Profil-Einstellungen
Login Kommune
Hier könnten Ihre Kommentare stehen
Herzlich willkommen.
Auch Sie haben eine Stimme und auch die soll gehört und gelesen werden.
Hier werden alle Kommentare gesammelt, die Sie verfassen. Außerdem können Sie Kontaktmöglichkeiten hinterlegen und sich präsentieren.
Wir freuen uns, wenn Sie die taz.kommune mit Ihren klugen Gedanken bereichern.
Viel Freude beim Lesen & Schreiben.
meine Kommentare
28.05.2020 , 23:58 Uhr
Zu diesem Artikel selbst oder der ganzen unsinnigen Debatte mag ich mich nicht äußern - meine Grundsätze verbieten mir, meine Zeit mit derlei zuzubringen, aber ich möchte eine Bemerkung zu etwas Wichtigerem anbringen: In einem Punkt irrt Herr Mbembe sicher: Es handelt sich bei Israels Politik gegenüber den Palästinensern nicht um den größten moralischen Skandal des 21. Jahrhunderts. Auch der Autor dieses Artikels irrt aber, wenn er diesen Skandal stattdessen in Syrien, im Jemen oder in Simbabwe sucht. Der größte moralische Skandal des 21. Jahrhunderts findet hier statt. Es ist die Klimakrise, es ist das gewaltige Artensterben, es ist das Plastik in den Meeren, es ist der brennende Regenwald - es ist der Umstand, dass sowohl der Autor dieses Artikels als auch Herr Mbembe diese alles andere in den Schatten stellende ökologische Krise nicht einmal auf dem Schirm zu haben scheinen, es ist der Umstand, dass nicht die ganze taz voll von Artikeln über die ökologische Krise ist, sondern man sich stattdessen mit allem möglichen Kleinkram aufhält, der wunderbar geeignet ist, vom Eigentlichen abzulenken, aber bedeutungslos sein wird, wenn bald ein Drittel der Weltbevölkerung nicht mehr in seiner jetzigen Heimat leben kann: Der größte moralische Skandal des 21. Jahrhunderts ist, dass all dies noch immer möglich ist, fast zwei Jahre, nachdem die Kinder auf ihr Recht auf Ausbildung zu verzichten, auf die Straßen zu gehen und die Älteren anzuklagen begannen: Selbst das scheint weder den Artikelschreiber, noch Mbembe, noch den durchschnittlichen Kommentator aufgeweckt zu haben. Unberührbarkeit aber ist immer die eigentliche, ja die einzige Unmoralität.
zum Beitrag27.02.2020 , 21:54 Uhr
Anderswo ist es immer schlimmer, aber das erlaubt noch nicht den Rückschluss, dass es hier gut sei. Ebenso ist Kinderfreundlichkeit schwerlich allein am Vorhandensein irgendeiner Infrastruktur festzumachen - sie macht sich fest am Umgang mit Kindern. Kinderfeindlich ist zunächst einmal jede Gesellschaft, der ihre Kinder und deren Zukunft gleichgültig sind - insofern also jede größere Gesellschaft, die es derzeit auf Erden gibt. Aber selbst davon abgesehen, werden Kinder in diesem Lande derart behandelt, dass jeder, der nicht seinerseits achtlos gegen Kinder ist, es sich zumindest sehr gründlich überlegen wird, ob er einem Kind zumuten will, hier aufzuwachsen. (Man denke nur, mit welcher Selbstverständlichkeit man als junger Mensch - noch weit über die Kindheit hinaus - immer wieder damit abgefertigt wird, man habe doch keine Lebenserfahrung.) Vor einer Zeit gab es einen lesenswerten Artikel in der Zeit von einer Mutter, deren Kind teils in Deutschland, teils in Israel aufwächst: blog.zeit.de/freit...hland-israel-funk/ Das Kind verfällt bei der Rückkehr nach Deutschland zunächst in Melancholie: sind ihm in Israel die Menschen zugewandt, sind sie hier kalt und bleibt es isoliert. Es gibt also andere Gesellschaften, die in vielem sehr weiter sind (woraus nicht folgt, dass es in diesen keinerlei Kinderfeindlichkeit gibt - mindestens die Zukunft nehmen ja schließlich auch sie ihren Kindern).
