: „Wer denkt an die Griechen?“
GREXIT Was können wir für Griechenland tun? Die Rosa-Luxemburg-Stiftung lädt zur Diskussion
■ 54, Hotelfachfrau und Berufsschullehrerin. Seit 2013 Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten.
taz: Frau Rosenberger, was können wir für die Griechen tun?
Frau Rosenberger: Vor allem können wir argumentativ ausräumen, was ständig über Griechenland behauptet wird und uns gegen das Griechenland-Bashing stellen.
Wer betreibt denn Griechenland-Bashing?
Das findet in vielen Medien statt, meist wenig differenziert. Die Frage ist leider eher, wer es nicht betreibt.
Was ist denn falsch an der Berichterstattung?
Den Menschen wird immer nur erzählt, wo die griechische Regierung noch sparen muss, was sie falsch macht und warum sie beispielsweise auch noch die Renten kürzen sollte.
Worüber sollte man stattdessen berichten?
Es wird viel zu wenig darüber geredet, was die Griechen im Laufe der Krise schon alles erdulden mussten. Tarifverträge sind verschlechtert, Gewerkschaften zum Teil ausgehebelt worden. Außerdem gibt es keinen funktionierenden Arbeitsmarkt und es werden auch keine Investitionen in die Wirtschaft getätigt. Wir fragen uns schon, wer eigentlich noch an die griechische Bevölkerung denkt und was die noch alles mitmachen soll.
Wohin glauben Sie, entwickelt sich Griechenland in den nächsten Monaten?
Das hängt davon ab, ob Griechenland fallen gelassen wird und es wirklich zum Grexit kommt oder nicht. Das entscheiden im Moment aber andere. Ich persönlich hoffe, dass es nicht zum Grexit kommt. Denn der Ausstieg aus dem Euro wird nicht dazu führen, dass es den Menschen besser geht. Und das ist doch das Wesentliche. Wir müssen die Wirtschaft dort wieder in Gang kriegen und die sich ausbreitende Armut stoppen.
Sie sind Vorsitzende der Gewerkschaft der Ernährungsindustrie. Was hat die mit Griechenland zu tun?
Als Vertretung der viertgrößten Industrie in Deutschland tun wir gut daran, mitzudiskutieren. Zumal wir auch touristische Betriebe vertreten – eine Branche, die in Griechenland extrem wichtig ist. Außerdem exportieren wir nach Griechenland. Nicht in einem Maße, dass die Ernährungsoder eine andere Industrie hier bei einer Staatspleite zerfallen würde. Doch das ist auch nicht die Furcht, die hinter dem Bashing steckt. Dahinter steht die Angst, die Milliarden zu verlieren, die Deutschland bereits investiert hat.
INTERVIEW: KRISTOF BOTKA
Solidarität mit Griechenland – Was können wir tun? Diskussion: Dorothee-Sölle- Haus, Königstraße 54