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 ■  DOKUMENTATION

Scherf als Kultur- und Bildungspolitiker

Auszüge aus einem alten Positionspapier des Henning Scherf: Beiträge zur aufgabenkritischen Erneuerung bremischer

Senatspolitik“ (1985)

Wenn alles seinen Gang geht, wird der Bremer Sozialsenator Henning Scherf zum Bildungssenator umgewählt. Ein völlig neues Fachgebiet, könnte man meinen, für Scherf aber ist der Senator nicht sein erster Fachbeamter, sondern der Politiker, der zwischen Fachressort und betroffener Bevölkerung vermittelt. Aber so ganz unbeleckt in Sachen Kultur- und Bildungspolitik ist Scherf nicht, 1985 als Herausforderer von Wedemeier im innerparteilichen Streit um die Nachfolge des Bürgermeisters Koschnick, hat Scherf seine Gedanken zu seinem neuen Ressort aufgeschrieben. Scherf im Februar 1990: „Ich finde das, was ich damals geschrieben habe, immer noch nicht schlecht.“

Wir dokumentieren Auszüge:

„Voraussetzung für eine aktivere Beteiligung der Bürger an den öffentlichen Angelegenheiten ist die Suche nach praktischen Anknüpfungspunkten. Die naheliegendste und praktischste Möglichkeit bieten die Bürgerhäuser. Zu überlegen wäre, ob sie nicht weit stärker als bisher zur Stadtteilkulturarbeit genutzt werden könnten. Das würde allerdings eine deutliche Verlagerung unserer Kulturpolitik von den großen Theatern zu offeneren Formen bis hin zum Mitmachtheater verlangen.

Eine im Prinzip schon höhere Beteiligungsschwelle könnte durch die stärkere Öffnung von Einrichtungen, z.B. der KTHs oder der JFHs angegangen werden. Sie sollten selbstverständliche Anlaufstellen für Familien oder Jugendliche werden. Warum sich Eltern nicht an der Erziehung ihrer Kinder in KTHs beteiligen sollen, ist nicht einzusehen. (Um kein Mißverständnis entstehen zu lassen: Dies heißt nicht, die personelle professionelle Grundausstattung der Versorgung der Kinder anzutasten.) Die prinzipielle Entlastung der Familien von den Erziehungsaufgaben kann kein Ziel von öffentlicher Erziehungspolitik sein.

Das gilt natürlich auch für den Schulbereich, insbesondere die Primarstufe. Hier ist die Beteiligung der Eltern am Unterricht alles andere als eine Selbstverständlichkeit, obgleich eine flexible Arbeitszeitgestaltung auf Sicht eine Menge Möglichkeiten eröffnet. (...)“

Scherf sprach sich weiter dafür aus, „mitbestimmte Aufgaben in die Selbstbestimmung der Betroffenen zu übergeben.

a) Einrichtungen, die schon heute weitgehend unabhängig von staatlicher Regie operieren, können dies in Zukunft selbstbestimmt organisieren. Beispiele: Bürgerhäuser, Weiterbildungsbüros, Kulturläden....

c) Im gesamten Kultur-und Kommunikationsbereich ist das provozierende Nebeneinander von wenigen vollsubventionierten Angeboten und vielen gänzlich auf sich allein gestellten Initiativen zugunsten einer Förderung von Selbstbestimmung umzustrukturieren.“

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