piwik no script img

Archiv-Artikel

Trauer in Geesthacht

KUNDGEBUNG Fast 500 Menschen demonstrierten in Geesthacht gegen Gewalt und den Terror des IS. Im Juni hatte sich ein Mädchen aus der Stadt gemeinsam mit einer Hamburgerin dem IS angeschlossen

In den Reden hieß es, der lange Schatten des IS sei in Geesthacht angekommen

Rund 450 Menschen haben in Geesthacht am Sonntagabend auf einer Trauerkundgebung gegen den Terror des IS demonstriert. Anfang Juni war die 18-jährige Ece B. aus Geesthacht nach Syrien gereist, um sich zusammen mit der 17-jährigen Merve S. aus Hamburg-Billstedt der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) anzuschließen. Am vergangenen Wochenende hatte sich der Vater von Ece B. das Leben genommen.

An der Trauerkundgebung auf dem Menzer-Werft-Platz nahmen auch vier Angehörige der Familie von Ece B. teil. Der Anmelder, die Pastorin der evangelischen Gemeinde aus Geesthacht und der Imam der örtlichen Moschee, sprachen in ihrem Reden von einem „langen Schatten des IS“, der mittlerweile sogar in Geesthacht angekommen sei. Alle Familien müssten verhindern, dass ihre Kinder auf die IS-Propaganda hereinfielen – und dafür sorgen, dass sich nicht noch mehr auf den Weg nach Syrien machen.

Auch das Verhalten der Polizei wurde kritisiert: Ece B. hatte sich im November 2014 schon einmal auf den Weg nach Syrien begeben, konnte aber in Istanbul ausfindig gemacht und wieder nach Hause geholt werden. Die Polizei hatte dies als normalen „Vermisstenfall“ behandelt.

Ein Sprecher des Landeskriminalamtes in Kiel erklärte gegenüber der taz: „Es gab keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass sie erneut ausreisen und sich einer verbotenen Vereinigung anschließen wollte.“ Dieses wäre aber die zwingende Grundlage gewesen, „um eine Ausreiseverhinderung zu initiieren“. Bis jetzt läuft kein Ermittlungsverfahren, der Fall werde geprüft, erklärte ein Sprecher, aber es gebe nicht genügend Anhaltspunkte, um ein Verfahren zu eröffnen – etwa wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.

Die beiden Mädchen stammen aus Familien türkischer Einwanderer, die nicht streng religiös leben. Sie sollen von Salafisten in Hamburg radikalisiert worden sein.

Adil Yigit / Jean-Philipp Baeck