: „Bibelverweis reicht nicht“
GLEICHBEHANDLUNG Katholische Akademie lädt zur Debatte über die Haltung der Kirche zur Homo-Ehe
■ 44, ist Direktor der Katholischen Akademie Hamburg. Zuvor war er bei der Bistumsakademie Mainz.
taz: Herr Loos, ist die heutige Podiumsdiskussion über Homo-Ehe für die Katholische Akademie eine Revolution?
Stephan Loos: Nein. Die Katholische Akademie hat immer schon Veranstaltungen zu aktuellen, auch zu streitbaren kirchenpolitischen Themen veranstaltet. Es ist ein Merkmal der Akademie, ein Ort der freien Rede und des freien Denkens zu sein.
Wie ging man zu Jesu Zeiten mit Homosexualität um?
Es ist bekannt, dass Homosexualität in der Gesellschaft des alten Israels eher kritisch betrachtet wurde. Ich glaube aber auch, dass uns der Verweis auf die biblische Situation nicht daran hindern darf, ethische Sachverhalte auch anhand aktueller gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und naturwissenschaftlicher Erkenntnisse zu beurteilen. Der pure Verweis darauf, dass in der Bibel das Zusammenleben von Mann und Frau die gottgemäße Form menschlichen Zusammenlebens war, reicht heute nicht mehr aus.
Mit welchem Argument käme man weiter? Immerhin lehnt die Deutsche Bischofskonferenz die Ehe für alle ab.
Man muss genau schauen, wie man kirchlicherseits dem Wunsch gleichgeschlechtlicher Paare nach Anerkennung gerecht wird. Das ist bislang nur sehr begrenzt der Fall.
Heute Abend geht es um die Forderung von Moraltheologen, die Rechte von Homosexuellen im Rahmen der kirchlichen Lehre voll auszuschöpfen. Wie viel wäre das?
Einige Moraltheologen lehnen die Ehe für alle ab, weil sie finden, dass Homosexualität dem natürlichen Zweck der Ehe, der Weitergabe des Lebens, nicht entspricht. Andere sehen in Homosexualität den natürlichen Ausdruck der Liebe zweier Menschen.
Wo steht der von Ihnen geladene Franz-Josef Bormann?
Ich könnte mir vorstellen, dass er dafür plädieren wird, kirchlicherseits die Lebenssituation Homosexueller anzuerkennen. Für ihn folgt daraus aber nicht, dass das in Form eine Ehe für alle geschehen muss. INTERVIEW: PS
„Ehe für alle?“ Podiumsdiskussion mit dem Moraltheologen Franz-Josef Bormann, den Politikern Johannes Kahrs (SPD) und Christoph de Vries (CDU) und Akademiedirektor Stephan Loos: 19 Uhr, Katholische Akademie, Herrengraben 4