zum Beitrag26.02.2020 , 22:41 Uhr
Was aber die Kapitalismuskritik angeht: Also ich höre oft wen auf der Bühne was von Kapitalismus schimpfen. Freilich, das ist oberflächlich und bleibt folgenlos. Aber das ist doch keine Überraschung. Was "Kapitalismus" überhaupt ist, wie das funktioniert, was eine Alternative wäre, das weiß doch der gemeine Linke nicht. Es ist eben ein leerer Kampfbegriff, man hat mal gehört, dass das was Böses ist und weg muss. Auch hier kann ich nur raten, sich mehr von Greta Thunberg abzuschauen: Die ist viel radikaler, als es den meisten bewusst ist und als es die meisten bei Fridays for Future sind. Die hat richtig erkannt: ALLE Ideologien haben versagt, das schließt irgendwie linke oder sozialistisch angehauchte mit ein. Die Schüler bei Fridays for Future sollten mehr Mut haben, neue Wege zu gehen: Sie sollten nicht bloß die Welt der Ausgewachsenen kopieren und deren verstaubte Rezepte neu auflegen, sondern erkennen, dass diese Welt doch gerade die Krise geschaffen hat. "Antikaptalismus" ist seit Jahren und Jahrzehnten ein bedeutungsleeres linkes Schlagwort. Es wäre der Tod von Fridays for Future, eine weitere linke Gruppe unter vielen zu werden (auch wenn fleißig daran gearbeitet wird). Die Stärke von Thunberg und von den Schülern war und ist es gerade, dass es endlich einmal ganz um die Sache ging, statt wie sonst nur um ideologische Grabenkämpfe. Wohlverstanden: Soll es besser werden (nicht nur beim Klima), wird sich unsere Lebensweise und damit auch unser Wirtschaften grundsätzlich ändern müssen. Aber da lenkt das Schlagwort Kapitalismus mehr ab, als zu helfen. Da müssen die Menschen selbst sich ändern, da braucht es Aufklärung. Der Kapitalismus ist mehr Symptom als Ursache, seine vermeintlichen Alternativen sind meist nur andere Symptome, die mit ihm noch immer dieselbe Wurzel teilen. Ändern die Menschen ihre Haltung, werden Wirtschaft und Politik sich ganz notwendig wandeln, bleiben die Menschen, wie sie sind, dann bleiben auch die Übel, Kapitalismus hin oder her.
zum Beitrag26.02.2020 , 22:35 Uhr
Die Gesprächskultur des berliner Orgaanisatorenteams ist in der Tat mit "nicht vorhanden" am freundlichsten umschrieben. Es wird zwar manches Mal davon geredet, man sei ja basisdemokratisch und es seien ja alle gleich, aber ich kann mich nicht erinnern, dass die Teilnehmer wirklich gefragt wurden, welche Taktik sie wünschen, oder z. B. welche Redeinhalte erwünscht oder unerwünscht sind. Da entscheidet die Führung und es ist wie bei allen Menschen, die überzeugt sind, zu den Guten zu gehören: Was man tut, muss notwendig richtig sein, denn man ist ja gut, man meint es gut, man kann also auch nur Gutes tun. Andererseits gibt es zwar formal viele Möglichkeiten, Kritik zu üben, ich weiß aber von vielen, die die Organisatoren angeschrieben haben, dass sie mit den immergleichen vorgefertigten Phrasen abgewimmelt wurden bzw. öfter und bei besonders kritischen Bemerkungen auch mal ganz ignoriert wurden. Man verhält sich hier nicht anders als die Pressestelle jeder beliebigen Partei und merkt nicht, dass man damit eine Haltung lebt, die gerade schuld ist am Klimawandel und die gerade zu verschwinden hat.
zum Beitrag26.02.2020 , 21:44 Uhr
Man kann die Berichterstattung kritisieren, gewiss. Ich würde aber raten, nicht nur anderen die Schuld zu geben, sondern mit der Kritik immer zuerst bei sich selbst anzufangen: Fridays for Future in Deutschland und Berlin hat selbst zugelassen, dass z. B. Neubauer nun im Rampenlicht steht. Ich bin selbst fast jede Woche bei den Protesten in Berlin zugegen. Ich weiß, dass durchaus Manches Missfallen erregt (es geht ja nicht nur um große Fragen wie irgendwelche Taktiken oder irgendeine Ausrichtung der Bewegung, sondern auch etwa darum, wer reden darf und wer nicht, wie viel Zeit es für Reden und viel viel fürs Hüpfen gibt usw., aber eben auch z. B. darum, dass immer wieder dieselben vor den Kameras sprechen), nur bleibt es eben meist bei diesem persönlichen Missfallen, dass dann höchstens noch mit den Freunden geteilt wird. Fridays for Future, wenigstens hier, ist, dafür, dass es sich doch um eine Protestbewegung handelt und dass man immerhin die Schule schwänzt, unheimlich brav. Das zeigt sich im Umgang mit der eigenen selbsternannten Führung, aber auch nach außen hin (ich weiß noch, auf einer der ersten Demonstrationen, die ich besuchte, wurde über diesen münchener Schulleiter gesprochen, der Bußgelder verhängen wollte, und man rief ganz selbstverständlich auf, Geld zu sammeln, damit die Betroffenen die Bußgelder bezahlen können - sich dieser schändlichen Strafe nicht zu fügen, vielleicht lieber Geld zu sammeln, damit die Betroffenen sich Anwälte nehmen können, derlei kam gar nicht in den Sinn). Hier gilt es, nicht bloß Thunberg das nachzumachen, was sie vorgemacht hat (wie den Schulstreik), sondern mutig zu sein und wahrhaft mehr wie sie zu werden - also ggf. auch mal selbst voranzugehen, wenn es noch kein anderer getan hat, was ja gerade ihre große Tat war. Ich bin ganz bei dir, dass Fridays for Future nicht bloß dazu da sein sollte, Neubauers Stimme mehr Gewicht zu geben, aber hier wie überall sollten sich die Protestierenden eben zunächst einmal selbst aufklären
zum Beitrag