piwik no script img

Rechtsextreme AttackePrügel im Supermarkt

Vor zwei Jahren griffen Neonazis die Journalistin und taz-Autorin Andrea Röpke während einer Recherche an. Damals half ihr niemand. Nun wurden die Rechtsextremen vor Gericht verurteilt.

Nazis lassen sich nicht gerne fotografieren. Bild: ap

ZOSSEN taz Im Sitzungssaal I des Amtsgerichts Zossen sind am Freitag alle Plätze belegt. So viele Besucher, sagt Richter Wolfgang Böhm, kommen sonst nicht. Denn das Gericht in der brandenburgischen Gemeinde beschäftigt sich eher mit Zwangsversteigerungen von Immobilien. Doch im Saal I wird gegen Sebastian Räbiger wegen "gefährlicher Körperverletzung" verhandelt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Vorsitzenden der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ), Sebastian Räbiger, vor, die Journalistin und taz-Autorin Andrea Röpke angegriffen und geschlagen zu haben.

Am Abend verkündet Richter Böhm dann das Urteil: Räbiger wird wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt, er gilt damit als vorbestraft. Das Verfahren gegen den Mitangeklagten Friedrich Tinz wird abgetrennt. In seiner Urteilsbegründung weist der Richter ausdrücklich darauf hin, dass es sich ein politisch aktiver Mann wie Räbiger gefallen lassen müsse, wenn Journalisten investigativ recherchieren.

Keine zwanzig Autominuten von Zossen entfernt liegt der Ort, in dem am 4. November 2006 Räbiger und Tinz laut Anklage zuschlugen. An jenem Tag richtete die HDJ in Blankenfelde ihren "6. Märkischen Kulturtag" aus. An die 200 Rechtsextremen kamen zu einem Gasthof in der kleinen Gemeinde südlich von Berlin. Mit einem Fotografen wollte Röpke das Treffen dokumentieren. Mehrere Rechtsextreme erkannten die beiden Journalisten. Sogleich sollen Räbiger und Tinz auf Röpke und ihren Fotografen zugelaufen sein. "Wir rannten in einen Supermarkt", berichtet Röpke, die auch für den NDR und den Blick nach Rechts arbeitet. In dem Supermarkt habe niemand geholfen, als sie mehrmals zu Boden gestoßen und ins Gesicht geschlagen worden sei. Auch ihr Fotograf sei gestoßen und gewürgt worden. "Diese Erfahrung war schon erschütternd", sagt die Journalistin Röpke.

"Nein, diese Frau hab ich nicht geschlagen", sagt dagegen Räbiger. Er will ihr nur hinterhergelaufen sein und gerufen haben: "Andrea, bleib stehen!" In dem Supermarkt habe er sich dann bloß deshalb vor ihr aufgebaut, weil er über das Fotografieren verärgert war. "Da ist sie wohl hingefallen", meint er und beteuert sogleich, Tinz sei nicht dabei gewesen. Tinz hatte zuvor schon knapp gesagt, "nicht beteiligt" gewesen zu sein.

Ob er nicht doch ein wenig geschubst habe, fragt der Richter bei Räbiger nach. Doch selbst als die Staatsanwaltschaft das ärztliche Attest mit den Beschreibungen der Kopf- und Oberkörperverletzungen aufgrund von "körperlicher Gewalt" anführt, streitet der Angeklagte alles ab. Er räumt nur ein: "Frau Röpke ist nicht gerade meine Freundin", und: "Ich wollte verhindern, dass sie Aufnahmen macht."

Das Bundesinnenministerium prüft seit Längerem ein Verbot der HDJ. Der Schuldspruch ist für den Verein also recht unpassend. Immerhin interessierte sich auch braune Prominenz, wie der mecklenburg-vorpommerische NPD-Landtagsabgeordnete Tino Müller, für den Prozess.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

12 Kommentare

 / 
  • AY
    Andi Ypsilon

    Auf dem politisch korrekten Auge blind?

     

    "In dem Supermarkt habe niemand geholfen, als sie mehrmals zu Boden gestoßen und ins Gesicht geschlagen worden sei. Auch ihr Fotograf sei gestoßen und gewürgt worden. "Diese Erfahrung war schon erschütternd", sagt die Journalistin Röpke."

     

    Dazu "wolf": "der gesetzgeber hat dafür eine mindeststrafe von 6 monaten freiheitsstrafe vorgesehen, im ausnahmefall auch geldstrafe von mindestens 180 tagessätzen."

     

    Welche Strafe wäre demnach dann im folgenden Fall angemessen?

     

    "Die Tat, um die es geht, geschah am Abend des 15. Februar 2007 im Kölner Stadtteil Ostheim. Zusammen mit den vier Kindern seiner damaligen Lebensgefährtin befand sich der Erwerbslose Waldemar W. auf dem Heimweg von einer Karnevalsfeier, als er an einer Telefonzelle auf Erdinc S. und seine Kumpels traf. [...] Dann schlug Erdinc S. plötzlich zu. Die Wucht seines Schlages ließ Waldemar W. gegen die Glasscheibe der Zelle stürzen. Dabei verletzte er sich so schwer, dass er wochenlang im Koma lag. Die Ärzte attestierten ein "Schädelhirntrauma mit Gehirneinblutungen". Seit der Tat, an die er sich nicht mehr erinnern kann, ist Waldemar W. zu sechzig Prozent schwer behindert. In den medizinischen Gutachten ist von "dauerhaften hirnorganischen Schäden“ die Rede. Er ist arbeitsunfähig und seine Freundin hat ihn verlassen. Von der "Katastrophe eines zerstörten Lebens", spricht sein Anwalt Bernd Neunzig."

     

    In der ersten Instanz ging der Täter Erdinc S. straffrei aus. Die taz spricht von einem "vermeintlich milden Urteil."

     

    Gerecht?

  • W
    wolf

    sollte am ende der beweisaufnahme tatsächlich eine gefährliche körperverletzung zu beweisen gewesen sein, ist das urteil unvertretbar milde. der gesetzgeber hat dafür eine mindeststrafe von 6 monaten freiheitsstrafe vorgesehen, im ausnahmefall auch geldstrafe von mindestens 180 tagessätzen.

  • B
    Bichette

    Nur wenn sich die Demokratie glaubhaft und deutlich sichtbar wehrt, kann den rechten Demagogen, Mitläufern und den brutalen Gewalttätern Einhalt geboten werden. Milde ist gegenüber solchen Demokratiefeinden nicht angebracht. Die Jahre vor 1933 lassen herzlich grüßen, wo eine zu milde und z.T. blinde Justiz, eine meist auf der falschen Seite stehende Polizei und vor allem zerstrittene Parteien den Nazis dummerweise zuarbeiteten.

  • PM
    Pas Materski

    so getz darf der mann nicht mehr bei behörden

    oder post oder so arbeiten, knallhart.

    da gibt es nichts.

    voll harte strafe, das.

    digga fall ma nen bild-heini an, mal sehen wieviel das bringt...!

  • AY
    Andi Ypsilon

    Auf dem politisch korrekten Auge blind?

     

    "In dem Supermarkt habe niemand geholfen, als sie mehrmals zu Boden gestoßen und ins Gesicht geschlagen worden sei. Auch ihr Fotograf sei gestoßen und gewürgt worden. "Diese Erfahrung war schon erschütternd", sagt die Journalistin Röpke."

     

    Dazu "wolf": "der gesetzgeber hat dafür eine mindeststrafe von 6 monaten freiheitsstrafe vorgesehen, im ausnahmefall auch geldstrafe von mindestens 180 tagessätzen."

     

    Welche Strafe wäre demnach dann im folgenden Fall angemessen?

     

    "Die Tat, um die es geht, geschah am Abend des 15. Februar 2007 im Kölner Stadtteil Ostheim. Zusammen mit den vier Kindern seiner damaligen Lebensgefährtin befand sich der Erwerbslose Waldemar W. auf dem Heimweg von einer Karnevalsfeier, als er an einer Telefonzelle auf Erdinc S. und seine Kumpels traf. [...] Dann schlug Erdinc S. plötzlich zu. Die Wucht seines Schlages ließ Waldemar W. gegen die Glasscheibe der Zelle stürzen. Dabei verletzte er sich so schwer, dass er wochenlang im Koma lag. Die Ärzte attestierten ein "Schädelhirntrauma mit Gehirneinblutungen". Seit der Tat, an die er sich nicht mehr erinnern kann, ist Waldemar W. zu sechzig Prozent schwer behindert. In den medizinischen Gutachten ist von "dauerhaften hirnorganischen Schäden“ die Rede. Er ist arbeitsunfähig und seine Freundin hat ihn verlassen. Von der "Katastrophe eines zerstörten Lebens", spricht sein Anwalt Bernd Neunzig."

     

    In der ersten Instanz ging der Täter Erdinc S. straffrei aus. Die taz spricht von einem "vermeintlich milden Urteil."

     

    Gerecht?

  • W
    wolf

    sollte am ende der beweisaufnahme tatsächlich eine gefährliche körperverletzung zu beweisen gewesen sein, ist das urteil unvertretbar milde. der gesetzgeber hat dafür eine mindeststrafe von 6 monaten freiheitsstrafe vorgesehen, im ausnahmefall auch geldstrafe von mindestens 180 tagessätzen.

  • B
    Bichette

    Nur wenn sich die Demokratie glaubhaft und deutlich sichtbar wehrt, kann den rechten Demagogen, Mitläufern und den brutalen Gewalttätern Einhalt geboten werden. Milde ist gegenüber solchen Demokratiefeinden nicht angebracht. Die Jahre vor 1933 lassen herzlich grüßen, wo eine zu milde und z.T. blinde Justiz, eine meist auf der falschen Seite stehende Polizei und vor allem zerstrittene Parteien den Nazis dummerweise zuarbeiteten.

  • PM
    Pas Materski

    so getz darf der mann nicht mehr bei behörden

    oder post oder so arbeiten, knallhart.

    da gibt es nichts.

    voll harte strafe, das.

    digga fall ma nen bild-heini an, mal sehen wieviel das bringt...!

  • AY
    Andi Ypsilon

    Auf dem politisch korrekten Auge blind?

     

    "In dem Supermarkt habe niemand geholfen, als sie mehrmals zu Boden gestoßen und ins Gesicht geschlagen worden sei. Auch ihr Fotograf sei gestoßen und gewürgt worden. "Diese Erfahrung war schon erschütternd", sagt die Journalistin Röpke."

     

    Dazu "wolf": "der gesetzgeber hat dafür eine mindeststrafe von 6 monaten freiheitsstrafe vorgesehen, im ausnahmefall auch geldstrafe von mindestens 180 tagessätzen."

     

    Welche Strafe wäre demnach dann im folgenden Fall angemessen?

     

    "Die Tat, um die es geht, geschah am Abend des 15. Februar 2007 im Kölner Stadtteil Ostheim. Zusammen mit den vier Kindern seiner damaligen Lebensgefährtin befand sich der Erwerbslose Waldemar W. auf dem Heimweg von einer Karnevalsfeier, als er an einer Telefonzelle auf Erdinc S. und seine Kumpels traf. [...] Dann schlug Erdinc S. plötzlich zu. Die Wucht seines Schlages ließ Waldemar W. gegen die Glasscheibe der Zelle stürzen. Dabei verletzte er sich so schwer, dass er wochenlang im Koma lag. Die Ärzte attestierten ein "Schädelhirntrauma mit Gehirneinblutungen". Seit der Tat, an die er sich nicht mehr erinnern kann, ist Waldemar W. zu sechzig Prozent schwer behindert. In den medizinischen Gutachten ist von "dauerhaften hirnorganischen Schäden“ die Rede. Er ist arbeitsunfähig und seine Freundin hat ihn verlassen. Von der "Katastrophe eines zerstörten Lebens", spricht sein Anwalt Bernd Neunzig."

     

    In der ersten Instanz ging der Täter Erdinc S. straffrei aus. Die taz spricht von einem "vermeintlich milden Urteil."

     

    Gerecht?

  • W
    wolf

    sollte am ende der beweisaufnahme tatsächlich eine gefährliche körperverletzung zu beweisen gewesen sein, ist das urteil unvertretbar milde. der gesetzgeber hat dafür eine mindeststrafe von 6 monaten freiheitsstrafe vorgesehen, im ausnahmefall auch geldstrafe von mindestens 180 tagessätzen.

  • B
    Bichette

    Nur wenn sich die Demokratie glaubhaft und deutlich sichtbar wehrt, kann den rechten Demagogen, Mitläufern und den brutalen Gewalttätern Einhalt geboten werden. Milde ist gegenüber solchen Demokratiefeinden nicht angebracht. Die Jahre vor 1933 lassen herzlich grüßen, wo eine zu milde und z.T. blinde Justiz, eine meist auf der falschen Seite stehende Polizei und vor allem zerstrittene Parteien den Nazis dummerweise zuarbeiteten.

  • PM
    Pas Materski

    so getz darf der mann nicht mehr bei behörden

    oder post oder so arbeiten, knallhart.

    da gibt es nichts.

    voll harte strafe, das.

    digga fall ma nen bild-heini an, mal sehen wieviel das bringt...!