Pyramide gefahren. Neben den blockierern steht ein Notarzt.
10.27 Uhr: Auftakt in Hamburg
Hamburg/St. Pauli. Bei strahlenden Sonnenschein aber dennoch nordischer Frische soll um 11 Uhr der traditionelle 1.Mai Aufzug des deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) aus dem Herzen des Hamburger Kiezes vom Spielbudenplatz an der Reeperbahn starten. Die Demonstration soll durch St. Pauli entlang der Elbe zum Fischmarkt führen. Mit Spannung wird der Auftritt des Hauptredners, dem Vorsitzenden der Industriegewerkschaft Bergbau Chemie und Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, erwartet. Die IG BCE-Führung in Hannover steht unter harscher Kritik, weil sie den seit sechs Monaten Streikenden Belegschaften odes verpackungsmittelherstellers Neupack in Hamburg- Stellingen und im niedersächsischen Rotenburg immer wieder ihre versönlicherischen und sozialpartnerschaftlichen Streikkonzepte diktiert. Die Belegschaften und die betrieblichen Streikleitungen verlangen, dass sie die jStrategie zur Durchsetzung eines Haustarifvertrages selbst bestimmen. Die DGB-Kundgebung geht dann in eine Brückenveranstaltung „Soviel Gerechtigkeit brauchst du - da geht was zusammen“ über, die den gewerkschaftlichen 1.Mai mit den in Hamburg stattfindenden evangelischen Kirchentag verbinden soll.
10.22 Uhr: „Echt gesundheitsgefährdend“
Berlin/Oberschönweide. An der Brückenstraße versucht die Polizei mittlerweile, die Betonpyramide aufzuflexen. Die vier Blockierer haben zum Schutz Bauhelme und Ohrschützer aufgesetzt bekommen. Sie bleiben optimistisch. „Unser Plan ist, dass wir hier bleiben“, sagt einer der vier zur taz. Deshalb habe man die Blockade auch als „Kundgebung für Antifaschistische Verankerung“ in Schöneweide angemeldet. Eine am Rand stehende Ärztin schüttelt besorgt den Kopf: „Die gefährden echt ihre Gesundheit.“ Die Polizei gib sich optimistisch, dass das hier gleich schon vorbei sei.
10.20 Uhr: „Hier sind wir richtig“
Berlin/Schöneweide. Der Neukölln-Finger: Er rennt, umläuft auf der Straße fuchtelnde Polizisten, rennt weiter und steht jetzt auf der Schnellerstraße vor Polizeigittern, Höhe Pitstop. „Wir habens geschafft, hier sind wir richtig“, ruft der Langhaarige am Megafon. „jetzt setzen wir uns schön gemütlich hin.“ So wirds gemacht. Damit ist die Ausweichroute der NPD gen Westen mit rund 400 Leuten dicht. Das nennt man wohl Schwarmintelligenz. Allerdings mit einem Verletzten: Ein Demonstrant hat einen Faustschlag eines Beamten abbekommen. Der Rest verschnauft.
10.10 Uhr: Auf dem Weg
In Karlshorst sind rund 300 Menschen auf dem Weg Richtung Schöneweide.
10.03 Uhr: Blockierer nicht wegzukriegen
Berlin/ Oberschönweide. Brückenstraße: Auf der Strecke der Nazi-Demo haben seit etwa halb acht vier Männer mit einer Betonpyramide die Straße blockiert. Ihre Arme stecken so in dem Gerät, dass man sie nicht herausholen kann, ohne sie zu verletzen. Die Polizei versucht derzeit, die Anlage zu überprüfen und hat bisher nur festgestellt, dass sich unter der Pyramide ein aufgeblasener Schlauch befindet. Würde man den beschädigen, würden die vier Blockierer unweigerlich auch verletzt. „Wir setzen darauf, dass die Polizisten hier erprobt sind“, sagt einer der Blockierer zur taz. Sowohl die Betonpyramiede als auch die umstehenden Polizeieinheiten sind offensichtlich Gorleben-geschult. Die Fachtruppe der Polizei hier kommt aus Niedersachsen.
10.00 Uhr: Über den Friedhof
Berlin/Treptow. Der Neukölln-Finger weicht über den Friedhof Baumschulenweg aus. Zwei Polizeiwagen hatten den direkten Weg nach Schöneweide versperrt.
9.55 Uhr: Polizisten schauen zu
Berlin/Baumschulenweg. „Alle der gelben Fahne nach“ ruft der Mann mit dem Megafon – und der Neukölln-Finger läuft los, mitten auf der Baumschulenstraße, dann links in die Kiefholzstrasse Richtung Schöneweide. Die wenigen Polizisten schauen nur zu.
9.50 Uhr: Und schon wieder raus
Berlin/ Neukölln. Der eine Neukölln-Finger steigt am Baumschulenweg schon wieder aus, sammelt sich vorm Bahnhof. Die Gruppe ist doch größer als gedacht: Etwa 400 Leute zählt die taz. Ein Teil davon tankt nochmal Kaffee nach beim Knusperbäcker. Der Rest blinzelt in die Sonne.
9.45 Uhr: Codewort „Kaffee“
Berlin/ Neukölln. Am S Bahnhof Neukölln entert der neuköllner „Finger“ die Bahn, die Hälfte gen Treptower Park, die andere Richtung Schöneweide. Auch ein dutzend Polizisten, locker mit Basecaps, steigen dazu. Drinnen drängt sich's in den Waggons, zwei Fahrradausflügler in rosa Polohemden schauen besorgt. Umsonst: alles entspannt, alles fröhlich! Berlin S Bahnhof Neukölln. Welches Codewort haben wir eigentlich? Fragt eine junge Frau mit Dreads. „Frühstück“, sagt ihr bärtiger Begleiter. „Kaffee“, schlägt eine Dritte vor. Sie setzt sich durch.
