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02.10.2014 , 16:57 Uhr
Es fällt mir wirklich schwer, für wahr zu halten, was der Film erzählt und glaubhaft macht: die regelmäßigen sexuellen Gewalttaten, verübt an Schülern der Odenwaldschule. Aber die Indizien und Aussagen der Opfer sind so überzeugend, dass man der traurigen Wahrheit glauben muss.
Ich kenne Gerold Becker seit einer Kretareise im Jahr 1959 mit einer Jugendgruppe. Seitdem blieb ich mit ihm befreundet, mal näher, mal aus weiterer Entfernung; mit ihm konnte man gründlich über die Beschaffenheit der Welt und den Zweck der Religion diskutieren. Er gehörte zu den wichtigen Personen in meinem Leben; ich kann ihn nur einen Förderer nennen.
Ich kann mir vorstellen, dass sich mit dieser Auskunft jetzt die Opfer seiner sexuellen Attacken beleidigt fühlen. Aber genauso, wie ich ihnen glauben muss, müssen sie mir abnehmen, dass ich von Becker zu keiner Zeit einen „Übergriff“ erlebt habe. Mir war zwar – erst recht spät – bekannt geworden, dass er ein homophiler Päderast war, aber dass er sein besonderes Vergnügen an seinen Schülern mit physischer Gewalt verwirklichte, fällt mir noch immer schwer zu glauben.
Als ich Becker 1978 oder 79 in der Odenwaldschule besuchte, war ich überrascht, dass verschiedene Schüler ohne anzuklopfen seine Wohnung betraten, sich an seinem Kühlschrank bedienten, etwas mitnahmen oder sich in unser Gespräch einmischten. Das missfiel mir zwar, aber als Folgen sexueller Gewalt war dies nicht zu deuten.
Noch einmal: Es ist nicht zu bezweifeln, dass Becker die Macht, die er über seine Schüler hatte, dazu benutzt hat, sie gegen ihren Willen sexuell zu gebrauchen und zu verletzen.
„Becker“ ist eine Figur in einem gesellschaftlichen System, wo die Ausübung von (seelischer, wirtschaftlicher, physischer) Macht über andere Menschen sonst so normal ist, dass sie ihren Opfern erst im Fall von privatem Missbrauch auffällt.
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