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06.09.2023 Bremer Mahnmal zur Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung in der NS-Zeit wird eingeweiht

Aktuelle Pressemitteilungen der taz

Schon 2015 war in der Bremer Redaktion der taz die Idee eines Mahnmals entstanden, das die Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung in der NS-Zeit angemessen thematisieren sollte. Anlass der Mahnmal-Initiative waren die großen Jubiläumsfeierlichkeiten Kühne+Nagels, des in Bremen gegründeten, heute weltweit drittgrößten Speditionskonzerns. Bremen hatte als Hafen- und Logistikstadt einen besonderen Anteil an der "Verwertung" des beweglichen Hab und Guts der jüdischen Bevölkerung. Angeschoben wurde das Projekt durch eine Crowdfunding-Kampagne, an der sich viele taz-Leser*innen und –Genoss*innen beteiligten. Am 10. September wird das Mahnmal nun eingeweiht.

Die komplette Ausplünderung, das Ausräumen der Wohnungen und Häuser, fand überall in Deutschland statt und ebenso in den von der Wehrmacht besetzten Ländern. Die unrechtmäßig angeeigneten Güter galten als "siegwichtig" für die Aufrechterhaltung der Kriegsmoral. Zugleich löschte das restlose Ausräumen die Lebensspuren der Vertriebenen und Ermordeten aus und brachte große Mengen an "arisiertem" Eigentum in die Familien der Profiteur*innen. Wie sollte mit diesem Erbe umgegangen werden? Wie konnte die restlose Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung in der NS-Zeit angemessen thematisiert werden?

"Die Errichtung des Mahnmals, gestaltet von Evin Oettingshausen, ist eine erste Antwort", sagt Henning Bleyl, freier Journalist, Initiator der Aktion und bis 2016 Kulturredakteur der Bremer taz. "Dass wir sie geben konnten, dass die Stadt Bremen das Projekt als Bauherrin umsetzt, verdanken wir der Unterstützung zahlreicher Personen, die sich politisch, finanziell und anteilnehmend eingebracht haben. Entsprechend würden wir uns sehr freuen, möglichst viele von ihnen am 10. September bei der Einweihung begrüßen zu können."

Der Spendenaufruf wurde von 210 Personen erstunterzeichnet, von zahlreichen Bremer*innen ebenso wie von internationalen Fachleuten aus den Bereichen politische Bildung, bildende Kunst und Geschichtswissenschaft. Zu den Unterstützer*innen gehören die Bremer Ehrenbürger*innen ebenso wie der Fußballverein Werder Bremen, der Sportgarten, Schüler*innen und Stadtteil-Initiativen.

Der Bau des Mahnmals basiert auf einem im November 2016 fraktionsübergreifend gefassten Beschluss der Bremischen Bürgerschaft. Am 10. September 2023 um 18 Uhr lädt Bürgerschaftspräsidentin Antje Grotheer daher zu einem inhaltlichen Rahmenprogramm ein, bei dem Prof. Dr. Frank Bajohr, Leiter des Zentrums für Holocaust-Studien am Institut für Zeitgeschichte (IfZ) München einen Vortrag mit dem Titel "Opa war kein Profiteur? Zum gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Umgang mit der "Arisierung"" halten wird.

Des Weiteren werden unter dem Titel "Das Bremer Mahnmalprojekt und seine Hürden: Schlaglichter und Schlussfolgerungen" verschiedene Perspektiven auf das Projekt zu Wort kommen. Im Anschluss gibt es ein erinnerungspolitisches Panel mit dem Titel "Das Mahnmal steht, wie geht es weiter? Perspektiven, Herausforderungen und Fallstricke der Gedenkkultur".

Die Einweihung des Mahnmals findet in Anwesenheit von Bürgermeister Andreas Bovenschulte am 10.September um 11 Uhr an den Weserarkaden statt. Neben dem Bürgermeister werden dort auch Grigori Pantijelew von der Jüdischen Gemeinde Bremen und Barbara Maass aus Montreal sprechen, eine Enkelin des in Auschwitz ermordeten früheren Miteigentümers der Speditionsfirma Kühne+Nagel. Zudem werden Henning Bleyl als Initiator des Mahnmals und Evin Oettingshausen, Gestalter*in des Mahnmals, einen Beitrag leisten. Zusammen haben sie sich in den vergangenen sieben Jahren um die Umsetzung des Projekts durch die Stadt Bremen bemüht.

Musikalisch wird die Einweihung begleitet durch eine Komposition des Bremer Cellisten Don Jaffé, Mitglied der jüdischen Gemeinde, gespielt von Lynda Cortis.

Alle Texte der taz zum Thema finden Sie auf taz.de/mahnmal

Wir freuen uns über Berichterstattung und laden Sie herzlich zur Einweihung des Mahnmals ein.

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