9.40 Uhr: Und Frankfurt?
Hier ein paar Vorabinfos vom taz-Reporter Timo Reuter aus Frankfurt am Main:
Das Verbot
Die NPD wollte zunächst vor der Europäischen Zentralbank (EZB) in der Frankfurter Innenstadt demonstrieren, doch das haben die städtischen Ordnungsbehörden wegen „erheblicher Gefahr für die Sicherheit“ untersagt. Schließlich urteilte das Frankfurter Verwaltungsgericht, dass die rechtsextreme Partei in der Nähe des neuen, sich noch im Bau befindlichen Gebäudes der EZB am Ostbahnhof demonstrieren darf. (Ordnungsdezernent Markus Frank sagte, es sei „schon mal ein Teilerfolg, dass die NPD nicht in der Innenstadt demonstrieren kann“.)
Die NPD-Demo
So will die NPD ab 12 Uhr auf der Rückseite des Ostbahnhofs in der Ferdinand-Happ-Straße unter dem Motto „Raus aus dem Euro – Gegen Euro und Großkapital“ eine Kundgebung abhalten. Auf der Rednerliste stehen unter anderem der stellvertretende Parteivorsitzende Udo Pastörs und Siegrid Schüssler vom „Rind nationaler Frauen“ – dazu spielt der Nazimusiker "Fylgien" Nazimusik. Die NPD erwartet mehrere hundert Anhänger zu der Kundgebung, die neben der Veranstaltung in Berlin als zentraler Treffpunkt der Partei bundesweit gilt.
Die Gegendemos
Gegen die Ankündigung der Nazis, in Frankfurt auf die Straße zu gehen, regte sich bereits früh Widerstand. Laut einem Polizeisprecher gibt es in Frankfurt „über 40 Veranstaltungen“. Es werden mehrere tausend Gegendemonstranten erwartet.
Das Römerbergbündnis, dem die christlichen Kirchen, die Jüdische Gemeinde, der Frankfurter Jugendring und der DGB angehören, ruft unter dem Motto „für ein weltoffenes Frankfurt“ zur Demo auf. Vor dem Rathaus der Mainmetropole, auf dem Römerberg, wird ab 11 Uhr unter anderem Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann sprechen. Die Auschwitzüberlebende Esther Bejarano macht dort gemeinsam mit der Rapgruppe „Microphone Mafia “ Musik.
Der „Antifaschistische Ratschlag“, dem rund 120 linke und antifaschistische Initiativen angehören, plant zudem, die Nazidemo durch Massenblockaden und Aktionen des zivilen Ungehorsams zu verhindern. Die Autonome Antifa kündigte an: „Wir wollen den Naziaufmarsch auf jeden Fall verhindern“ Dem Bündnis „Antifaschistischr Ratschlag“ gehören unter anderem die Gewerkschaftsjugend, Attacgruppen, die Linkspartei, MigrantInnenvertreter, die Antifa, Occupy, die Jusos Frankfurt und Friedensorganisationen an.
Die Polizei
Die Polizei wird auf eine konsequente Trennung von Nazis und AntifaschistInnen setzen, sie ist mit einem Großaufgebot in Frankfurt präsent., Über die Truppenstärke und die Taktik wollte ein Polizeisprecher keine Auskunft geben. Er hegte aber bereits am Dienstag Zweifel, ob die Nazis überhaupt an den Ort ihrer Veranstaltung gelangen würden: „Dahinter setzte ich ein großes Fragezeichen.“
9.35 Uhr: „Schöneweide nazifrei“
Berlin/Ostkreuz. Rund 600 Menschen haben sich am Ostkreuz versammelt und warten auf die Anfahrt gen Schöneweide. „Das schaut gut aus“, sagt die Frau am Megaphon. „Der ganze Bahnsteig ist voll, wir sind richtig richtig viele.“ Die mehrheitlich jungen Leute haben Schilder mitgebracht. „Schöneweide nazifrei“ steht auf einem. Die Sonne scheint. Die Bundespolizisten, die entspannt am Bahnsteigrand stehen, haben Schildkappen auf dem Kopf.
9.31 Uhr: Gleich fahrn wa los
Berlin/Neukölln. Der 1. Mai Widerstand ist in diesem Jahr ein Frühaufsteher. Der Bahnsteig am S Bahnhof Neukölln ist bereits knacke voll: gut 400 leute sammeln sich hier, um gleich gemeinsam nach schöneweide zu fahren, um dort am Mittag die npd zu blockieren. Viele junge, erstaunlich ausgeschlafene Gesichter, schwarze Kapuzenpullover. Auch Grüne, Linke, Piraten, Demosanis - alle da. Ein junger Mann mit Megafon: "Gleich fahrn wa los".
9.30 Uhr: Sonniger Start
Berlin/Kreuzberg. In den Straßen rund um den Oranienplatz werden die letzten parkenden Fahrzeuge abgeschleppt, die ersten Stände mit Getränken und Essen stehen bereits, an den Musikbühnen wird noch geschraubt. Derweil sind unsere reproter erneut unterwegs nach Schöneweide, trinken ihren ersten Kaffe im Hamburger Schanzenviertel oder machen sich auf in die Straßen Frankfurts.
Was heute in Berlin zu erwarten ist, haben wir aufgeschrieben, was in Hamburg, auch. Gestern berichteten wir aus Berlin und Hamburg im Walpurgisnacht-Ticker. Nachzulesen sind unsere Beobachtungen, inklusive Tageszusammenfassung und die vergebliche Suche nach einer Pizza hier.
Die Temperaturen heute werden fast sommerlich sein. Wir wünschen allen einen schönen 1. Mai.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch